Freitag, 1. Mai 2020

Infektionsschutz hat Priorität

Wo dem Infektionsschutz Priorität eingeräumt wird, beenden die Theater nun die reguläre Spielzeit 2019/2020, u.a. Freiburg und das Nationaltheater Mannheim. In den nächsten Wochen gibt es Wichtigeres als Spielbetrieb, jetzt ist Zeit für pragmatische Kreativität. In Chemnitz (mehr hier) arbeitet man bspw. an einem Sommerspielplan 2020. Regensburg verweist (mehr hier) auf digitale Formate, der dortige Intendant erklärt das Saisonende: "Je konsequenter wir jetzt sind, umso schneller können wir zum Saisonstart im Herbst hoffentlich zu einer gewissen Normalität zurückkehren.“ Niemand weiß, wie und wann es weitergehen kann, doch um planen zu können, braucht es definierte Ziele. Die Generalmusikdirektoren- und Chefdirigentenkonferenz e.V. fordert von der Politik "klare Vorgaben für eine schrittweise Wiederaufnahme des Opern- und Konzertbetriebes in Übereinstimmung mit den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen und den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts. Nicht nur Baumärkte, Möbelhäuser und die Fussball-Bundesliga haben eine klare Perspektive und klare Regeln für einen Neuanfang verdient" (der offene Brief befindet sich aktuell hier). Doch statt auf die Politik zu warten, sollten die Theater endlich gemeinsam ein Konzept vorlegen, wie der Spielbetrieb gestaltet werden kann, solange ein Impfstoff fehlt und neue Infektionswellen vermieden werden müssen.
   
Es ist an den Intendanten, endlich Vorschläge vorzulegen, die die Zustimmung der Politik erhalten und vor allem das Vertrauen des Publikums in den Theaterbesuch herstellen. Am Badischen Staatstheater wird bereits unter der Hand gespottet, daß Intendant Spuhler wohl der erste sein will, der den Spielbetrieb in Deutschland wieder aufnimmt. Zum Glück wird er von der Politik noch ausgebremst, die wichtigeres zu entscheiden hat. Man kann nur hoffen, daß zumindest in diesem Fall Mäßigung und Vernunft sich durchsetzen, denn wenn die Theater den Eindruck vermitteln, über Leichen gehen zu wollen, nur um irgendwie geöffnet zu sein, könnten sie im Herbst mit einem Vertrauensverlust und ausbleibendem Publikum bestraft werden. Es gilt nun, die Saison zu beenden, einen Plan zur Wiedereröffnung unter der Prämisse des Infektionsschutzes zu erarbeiten und das Vertrauen des Publikums dafür zu gewinnen.  Verantwortung statt Leichtfertigkeit, Mitarbeiter- und Publikumsfokus statt Selbstdarstellung und Wichtigtuerei der Theaterverantwortlichen - für manche Intendanten könnte diese Epidemie eine schwere charakterliche Herausforderung sein.

2 Kommentare:

  1. Es dürfte schwierig sein, einen Spielbetrieb unter den Abstands- und Hygienevorgaben einzurichten. Ist dann dies zu erwarten: jede dritte Reihe und dort nur jeder 4. Platz (versetzt) wird verkauft; Einbahnregelung bei Zugang und Abgang, Plexiglasschutz in Kopfhöhe bei den Garderoben, kein Betrieb in der Cafeteria, längere Pausen für Toilettennutzung…?
    Wie viele der bisherigen Zuschauer gehören zur Risiko- und Hochrisikogruppe? Kommt man mit dem ÖPNV oder dem PKW? Wie wird dann die Situation vor den Parkscheinautomaten sein? Und wann beginnt überhaupt der Umbau des Theaters?
    Bisher auch keinerlei Information über die Vorgehensweise mit den nächsten Vorstellungen im Schauspielpremierenabonnement (9.5.; 29.06.), noch kein Anhaltspunkt über den Spielplan der nächsten Saison.

    Fix ist indes der Kündigungstermin für bestehende Abonnements: bis 31.05.2020 muss gekündigt werden. Ich neige sehr dazu, und dies sowohl aus Unzufriedenheit mit der Qualität des Hauses seit Spuhlers Einzug als auch der gesundheitlichen Sicherheit zuliebe.

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  2. Vielen Dank für Ihren Kommentar. Die Theater haben nun bereits einige Wochen verstreichen lassen, ohne daß Zuschauer und Abonennten eine Vorstellung davon bekommen haben, wie ein zukünftiger Spielbetrieb aussehen könnte. Wenn nur noch 20% Auslastung zulässig sein sollte, bis ein Impfstoff verfügbar ist, dann haben Abonnenten ein Vorteil. Der freie Verkauf wird nur bedienen können, was nicht durch Abonnenten abgedeckt ist. DIe Zahl der Neuproduktionen und die Anzahl der Produktionen würde stark sinken, höhere Aufführungszahlen vor weniger Zuschauern wäre eine Folge. Für ca. 1400 Symphoniekonzertabonnenten müsste man 5-7 Konzerte spielen. Vieles entfällt.
    Es wird Zeit, daß die Theater endlich aktiv werden und erst mal die treuen Zuschauer (Abonnenten) abholen und informieren und ihnen vor allem die Chance geben, ihre Abos jederzeit umfänglich zu tauschen oder ggf. ruhen zu lassen (bspw. um die Kündigung von Risikogruppen zu verhindern). Ansonsten sind Abo-Kündigungen zu erwarten.

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