Freitag, 5. Mai 2023

Vorschau auf die Spielzeit 2023/2024

Das Jahr der lahmen Enten
Ein wenig scheint es ja, als ob man am Badischen Staatstheater Angst vor seinem Publikum hat. Abonnenten müssen bis Ende Mai für die kommende Spielzeit kündigen, eine Monat Bedenkzeit oder mehr hatte man früher. Nun zögert man es heraus, die kommende Spielzeit bekannt zu geben, als ob weniger Frist die Enttäuschten und Unentschlossenen eher vom Abwägen abhalten. Eine sehr langweilige Spielzeit nähert sich dem Ende, das letzte Jahr der Übergangsintendanz steht bevor, 2024 wird mit dem neuen Intendanten ein echter Neustart erhofft, der das Badische Staatstheater aus dem grauen Tal des Mittelmaßes führen soll. Die Luft ist raus, und viele werden für die kommende Spielzeit erhofft haben, daß nichts mehr unter Wert auf die Bühne kommt, an was man lieber Ansprüche stellen will und Oper und Schauspiel keine Lieblingsstücke verbrennen, auf die man dann wieder Jahre warten muß. Jahrzehntelang freute sich der Autor dieses Tagebuchs auf die Ankündigung der kommenden Saison und verband damit die Vorfreude auf spannende Produktionen. Dieser Anspruch wurde stetig gesenkt, inzwischen meiden viele frühere regelmäßige Besucher das Badische Staatstheater und warten lieber ab, welche Produktion nicht enttäuschen könnten. Die wahren Enthusiasten unter den Zuschauern sind auch in der gefühlten 2. Liga treu geblieben, aber die Erwartungshaltung, es werde schon nicht noch trüber werden, hat den Blick in die falsche Richtung gewendet. Die Anspruchshaltung ist bei vielen im Keller, und da gehört sie nicht hin. Nun denn, in einem Jahr freut man sich auf 2024/25, bis dahin wird man sich mit folgenden Produktionen begnügen müssen:


OPER
Wie schon in dieser Spielzeit kriegt man nicht genug Neuinszenierungen hin, im Opern-Premierenabo muß man die Lücke wieder mit einer Ballett-Premiere auffüllen. Gerade noch 15 Opern - ein Armutszeugnis für eine Abschiedssaison. Nicole Braungers Operndirektion wird ruhmlos enden.

Premieren
Sa 21.10.23 Verdi - Nabucco
Sa 9.12.23 Strauss - Die schweigsame Frau
Sa 20.1.24 Mozart - Così fan tutte
Fr 16.02.24 Händel - Siroe
So 31.3.24 Wagner - Tannhäuser 
Sa 15.6.24 Zemlinsky - Der Kreidekreis

Wiederaufnahmen: 
La Bohème, Rusalka, Carmen, Hänsel und Gretel, Ottone, Zauberflöte, Tosca, Hoffmanns Erzählungen, La Traviata

Für Siroe stehen die Sänger fest:  Armin Kolarczyk, Rafał Tomkiewicz, Sophie Junker, Shira Patchornik, Filippo Mineccia, Oğulcan Yilmaz

Neu im Ensemble: Danae Kontora (Sopran), Pauliina Linnosaari (Sopran), Henriette Schein (Sopran), Ogulcan Yilmaz (Bariton), Jenish Ysmanov (Tenor)

Das Ensemble verlassen haben: Matilda Sterby, Nathanaël Tavernier und Yang Xu


BALLETT
Nur zwei Neuproduktionen, auch Bridget Breiner wird anscheinend am Ende der Spielzeit Karlsruhe wieder verlassen. 

18.11.23 Das Mädchen & Der Nußknacker
27.04.24 Saiten/Sprünge


SCHAUSPIEL
Viele werden erleichtert aufatmen: Es ist Anna Bergmanns letzte Saison.

Kleines Haus
30.9.23 Shakespeare - Romeo und Julia 
02.12.23 Oates - Miss Golden Dreams
03.02.24 Wilde/Jelinek - Der ideale Mann
16.03.24 Anne Müller - Ein Solo 
28.3.24 Tergit - Effingers
06.06.24 Kein Sportstück

Studio
29.9.23 Kate Tarker - Montag
03.10.23 Spring Awakening
01.12.23 Unsere kleine Farm
01.02.24 Jeß - Dem Marder die Taube


KONZERT
Georg Fritzschs Vertrag endet 2024, das Orchester will mit ihm weiter machen, der designierte Intendant würde auch gerne auf diesem Posten neu starten, doch da das Orchester entscheidet, wer als musikalischer Leiter passt, scheint Fritzsch gute Chancen auf einige weitere Jahre zu haben, wenn er nicht von sich aus geht.


