Freitag, 22. Februar 2013

Händel - The Triumph of Time and Truth / Barry - The Triumph of Beauty and Deceit, 21.02.2013

Die wegen Gewerkschaftsstreik reduzierten Premiere musste noch ohne  Bühnenbild und Inszenierung auskommen. Nach der gestrigen Bühnenfassung konnte man den Eindruck gewinnen, daß der ver.di Streik fast ein Glücksfall war - bekam man doch für die Premiere solidarischen Applaus, wo man sonst wahrscheinlich einige Buhs bekommen hätte.

Der Abend ist zweigeteilt: das Händel Oratorium ist von Regisseur Sam Brown in ein Großraumbüro verlegt, in dem die Schönheit als Sekretärin arbeitet und mit dem Vergnügen flirtet, doch Firmenchef (Zeit) und Assistent (Wahrheit) zwingen sie als fleißge Arbeitskraft zurück ins Büro. Einem handlungsfernen Oratorium muß eine Geschichte in der Regel mühsam angepasst werden und auch hier wollen der Text des gekürzten Oratoriums und die erfundene Handlung nicht so richtig harmonieren. Daß man darüber hinweg sehen kann, liegt am Einfallsreichtum der Bühne (Bühnenbild von Annemarie Woods), die einen schnellen Wandel von Großraumbüro, Kantine und Waschraum ermöglicht, und an einer unterhaltsamen Personenführung der fünf Sänger und 26 Statisten. Es sind etwas zu viele kleinformatige Einfälle des Regisseurs, die man nur durch genaue Beobachtung oder ein Opernglas wahrnimmt. Dennoch ist der inszenatorische Mehrwert gegenüber der Premiere deutlich zu bemerken. Kein großer Wurf, aber eine solide und nette Umsetzung.

Nach der Pause verliert die Barry Oper durch die Bühnenversion gegenüber der Premiere. Die Zeit ist nun ein schwerfälliges, sich windendes, häßliches Etwas, das von der Wahrheit als Pfleger und Arzt begleitet wird. Das selbstsichere Vergnügen weiß um seine Dominanz. So richtig kommt die Inszenierung nie in Fahrt und der Konflikt der Schönheit erschließt sich nicht. Die ganze Inszenierung ergibt wohl irgendeinen Sinn, der mir allerdings hermetisch verschlossen blieb. Musik und Handlung verschmelzen zu einen hektischen Aktionismus, dessen Antrieb und Ursache genauso im Zwielicht bleiben wie die obskuren Geschehnisse auf der Bühne. Die Musik erleichtert den Genuß der Oper nicht, ganz im Gegenteil. Die Idee zur Fortsetzung und das gut geschriebene Libretto zu The Triumph of Beauty and Deceit hätten einen  einfallsreicheren Komponisten verdient. Nach wenigen Minuten scheint sich Barrys Vokabular erschöpft zu haben: schnell stellt sich eine gewisse überraschungsfreie Monotonie ein. Für einige ist die knappe Stunde nur mit Unbehagen zu ertragen. Immer wieder verließen -wie auch schon bei der Premiere- Zuschauer gestern den Innenraum des Großen Hauses und wie mir ein Flüchtender erzählt hat, hat man das beim Badischen Staatstheater antizipiert: an den Türen warten im Innenraum teilweise Mitarbeiter, um ein geräuschloses Schließen der Türen zu gewährleisten.
          
Enttäuschend ist die musikalische Leitung des Oratoriums: uninspiriert, ohne Feuer und viel zu glatt und eintönig dirigiert Richard Baker Händels Musik. Bei Barrys Oper ist er deutlich mehr in seinem Element.  Die Sänger hingegen kann man pauschal loben: alle singen und spielen absolut überzeugend.

Fazit: Was bleibt von den Händel Festspielen 2013? Alessandro wurde wieder aufgenommen .... man hatte sehr gute Sänger engagiert ... und die meisten warten auf 2014. 2013 scheint ein Übergangsjahr ohne richtigen Höhepunkt zu sein.

2 Kommentare:

  1. Treffende Kritik !
    Meine Bezeichnung "Heidelberger Konklomerat"

    Ich besuche dieses Institut nunmehr nur noch seltenst.

    Herr Spuler mag ein äußerst guter und pfiffiger Marketing-GI sein.
    Leider hat er künstlerisch nichts am Hut.

    Chapeau vor Herrn Dr. Feuchtner.

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    1. Vielen Dank! Allerdings muß ich Herrn Spuhler in Schutz nehmen. Über seine künstlerische Kompetenz lässt sich streiten, aber dafür wurde er m.E. nicht engagiert. Er soll primär das Haus sanieren und modernisieren. Spuhler hat in einem Interview gesagt, daß er an jeder künstlerischen Entscheidung bzgl. Regie/Konzept beteiligt ist, aber die künstlerische Verantwortung liegt klar im Spartenbereich. Für gute und weniger geglückte Inszenierungen ist primär also Spartenleitung und Dramaturgie verantwortlich. Barrys Oper war weder eine Entdeckung noch ein Gewinn, sondern für mich eine Fehlwahl, für die Schaback/Feuchtner einstehen. Dr. Feuchtner ist ein Gewinn für das Badische Staatstheater: jeder Textbeitrag von ihm ist informativ und lesenswert - ich glaube für Barry ist er der Fürsprecher gewesen.

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