Drei Werke von drei Komponisten, drei Choräle, drei Solisten und eine dreisätzige Symphonie als drittes Werk, die der Autor dieses Besucher-Tagebuchs im dritten Jahrzehnt als Konzertabonnent zum dritten mal im Großen Haus erlebte, und -aller guten Dinge sind drei- beim dritten Hören engagierter und überzeugender musiziert wahrnahm als zuvor. Wenn es nun noch das dritte Symphoniekonzert der Saison gewesen wäre, hätte die auffallende Dreifaltigkeit als zahlenmystisches Zeichen Anlaß zu transcendenten Spekulation über die anscheinende Absichtlichkeit im Schicksale des Einzelnen gegeben. So blieb es dann doch nur Zufall.
Ottorino Respighi (*1879 †1936) hat die selten zu hörenden Tre Corali di Johann Sebastian Bach 1930 fertig gestellt. Drei Choräle von Bach, Nun komm’ der Heiden Heiland (Lento assai), Meine Seele erhebt den Herrn (Andante con moto e scherzando) und Wachet auf, ruft uns die Stimme (Andante) sind unterschiedlich für Orchester aufbereitet, düster zu Beginn, überraschend kurz in der Mitte und zum Abschluß dann mit bemerkenswerter, applauswirksamer Steigerung. Ein Einstieg, den man ähnlich, aber evtl. noch spannender hätte gestalten können: Leopold Stokowski war für seine Orchesterarrangements bekannt (und berüchtigt), seine Bearbeitung von BWV 565 wäre auch eine Idee für ein Karlsruher Symphoniekonzert.Der US-amerikanische Komponist und Posaunist Michael Svoboda (*1960) hat 2014 ein originelles Tripelkonzert für Trompete, Posaune und Tuba geschaffen, das zwar leider wenig ins Ohr geht, aber unterhaltsam durch die vielfältigen Anforderungen an die Solisten wird, insbesondere weil man diese aus dem eigenen Orchester besetzte: Jens Böcherer an der Trompete, Sándor Szabó an der Posaune und Dirk Hirthe an der Posaune spielten dieses für Preisträger eines Blechbläserwettbewerbs geschriebene Konzert mit so hör- und sichtbarer Einsatzfreude, daß dem Publikum keine andere Wahl blieb, als herzlich zu applaudieren. Ein Konzert als außergewöhnliche Lauterzeugung und akademisches Tönespektrum, das live funktioniert, aber als Musikkonserve wohl wenig Zuhörer finden würde. Immerhin mag der eine oder andere danach unmittelbar den Wunsch verspürt haben, noch das Allegretto aus Janáčeks Sinfonietta zu hören.
Nach der Pause dann César Franck (*1822 †1890). Der deutschstämmige Belgier, der in Paris lebte, hat ein vergleichsweise schmales Œuvre mit vielen gelungenen Besonderheiten hinterlassen, bspw. die herrliche Violinsonate A-Dur, das Klavierquintett f-Moll oder das Streichquartett D-Dur. Und dann ist da noch die großartige Symphonie des Belgiers in d-Moll, die Thomas Mann einst als eine seiner zwölf Lieblingsschallplatten erklärte, und zwar -noch ein Zufall- genau am Tag dieses Konzerts vor 75 Jahren: am 30. Oktober1948 in der Saturday Review of Literature nannte er die Aufnahme von Pierre Monteux mit dem San Francisco Symphony Orchester. Noch heute gilt eine Aufnahme des großen Pierre Monteux als das Maß, dem alle Einspielungen der Symphonie genügen müssen (und zwar 1961 mit dem Chicago Symphony Orchestra, anzuhören bei youtube hier).
Die d-Moll Symphonie von 1889 ist eine ganz eigene Mischung von (Wagner-)deutschen und französischen Elementen mit prägnanten Themen, reicher Harmonik, heftigem Modulieren und ungewöhnlicher Form, kombiniert zu grandioser Wirkung. Der erste Satz erklang gestern mit geheimnisvoll erregtem, fast drohendem Beginn, sehr schön kontrastiert von dem Aufschwung zu leuchtenden Farben und vielfältigen Herausforderungen für die klangschön aufspielenden Bläserinstrumente. Nach den Pizzicato-Akkorden von Streichern und Harfe zu Begin des Mittelsatzes war das von Dörthe Mandel gespielte Englischhorn mit elegischer Melodie bemerkenswert schön, Adagio und Scherzo sind hier von Franck zu einem ausdrucksreichen Satz kombiniert. Im Schlußsatz ging es dann energisch zu. Melodien und Motive werden wieder aufgenommen und zu einem stürmischen Finale geführt. Johannes Willig erwies sich als der richtige Dirigent (was man schon zuvor ahnen konnte, mehr hier), um die Themen und ihre unwiderstehliche Binnenspannung in diesem Werk aufzubauen, sie zum Ausbruch zu bringen und zu versöhnen und das Werk der Apotheose zuzudirigieren. Willig dirigierte mit sehenswertem Elan und modellierte den erwünschten Klang mit viel Körpereinsatz. Die Badische Staatskapelle folgte diesem Einsatz und agierte voller Spielfreude BRAVO!