1. Symphoniekonzert
Max Reger Eine Lustspiel-Ouvertüre op. 120
Robert Schumann Konzert für Violine und Orchester d-Moll WoO 1
Wolfgang Amadeus Mozart Symphonie Nr. 41 C-Dur KV 551 „Jupiter“
Baiba Skride Violine
Georg Fritzsch Dirigent
24.9.23 , 25.9.23 


2. Symphoniekonzert
Ottorino Respighi Tre Corali di Johann Sebastian Bach
Mike Svoboda Triple Concerto für Trompete, Posaune, Tuba und Orchester
César Franck Symphonie d-Moll
Jens Böcherer Trompete, Sandor Szabo Posaune, Dirk Hirthe Tuba
Johannes Willig Dirigent
29.10.23 , 30.10.23  


3. Symphoniekonzert
Pjotr Iljitsch Tschaikowski Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 b-Moll op. 23
Witold Lutosławski Konzert für Orchester
Anna Vinnitskaya Klavier
Michael Sanderling Dirigent
17.12.23, 18.12.23


4. Symphoniekonzert
Gustav Mahler Symphonie Nr. 2 c-Moll „Auferstehung“
Georg Fritzsch Dirigent
28.1.24 , 29.1.24 


5. Symphoniekonzert
Georg Friedrich Händel Feuerwerksmusik HWV 351
Carl Philipp Emanuel Bach Konzert für Cembalo und Orchester F-Dur Wq 43/1 H 471
Georg Friedrich Händel Concerto grosso op. 6 Nr. 12 h-Moll
Georg Anton Benda Konzert für Cembalo und Orchester f-moll
Johann Sebastian Bach Suite für Orchester Nr. 3 D-Dur BWV 1068
Francesco Corti Cembalo
Gianluca Capuano Dirigent
3.3.24 , 4.3.24  


6. Symphoniekonzert
Bedřich Smetana Má Vlast
Georg Fritzsch Dirigent
7.4.24 , 8.4.24


7. Symphoniekonzert
Jean Sibelius Nocturne aus der Suite Kung Kristian II op. 27
Unsuk Chin Cello Concerto für Violoncello und Orchester
Pjotr Iljitsch Tschaikowski Symphonie Nr. 4 f-Moll op. 36
Isang Enders Violoncello
Evan Rogister Dirigent
26.5.24 , 27.5.24

8. Symphoniekonzert
Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Klavier und Orchester d-Moll KV 466
Anton Bruckner Symphonie Nr. 6 A-Dur
Kit Armstrong Klavier
Georg Fritzsch Dirigent
30.6.24, 01.07.24

1 Kommentar:

  1. Honigsammler08 Mai, 2023 17:13

    @M.St.: Vielen Dank für Ihren Hinweis! Der Ton macht bekanntlich die Musik, und gerade beim geschriebenen Wort ist der Tonfall die Interpretationsaufgabe des Lesers. Als Autor habe ich in der Regel ein Lachen auf den Lippen, das Schreiben macht mich gut gelaunt, Unzufriedenheit verschwindet, wenn ich sie formuliere, ich schreibe mir in diesem Tagebuch erfolgreich von der Seele, was ich los werden will.
    Bei diesem Beitrag haben Sie recht, der Tonfall ist anders als sonst, er ist etwas hoffnungslos, meine Erwartungshaltung ist im Keller, ich freue mich auf September 2024, aber es sind noch ca. 500 laaaange Tage bis dahin.
    Ich vermisse gute Produktionen, die mich spontan dazu bewegen, sie nach einem langen Arbeitstag zum x-ten Mal zu sehen. Kaum etwas lockt mich zuletzt noch ins Theater. Es fehlen aktuell auch die Stars, wegen denen ich wieder komme. Die charismatischen Gallionsfiguren des Badischen Staatstheaters sind langjährig am Haus, nachgerückt ist im letzten Jahrzehnt kaum jemand, oder? Wer sind die neuen Publikumslieblinge, über die man spricht und auf die man auch 2024/25 nicht verzichten will? Manche Künstler hätten dazu das Potential, aber es fehlten die Produktionen, um sie in Szene zu setzen. Die vergangenen 12 Jahre haben mir zum ersten Mal vor Augen geführt, wie bedauernswert Bühnenkünstler sind, wenn sie nicht die richtigen Rollen und Inszenierungen bekommen. Mein Enttäuschung gilt also den Direktoren, nicht der Mannschaft.
    Als Opernzitat ausgedrückt: "nur eines will ich noch: das Ende". Ich weiß nicht, ob es 2024 besser wird, aber es wird hoffentlich erst mal anders, man wird wieder etwas entdecken können, neue Handschriften, neue Ansätze, neue thematische Schwerpunkte und bekommt nicht nur das vorgesetzt, was man bereits erahnen kann. Wenn dann noch das Führungspersonal darauf verzichtet, das Theater für die eigene Selbstdarstellung zu instrumentalisieren, Zeichen setzen zu wollen und den Zeigefinger erhoben zu halten, dann wird bei mir auch die Freude zurückkehren.

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