Krise als Chance
Das zuständige Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württenberg hat Klarheit geschaffen: Der reguläre Vorstellungsbetrieb für diese Spielzeit ist wie erwartet abgesagt. Nun ist die Intendanz gefordert, um unter den gegebenen Umständen Proben und Saisonvorbereitung zu ermöglichen und Formate zu entwickeln, die mit den Anforderungen des Infektionsschutzes in Einklang stehen und vom Publikum akzeptiert werden. Es bleibt abzuwarten, wie die Spielzeit 2020/21 ab September ablaufen kann.
Um Abo-Kündigungen zu vermeiden, sollten nun schnell Mitteilungen an die Abonnenten geschickt werden, die klarstellen, daß man keine finanziellen Verluste erleidet, wenn man seine Abos behält, aber aus Risikogründen vorübergehend keine Abo-Vorstellungen besuchen will. Die Zeit des passiven Abwartens und Lavierns ist vorbei, nun muß zweigleisig geplant werden, um den Betrieb aufrecht zu erhalten und schnell reagieren zu können, falls sich die Situation ändert. Das ursprünglich geplante Programm wird so voraussichtlich nicht stattfinden können, Produktionen müssen wahrscheinlich verschoben werden oder aussortiert bzw. werden entfallen. Die Theater bekommen die Chance, sich auf weniger und dafür qualitätsvollere Produktionen konzentrieren zu können, also auf die Stücke und Inszenierungen, die das Publikum auch während einer Krise in die Theater lockt. Man darf darauf gespannt sein, wie die kommende Spielzeit aussehen wird. Für die Intendanz von Peter Spuhler ist das eine Chance: ein Exit-Programm, um wieder weniger spießig, verklemmt und oberlehrerhaft zu sein, das ideologische Theater auszumisten und sich wíeder auf den Vorrang von Künstlern und Publikum zu konzentrieren. Der Intendant könnte sich nun neu erfinden, Kunst und Publikum, statt Selbstdarstellung und Wichtigtuerei. Hoffentlich ergreift er seine zweite Chance und springt über seinen dunklen, humorlosen und zeigefingerhebenden Schatten. Vergnügter Trotz statt Mahnungskitsch und Belehrungspose! Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch, wußte schon Hölderlin. Krisen sind die Zeit für Frivolität und Vergnügen, nicht für Spießer, zivilgesellschaftliche Oberaufseher und selbsternannte Moralprediger, schon gar nicht in den Theatern. Am Badischen Staastheater ist also ein radikaler Kurswechsel erforderlich und wann, wenn nicht jetzt kann er ergriffen werden.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
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SWR-Sendung von heute 5.5.20
AntwortenLöschenenthält 3 Min. Interview mit GI Spuhler:
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/karlsruhe/staatstheater-116.html
Vielen Dank für den Hinweis!
LöschenHallo.
AntwortenLöschenSpielzeit beendet,jetzt wird geprobt und geprobt,damit zur neuen Spielzeit eine Flut von Stücken bereit....
(vielleicht öffentliche Proben,so könnte man ja auch Geld einspielen und den shutdown umgehen)
P.S. Kantine offen,auch Auswärtige können das nutzen,also Essen gehen gibts hier trotz Verbot (mit Sitzplätzen)und die Obrigkeit samt Personalrat nutzt das ohne Scham jeden Tag
kurzer Nachtrag zur Kantine :
AntwortenLöschen1.es dürfen durch Verträge Fremdfirmen kommen
2.durch Umbau sind mehrere Fremdfirmen im Haus
-> nix bestellen,bezahlen und abholen,hier gibts Gastronomie
Meines Wissens gelten immer noch Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln. Aufgrund der Epidemie sollten Kantinen vorübergehend mit Einschränkungen und nicht mehr für Externe geöffnet sein und stattdessen nur die Abholung möglich sein. Aber als Außenstehender fehlt mir hier der Hintergrund, ich kann mich nur wundern. Meine Kantine bietet m.W. immer noch nur Essen zum Abholen oder auf Abstand, für alle Büroräume gibt es Personenhöchstzahlen, Stühle wurden entfernt, sodaß die verbliebenen Sitzmöglichkeiten 2 Meter voneinander entfernt sind - aber das ist in der freien Wirtschaft. Inwieweit Schutzmaßnahmen am Badischen Staatstheater umgesetzt und eingehalten werden, entzieht sich meiner Beurteilung. Wenn "die Obrigkeit" nicht mit gutem Vorbild vorangeht, ist das eine Farce. Der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf ....
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