Montag, 20. Januar 2014

Strauß - Die Fledermaus, 19.01.2014

Die gestrige Fledermaus-Operngala unterschied sich nur in zwei wesentlichen Besetzungen von der Premiere: als Gäste hatte man die norwegischen Sopranistin Solveig Kringelborn als Rosalinde und Martin Gantner aus dem Ensemble der Bayerischen Staatsoper als Eisenstein engagiert. Gantner hinterließ stimmlich und szenisch einen sehr guten Eindruck und bekam völlig zu Recht den meisten Applaus des Abends. Man hatte bei ihm den  Eindruck, einen sehr gut vorbereiteten und professionellen Sänger zu erleben, der nicht improvisiert und dennoch der Vorstellung seinen eigenen Stempel aufdrückt. Kringelborn hat eine beeindruckende Stimme; nur schade, daß sie gestern nicht ihren besten Tag erwischt hatte. Dafür gab es hauseigene Sänger, die den hohen musikalischen Standard des Abends erneut sicherstellten, allen voran eine sehr souveräne Ina Schlingensiepen. Und auch Christina Bock ist eine Klasse für sich: sie ist gerade erst von der Musikhochschule in dieser Spielzeit ins Ensemble gewechselt und es fällt leicht, ihre eine Karriere vorauszusagen. Ihre Rolle als Orlofsky (bzw. hier als greiser Herbert von Karajan) singt und spielt sie meisterhaft. Und auch den Chor und Justin Brown am Pult der Badischen Staatskapelle muß man herausheben. Viel Freude hat man bei dieser Fledermaus aus musikalischen Gründen.



Dennoch hab es gestern nur freundlichen und schnell abklingenden Applaus. Musikalisch wäre mehr Jubel angebracht gewesen, aber das Karlsruher Publikum wird seine Gründe haben. Denkt man an die letzte Karlsruher Fledermaus zurück, die der damalige Intendant Pavel Fieber als Regisseur selber inszenierte, dann erinnert man sich an deutlich mehr Begeisterung und gute Stimmung. Seine Inszenierung war unmittelbarer, beschwingter und gelungener als die aktuelle Version.

Zur Inszenierung:
sie war gestern gefühlt weniger trocken und stockend als in der Premiere. Und tatsächlich bestätigte ein Blick auf die Uhr, daß man vor und nach der Pause zügiger war, und zwar ca. 10-15 Minuten! Diese Zeit wurde in den deutlich weniger zerdehnten Spiel- und Sprechszenen gewonnen und es tat dem Abend gut. Ein großer Wurf ist die Regie dennoch nicht, denn der inszenierte Abgrund ist vordergründig. Wo der erste Akt durchaus noch funktioniert, stockt man mit Beginn der Feier bei Orlofsky. "Alles nur Theater" - ach ja, wie unoriginell. Tempofreier Leerlauf beherrscht immer wieder das Bühnengeschehen. Nach guten Ideen sucht man eigentlich vergeblich bei dieser Inszenierung. Der Regisseur verläuft sich und daß er sich dabei sogar verirrt, wird oberflächlich betrachtet durch die zusammenhaltende Klammer der sehr guten musikalischen Umsetzung kaschiert. Eine gute Inszenierung der Fledermaus kann man x-mal ansehen und dabei immer wieder Freude haben, diese hingegen weckt nie Begeisterung.

Ein Meilenstein der Rezeptionsgeschichte oder der Selbstüberschätzung?
Das Badische Staatstheater kündigte die gestrige Fledermaus im Internet mit einem Zitat aus einer Kritik an, in der man diese Inszenierung offensichtlich zutreffend wiedererkannte: "Ein Meilenstein der Rezeptionsgeschichte". Das ist mal eine Ansage! Opernfreunde der Welt - schaut auf diese Stadt!
Eine wagemutige und polarisierende Behauptung, denn auch einige gestandene Opernfreunde werden nicht auf Anhieb das Herausragende dieser Inszenierung ohne weiteres erkennen können und müssen sich als ignorante Opernbanausen hinten anstellen. Und vielleicht auch weniger erfahrene Opernbesucher werden diese Herausstellung als Ereignis nicht unmittelbar nachvollziehen können. Was ist also das Epochale und aktuell Unvergleichliche, das diese Inszenierung zu einem unverzichtbaren Ereignis macht? Nicht nur mein innerer Kompass scheint etwas anderes zu sagen.

2 Kommentare:

  1. Wolfgang Kiefer20 Januar, 2014 12:16

    Hallo Honigsammler
    Eine kleine Korrektur: Gantner gehört nicht dem Ensemble der Bayerischen Staatsoper an, sondern ist freier Sänger wohnhaft in Bruchsal. Neben dem Eisenstein tritt er als Musiklehrer (in München), von Fafinal, Pizarro, Jochanaan in ganz Europa auf. Jedenfalls ist er es gewohnt in fertige Inszenierungen zu springen. Er war der einzige Grund für mich gestern diese Inszenierung abzusitzen. Trotz Gantner war es eine harte Zeit.

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    1. Vielen Dank Herr Kiefer für den korrekten Hinweis. Man findet über Gantner verschiedene Informationen im Internet, er gehörte von 1993 bis 2006 dem Ensemble der Bayerischen Staatsoper an und singt dort immer noch regelmäßig:
      http://www.bayerische.staatsoper.de/309-ZG9tPWRvbTEmaWQ9NjkmbD1kZQ-~popups~k_biographie.html
      Und ja, das trifft es: es ist eine Inszenierung zum Absitzen.

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