Matineen sind doch etwas Schönes, vor allem bei einer opulenten vierstündigen Oper wie Hoffmanns Erzählungen, die
gestern so mitreißend vor ausverkauftem Haus dargeboten wurde.
Das Publikum am
Samstagnachmittag - zumindest äußerlich nehmen viele den Anlaß ernst und zeigen den Willen, die Opernvorstellung als etwas
Besonderes zu sehen, trotz über 20 Grad Celsius gab es ungewöhnlich
viele Krawatten, Sakkos bzw.Kombinationen, auch Operndirektorin Braunger lief schick durch die
Gänge. Der Kontrast zu den nachmittäglich entspannter gekleideten
Zuschauern mit Kurzarm oder manche mit Steppjacke und Schal, die auf
Herbst setzten, wollte nicht stören, nur zu spät gekommene und
unsäglich schwatzende Besucher verhinderten im Obergeschoß 10 Minuten den
fließenden Einstieg in Offenbachs Oper. Ein weiterer Vorteil des
nachmittäglichen Opernvergnügens: vier Stunden machen Appetit und den
unmittelbaren Eindruck kann man noch lange auf sich wirken lassen, bevor man
zu müde wird.
Die gelungene Inszenierung (mehr hier zur Premiere) kommt an, eine runde Leistung von Orchester und Dirigent Dominic Limburg, Chor und Sänger, bei denen man kaum jemand hervorheben kann. Als Nicklaus sang eine aufregend sinnliche klingende Dilara Baştar, Sophia Theodorides meisterte als Olympia bewunderungswürdig Spitzentöne und virtuose Passage, Agnieszka Tomaszewska hat als Antonia an Dramatik, Barbara Dobrzanska als Giulietta an Zwielichtigkeit noch hinzugewonnen. Starke Szenen haben Julian Hubbard in der Titelrolle, Vazgen Gazaryan als Crespel sowie Matthias Wohlbrecht in vier kleineren Rollen. Nicholas Brownlee war kein Jetlag anzumerken, im Verlauf der Woche war
er erst aus Los Angeles zurückgekehrt, wo er in La Bohème sang.
Fazit: Viel Applaus, eine tolle Besetzung, eine ordentliche Inszenierung - eine Produktion, die der Karlsruher Oper gut tut. Auf die Gala-Vorstellung mit Ramon Vargas und Nino Machaidze als Antonia am 29.12.2019 kann man sich freuen.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.