Auch fast sechs Monate nach der Premiere überzeugt Siegfried als einer der Höhepunkte der Spielzeit. Nicht nur ist es ein vom Ballettcorps wunderbar präsentiertes (wenn auch gestern teilweise in den Gruppenszenen etwas zu unsynchrones), spannendes und kurzweiliges Ballett, es ist auch eines der schönsten Symphoniekonzerte dieser Saison. Es ist einfach großartig, wie die Badische Staatskapelle diese groß besetzte Musik spielt und Christoph Gedschold dirigiert sie fesselnd und spannend: immer wieder weiß man nicht, ob man zusehen oder zuhören soll; Tänzer und Musiker konkurrieren um die Aufmerksamkeit des Zuschauers. Darin liegt der Erfolg dieses Balletts: es überwältigt in seinen besten Momenten durch die gelungene Synthese von Handlung, Ausdruck und Musik. Auch gestern jubelten die Zuschauer und klatschten rhythmisch.
Es ist schwer einen der Einzeltänzer hervorzuheben, doch besonders beeindruckend ist die Entwicklung von Bruna Andrade (Kriemhild). Schon immer konnte man sie für die inoffizielle Schönheitskönigin des Badischen Staatstheater halten. Inzwischen ist sie tänzerisch so ausdrucksstark geworden, daß man sie sich sehr gut in der nächsten Saison in einer Hauptrolle von Giselle vorstellen kann. Auch Barbara Blanche überzeugt als willensstarke und durchtrainierte Brünhilde und ist zu einer der Stützen des Ballettcorps geworden.
Admill Kuyler ist der ideale Siegfried, Flavio Salamanka beweist seine Charakterisierungskunst als zweifelnder Gunther und Andrey Shatalin ist als unheilvoller Hagen gleichermaßen beeindruckend.
Auch weiterhin kann man dem Ballettcorps nur mit größter Hochachtung für seinen hochkünstlerischen Einsatz als Hochleistungssportler gratulieren.
Fazit: Auch nach dem dritten Siegfried-Besuch bemerke ich noch keine Abnutzungserscheinungen: es ist sowohl ein handlungs- und abwechslungsreiches Ballett als auch ein großartiges Konzert. Die Wiederaufnahme in der kommenden Spielzeit erfolgt erst am 31. Mai 2013. Ich freue mich bereits auf den nächsten Besuch dieses Balletts / Konzerts.
PS(1): Liebes Staatstheater, ich hoffe ihr kriegt eure Probleme bald wieder in den Griff. Am Mittwoch begann Don Giovanni aufgrund technischer Probleme mit ca 20 Minuten Verspätung. Man ließ dabei das Publikum im Foyer warten. Gestern wurde das Publikum erst gebeten, seine Plätze einzunehmen, dann bildeten sich ratlose Zuschauertrauben vor verschlossenen Türen, bevor nach langen Minuten wiederum auf technische Probleme verwiesen wurde. Die Vorstellung begann mit ca. 10 Minuten Verspätung. In der Pause gab es dann eine vernuschelte Ansage, die durch seltsame Klopfgeräusche gänzlich unverständlich wurde. Ein wenig fehlt gerade die übliche Perfektion.
PS(2): Die Orchestermusiker waren gestern irgendwie unruhig: Gegenstände fielen laut zu Boden, Stühle wurden quitschend gerückt - wahrscheinlich lag es am schwül-warmen Gewitterklima.
PS(3): Siegfried wurde ja seit einigen Wochen nicht mehr gespielt. Die Inszenierung hat sich gestern an zwei Stellen markant geändert: bei der Island-Überfahrt überquerte von oben herab hängend vor der projezierten Wasserfläche nur ein Tänzer statt drei den Atlantik. Im letzten Bild, als Siegfried eine weiße Schräge herunter rollt, fehlte diesmal das Kunstblut.
PS(4): Liebes Staatstheater, lasst doch mal Christoph Gedschold bei einem Symphonie-Extrakonzert die komplette Harmonielehre von John Adams dirigieren. Auch ein Filmmusikkonzert oder ein orchestraler Wagnerscher Ring-Querschnitt würden bestimmt gut ankommen. Gedschold hat sich doch inzwischen zum Wagner-Dirigenten prädestiniert.
PS(5): Hier die Musikzusammenstellung des Balletts
1. Akt
John Adams - Harmonielehre 1. Satz
Franz Liszt - Dante-Symphonie 1. Satz Inferno
Richard Wagner - Auschnitte aus dem Ring (u.a. Waldweben, Walkürenritt)
John Adams - Shaker Loops Part I Shaking and Trembling
John Adams - Short Ride in a Fast Machine
Richard Wagner - Brünhilds Opfertat
2. Akt
John Adams nach Franz Liszt - Die schwarze Gondel
Richard Wagner - Auschnitte aus dem Ring
John Adams - My Father knew Charles Ives 3. Satz
Richard Wagner - Auschnitte aus dem Ring
John Adams - Harmonielehre 3. Satz
Richard Wagner - Siegfrieds Tod und Trauermusik
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Ich habe dem Herrn Orchesterdirektor geschrieben, doch den "Sound-Track" von Siegfried und da vor allem die Stücke von John Adams als Synfoniekonzert zu bringen. Ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass diese Musik auch mal aufs Podium gehört. Eine Antwort ist nie gekommen. Eine E-mail braucht ca eine Minute, aber auch das ist wohl zuviel.
AntwortenLöschenHerr Schlicksupp ist ja bei den Konzerten immer anwesend und moderiert die Einführungen. Falls er mir da mal über den Weg läuft, spreche ich ihn darauf an.
LöschenAm 13.06. wird das Programm für die Symphoniekonzerte veröffentlicht - ich bin gespannt, ob es eine neue Handschrift zu erkennen gibt. Gerade hinsichtlich Modernisierung und Verjüngung der Konzerte sollte man vielleicht -wie beispielsweise in München- auch mal ein Film-Musik Konzert einplanen und bewerben. Das wäre dann zwar eher eine Medley Veranstaltung, aber bereits bei seinem ersten Neujahrskonzert hatte Anthony Bramall mit "Neujahr in Hollywood" einen sehr großen Erfolg.
Ich bin fan von Ballett Präsentationen , weil ich selber Ballett tanze. Ich habe aber wenig Erfahrung, ich finde dieses Ballettkonzert sehr schön. Mein Ballettspiegel ist fast so alt wie ich und ich glaube, wir werden uns nie trennen. Ballett ist für mich mein Leben.
AntwortenLöschenSabine.H
Hallo Sabine, vielen Dank. Siegfried und Momo waren für mich beide in der letzten Spielzeit die herausragenden Produktionen in Karlsruhe
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