Mit Simon Boccanegra (mehr hier zur Premiere) hat man am Badischen Staatstheater eine schöne Produktion vorzuweisen, die auch gestern grandios gesungen und hingebungsvoll musiziert das Publikum beglückte.
Zwei Gäste hatte man verpflichtet, doch der Star des Abends in einem homogenen Ensemble war aus dem Haus: Tenor Rodrigo Porras Garulo sang den Gabriele Adorno mit Leidenschaft und Stimmschönheit - eine Rolle, die ihm hörbar liegt. Bravo! Giovanni Meoni ist ein gefragter Verdi-Barition von Rang - das hörte man gestern: eine vornehme, farbenreiche und ausdrucksstarke Stimme, der man gerne folgt. Daß er mit seiner gelungenen Leistung im Vergleich zur Karlsruher Stammbesetzung mit Seung-Gi Jung und Armin Kolarczyk kaum
auftrumpfen konnte, liegt an der baritonalen Stärke im Ensemble. Serena Farnocchia sang Amelia Grimaldi zuletzt an der Münchener Nationaloper, ihre Stimme hat mühelose und schöne Höhen, in den Vordergrund singen konnte sie sich gestern nicht, sie ergänzte nahtlos die perfekte Ensembleleistung. Noch dunkler als in der Premiere trumpfte Nicholas Brownlee als Paolo Albiani auf - eine gute Neuverpflichtung! Im Mai singt er Heinrich VIII. in Donizettis Anna Bolena, im Oktober soll er als Kaspar im neuen Freischütz zu hören sein - Rollen, die zu ihm als Typ und Stimme passen und einiges erwarten lassen. Avtandil Kaspeli ist ein aufrechter, mächtiger Jacopo Fiesco und gestern ebenfalls in starker Form. Johannes Willig dirigierte die Badische Staatskapelle engagiert und voller Elan. Das Ergebnis war in jedem Moment glutvoller, funkenschlagender Verdi.
Fazit: Auch wer Verdis Simon Boccanegra skeptisch gegenübersteht, konnte gestern bekehrt werden. BRAVO!
PS: Schade, daß gestern das Große Haus nur mäßig besetzt war. Aber dieses Problem (und einige andere außen herum) ist auch selbstgemacht und wird wohl frühestens ab 2021 mit einem neuen Intendanten gelöst. Ob es während der aktuellen Intendanz noch mal gelingt, Vertrauen und verlorengegangenes Publikum zurückzugewinnen, kann man bezweifeln.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Zur Interpretation der Besucherzahlen anlässlich einer Operngala - siehe BNN - Kritik
AntwortenLöschenvon Herrn Rüdiger Krohn vom vergangenen Montag - zur Gala von "Simon Boccanegra" möchte ich folgendes bemerken:
In den letzten Monaten ist bei mir als - vorrangiger Klassikfan und Opernbesucher etwas zerbrochen: Und zwar die emotionale Bindung an "mein Badisches Staatstheater" (ich bin – oder war?! - immerhin seit knapp 40 Jahren Stammgast) und damit ging auch die Motivation verloren, die Kapriolen und Zumutungen der Führungsriege des Hauses als Stammbesucher weiter mitzumachen:
Im Haus spürt man die schlechte unehrliche Aura, und das auch ohne Worte. Desaströs ist das Ergebnis der Nachfolgersuche für den Generalmusikdirektor. Dass sich Herr Brown bereit erklärt hat, nochmals in die Bresche zu springen ehrt ihn. Dass dies von der Intendanz als Erfolg verkauft wurde, war einfach verlogen.
Gala-Stimmung will sich da nicht einstellen - insoweit möchte ich auch Herrn Rüdiger Krohn von den BNN ergänzen:
Genau diese Atmosphäre im Haus ist im Theateralltag der Grund, warum ich z.B. die Gala von "Simon Boccanegra" nicht besucht habe. Immerhin ist dieses Werk eine Lieblingsoper von mir, und für alle echten Opernkenner ein absoluter rarer Leckerbissen. Somit hat dies zunächst nichts mit einer Inflation der Operngalas im Allgemeinen zu tun, nein:
Dass diese Aufführung dermaßen schlecht besucht war, ist symptomatisch für das emotionale Sterben der Karlsruher Oper.
Es ist auch nicht nett, wenn Galabesucher feststellen, dass der für teure Tickets angepriesene Stargast ja auch noch für nachfolgende Repertoirevorstellungen zum normalen Preis angekündigt ist. So geschehen mit Nadja Michael als Brünnhilde in der „Götterdämmerung“. Auch hier: Es ehrt Frau Michael und spricht gegen den Stil am Haus!
Insofern ehrt es auch Herrn Krohn, seinen Interpretationsansatz gewählt zu haben.
Manchmal jedoch wären deutliche und schmerzliche Worte dann doch hilfreicher.
Fazit: Erstmals werde ich als Wagner-Fan auch beide Ringzyklen an Ostern und Pfingsten links liegen lassen. Mal sehen wie viele Inhaber eines lang im Voraus erstandenen Tickets dann auch nicht anwesend sein werden.....
Da stellt sich langsam wirklich die Seinsfrage: Solch eine teure Generalsanierung, während die Inhalte wegbrechen,....nein ich rede nicht vom KSC....
Beste Grüße Jens Lowinger
Vielen lieben Dank Herr Lowinger! Ihre deutlichen Worte sind für mich starke Motivation, weiter gegen die Zumutungen der Intendanz anzuschreiben.
AntwortenLöschen