Sonntag, 25. November 2018

Festspielhaus Baden-Baden: Mendelssohn-Konzert, 24.11.2018

Lauter Lieblingsstücke der Romantik und dazu ein Lieblingsdirigent
Marc Minkowski kam mit zwei Stöcken zum Konzert. Der Großmeister historischer Aufführungspraxis hatte den Dirigentenstab in der Linken, rechts stützte er sich auf einen eleganten schwarzen Gehstock mit silbernem Knauf, den er auf einer auf dem Dirigentenpult stehenden Bank ablegte. In Deutsch mit gelegentlichen englischen Ergänzungen erklärte er dem Publikum, daß er vor zwei Monaten einen Fahrradunfall hatte und sein Bein "kaputt" sei. Deswegen drehte er die Programmreihenfolge um, er startete mit dem längsten Werk, nach der Pause folgte die kürzere Symphonie und am Schluß sollte dann die kurze Ouvertüre stehen. Tatsächlich hielt Minkowski nicht durch, nach zwei Symphonien war Schluß, die Ouvertüre dirigierte sein Assistent - viel wichtiger war etwas anderes: Felix Mendelssohn Bartholdys Werke klangen aufregend!

1982 gründete Minkowski sein Orchester Les Musiciens du Louvre, zusammen lagen die frühen Schwerpunkte auf Händel und französischer Barockmusik, die durch historische Instrumente und Aufführungspraxis kaum noch höfisch-glatt und in gemessenen Schönklang erklangen, sondern einen geerdeten, herben Klang bekamen. Die Schottische Symphonie Mendelssohns zu Beginn war dafür das perfekte Studienobjekt, stürmisch, harsch durch die historischen Hörner und Trompeten und doch wunderbar melodiös. Die Italienische Symphonie beließ Minkowski in Italien, schwungvoll mit starken Betonungen, im zweiten Satz bspw. mit großartiger Hervorhebung der Flöten. Beide Symphonien erklangen mustergültig: viele orchestrale Details, spannende Steigerungen, herb neben süß. Minkowski bot vollen Einsatz, stehend dirigierte er nicht nur durch den Taktstock, sondern mit typischen Körpereinsatz. Und auch die Hebriden-Ouvertüre mit Minkowskis Assistenten zum Abschluß waren bemerkenswert und erzeugten einen Sog. Bravo!
  
Notiz in eigener Sache: Hat Minkowski Brahms aufgenommen?