Freitag, 4. September 2020

Patriarchendämmerung (23)

Opfer und Betroffene als Nestbeschmutzer
Der Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup hat bei den Enthüllungen über die Intendanz von Peter Spuhler eine schlechte Figur gemacht und auch weiterhin scheint er Probleme damit zu haben, Ursachen und Symptome auseinander zu halten. Im Sommerinterview des SWR (mehr hier) bezeichnet Mentrup die Krise zwar als "eine der zwei schwierigsten Herausforderungen" in seiner zurückliegenden Amtszeit, allerdings sieht er weiterhin die Vorfälle als minderschwer und nicht ausreichend, um den Intendanten freizustellen oder zu beurlauben. Das dürfte viele überraschen, bedeutet es doch im auf die Allgemeinheit übertragenen Sinne, daß seines Erachtens jahrelange, wiederholte und schwere Fälle der Schikane und damit deren Abkömmlinge wie Drangsalierung und Diskriminierungen, Mobbing, Rassismus und Repressalien, auch dann vorkommen dürfen, wenn sie nicht auf Augenhöhe begangen werden und aus der Position eines Vorgesetzten keine besondere Schwere haben. Weiterhin geht Mentrup auf Konfrontation mit Mitarbeitern und Kritikern, die er anscheinend als Nestbeschmutzer sieht.
   
Auf die Frage, ob man den Imageverlust mit der aktuellen Führung noch abfedern kann, weicht Mentrup im Interview erst mal aus. Den Imageverlust kann man seines Erachtens kompensieren, wenn der Skandal "als Auslöser eines positiven und produktiven Effekts bundesweit wahrgenommen wird". Zur Ursache äußert sich Mentrup nicht, er rückt die Symptome in den Mittelpunkt und tritt nach: ein Imageschaden für das Staatstheater sei auch deswegen eingetreten, weil betroffene, enttäuschte und frustrierte Mitarbeiter "die Situation nützen, um öffentlich ihren Frust abzulassen" und aus Sicht des OB "nicht bedenken, welchen Schaden sie damit insgesamt dem Theater und der Kulturstadt Karlsruhe zufügen." Als Aussage eine perfide und ungewöhnlich empathielose intellektuelle Fehlleistung des Oberbürgermeisters, die übersetzt bedeutet, daß nicht der Täter schuld ist, sondern Opfer und Betroffene als Nestbeschmutzer Mitverantwortung tragen. Daß die Situation so hochgekocht ist, weil die Kulturpolitik jahrelang von nichts wissen und nicht wahrnehmen wollte, wird geflissentlich von ihm ignoriert. Schuld sind immer nur die anderen, aber nicht der Verwaltungsrat und kurz vor der Oberbürgermeisterwahl dürfte es nur noch uninformierten oder zwischenmenschliche Qualitäten unterbewertenden Mitbürgern unklar sein, daß eine Amtszeit für Mentrup genügen sollte. Der OB scheint den möglichen Stimmverlust bei der anstehenden Wahl nicht zu befürchten. Ein heißer Herbst steht dem Staatstheater bevor, so viel scheint Mentrup allerdings bewußt.

NACHTRAG, 15.09.2020: Der von FDP und CDU unterstützte OB-Kandidat Sven Weigt hat sich auch schon zu den Problemen am Badischen Staatstheater geäußert. Laut BNN (mehr hier) sagte er: "Das ist personalpolitisch schon ein Supergau – so etwas darf nicht passieren." Damit geht auch der frisch nominierte Kandidat schnell auf Gegenkurs zu OB Mentrup und nutzt die Relativierung Mentrups als Wahlkampfthema. 

5 Kommentare:

  1. Die SPD wendet sich gegen die Arbeiter,
    was eine farce.
    andererseits passt das ja ins theater....

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  2. Ein Drama höchsten Anspruches - der gefallene Spuhler,die verzweifelte Politik,wer erscheint als nächstes auf der Bühne?Ist es ein einzelner Held,der die Schatten besiegt oder erscheint eine Gruppe von Helden?
    Der Pleps muß besänftigt und befriedet werden,vielleicht eine Heldin?
    Vielleicht eine natürliche Göttin,die weit über dem Horizont des normalen fliegt,eine "Walbauer",unantastbar,göttlich kommt sie daher,mit einem Schwung ihres Armes wischt sie alles weg,doch halt - der nächste Superheld tritt auf die Bühne : es ist "Mantrupp",kühl blickt er auf das Schlachtfeld,sieht Walbauer fliegen,und mit einem gezielten Blick aus seinen Laseraugen,holt er sie herab,doch zu früh gefreut - da erscheint Sir Wellenreiter - er erhebt seine Arme - und surft auf den Wellen über beide hinweg....
    Was ein Drama um all die Steuergelder,nicht zu fassen!

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  3. Seit September ist Mentrup nun auch KSC- Mitglied. So kurz vor Ende seiner hoffentlich letzten Legislaturperiode hat er doch noch sein Herz für diesen Verein entdeckt. Vielleicht kann er somit den Wegfall der kulturschaffenden Wählerstimmen kompensieren.....

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    1. OB Mentrup ist inzwischen auch Mitglied bei den Freunden des Staatstheaters

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    2. Die nehmen scheinbar mittlerweile jeden auf...Nachwuchssorgen? Ist ja wie bei der katholischen Kirche...

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