Donnerstag, 17. Oktober 2013

Verdi - Un Ballo in Maschera, 16.10.2013

Was für ein schöner Maskenball am gestrigen Mittwoch! Nach zwei Vorstellungen muß man dem Badischen Staatstheater zu einer sehr spannenden Produktion gratulieren, die beim Publikum vor allem aufgrund des musikalischen Niveaus ein großer Erfolg werden sollte.

Die B-Premiere des Maskenballs war nur auf zwei relevanten Stellen (und diversen kleineren Rollen) umbesetzt. Heidi Melton sang noch nicht die Amelia und so kam das gestrige Publikum in den akustischen Genuß von Publikumsliebling Barbara Dobrzanska. Ohne Zweitbesetzung sind zwei andere Hauptakteure: Ewa Wolak (unglaublich beeindruckend in der Rolle!) als Ulrica und Andrea Shin (mit wunderbar geschmeidiger Tenorstimme zum Dahinschmelzen) als Gustav wiederholten ebenfalls ihre herausragenden Leistungen der A-Premiere.

Neu und besonders bemerkenswert war gestern Seung-Gi Jung als Anckarström, dessen elegante Stimme schon als Rigoletto für hohe Verdi-Kantabilität stand und einen schönen Kontrast zur dunkleren Stimme Jaco Venters bildet. Jungs Stimme begeisterte auch gestern und man kann nur hoffen, ihn und seinen koreanischem Landsmann Shin noch lange in Karlsruhe halten zu können. Beide sind ein klarer Zugewinn im Ensemble der Karlsruher Oper.

Als Oscar war gestern Emily Hindrichs zu hören. Sie singt sehr schön, höhensicher und kraftvoll, doch schon beim Theaterfest mangelte es ihrer Stimme etwas an Unmittelbarkeit und Wärme, als ob sie noch nicht ganz angekommen sei, und auch gestern fehlte ihr zu Beginn die Leichtigkeit und der Ausdruck, mit der Ina Schlingensiepen am Samstag so souverän sang und spielte.

Eine Neubesetzung in einer Nebenrolle darf nicht unerwähnt bleiben: Yang Xu als Graf Ribbing ließ aufhorchen. Der Chinese ist Mitglied des Opernstudios und scheint eine Karriere vor sich zu haben.

Johannes Willig dirigierte meines Erachtens gestern mit noch mehr dramatischen Zug als in der Premiere einen absolut überzeugenden Verdi, dem man jederzeit musikalisch perfekt genießen konnte.

Noch mal zur Inszenierung: Grundsätzlich ist der Regieansatz gut. Was will man denn auch aus dem psychologisch wenig ergiebigen Verschwörerdrama und Beziehungsdreieck machen?, so könnte man meinen. Adäquat bebildern mit zusammenhangsfördernder Symbolik, so könnte es sich Regisseur Stiehl gedacht haben - und dem entspricht auch bisher sein Regiestil. Doch was sich in La Vestale ankündigte, ist beim Maskenball noch deutlicher zu bemerken: eine hölzern-steife Personenführung, die nur selten eine eigene Dimension hinzufügt, sondern meistens das Vorhersehbare in zu uninspirierter Weise ausdrückt. Man hätte vielleicht die alte Bühnenweisheit 'Nur nicht zu viel Absichtlichkeit!' stärker berücksichtigen sollen. Ein wenig wirkt die Inszenierung gelegentlich wie eine mechanische Aneinanderreihung von Gesten und Effekten aus dem Fundus, bei denen die harmonischen Übergänge fehlen.

Fazit: Ein Maskenball, dem man viele Zuhörer wünscht und bei dem man nicht vergessen sollte, den Sängern (auch denen im Chor) und Musikern ein klar vernehmbares BRAVO zu schenken!

PS: Wie schon bei der A-Premiere war auch gestern Mario Muraro im Publikum. Der italienische Tenor sang vor 30 Jahren die Rolle des Königs bei der letzten Karlsruher Inszenierung - damals wurde Verdis Maskenball noch in deutscher Sprache(!) gesungen.

4 Kommentare:

  1. Lieber Honigsammler

    was die Inszenierung des „Maskenballs” angeht, kann ich Ihnen leider nicht zusammenstimmen. Nicht nur, dass hier wieder einmal psychologische Details mit dem Holzhammer vermittelt werden (wie der Jojo-spielende Gustavo), auch die Logik bleibt oft auf der Strecke. Paradebeispiel: Was soll die Szene zwischen Anckarström und Oscar, in welcher der Graf das Kostüm des Königs erfahren will, wenn sowieso alle das gleiche tragen. Und da Gustavo leicht an seinem Jojo zu erkennen ist, hätte Verdi die Szene also völlig unnötig geschrieben. Auch warum sich der oberste Richter für die hier gezeigte biedere Hausfrau mit etwas Budenzauber (Ulrica) interessieren sollte, erschließt sich nicht. Und letztendlich nervt auch die übertriebene Gestik mancher Protagonisten (Oscar, Cristiano).
    Wieder einmal eine Produktion, die mit geschlossenen Augen eindrucksvoller wirkt. Denn bezüglich der musikalischen Leistung kann ich mich ihrer Beurteilung nur anschließen.

    Mit besten Grüßen
    Falko

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    1. Hallo Falko,
      vielen Dank, doch gleich mal ein Widerspruch: Sie können mir zustimmen in der Hinsicht, daß die Inszenierung uns beide nicht überzeugt hat.

      Was Sie >psychologische Details mit dem Holzhammer< und >übertriebene Gestik< nennen, bezeichne ich als "hölzern-steife Personenführung" und "mechanische Aneinanderreihung von Gesten und Effekten".
      Zur Logik - das bewerte ich weniger gravierend als Sie, denn Opern sind doch an sich oft unlogisch und inkonsistenten Stränge gibt es bei genauer Sicht fast immer. Ich kann darüber hinwegsehen.
      Die Personen in dieser Inszenierung bleiben blaß. Ich hätte es bspw. interessanter gefunden, wenn Gustav eine Entwicklung erlebt hätte. Wenn er sich seiner Position bewußt geworden wäre und durch die entsagende Liebe zu Amelia im letzten Satz gereift den Jojo wegwirft, sich an seine Arbeit macht, um die Dossiers, die man ihm im ersten Akt geben wollte, durcharbeitet. Der Mord wäre tragischer gewesen. So bleibt es eine konventionelle Regie ... aber ich kann sie ertragen, die musikalischen Qualitäten trösten mich darüber hinweg. Rigoletto fand ich deutlich schlechter inszeniert.

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  2. Die Bregenzer Seefestspiele 2015 sollen mit "Turandot" eröffnet werden.
    Regie: Stefan Herheim.
    Gruß
    Klaus

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