Donnerstag, 23. Mai 2013

Karlsruher Schauspiel vor bitterem Einschnitt

Gestern wurde das Spielzeitheft 2013/14 im Internet veröffentlicht. Hier der Link zu dem ca. 11 MB großen pdf-Dokument. Falls es keine Druckfehler auf den Seiten 187/188 und bei der Legende auf Seite 192 gibt (** bedeutet "für einen Teil der Spielzeit"), trüben sich die Aussichten für das Schauspiel noch weiter ein.

Ein Schock für alle Schauspiel-Fans

Das Badische Staatstheater verliert einen Großteil seiner Hauptdarsteller: Cornelia Gröschel, Timo Tank, Georg Krause und Jonas Riemer verlassen das Schauspiel-Ensemble im Verlauf der nächsten Spielzeit.

Die Karlsruher Problemsparte steht vor einem bitteren Einschnitt
Ob man diesen Qualitätsverlust während der verbleibenden drei Jahre unter der aktuellen Schauspielleitung kompensieren kann, darf in hohem Grad bezweifelt werden. Bei dem in den letzten zwei Spielzeiten zu beobachtenden Umbau des Staatstheaters hin zu einem Schüler-, Volks- und Singspieltheater, bei dem das Sprechtheater nur eine untergeordnete Rolle spielt, konnte man leider eines feststellen: gerade bei den Schauspielern hat man Qualitätseinbußen.

Schauspiel ohne Hauptdarsteller
Blickt man wenige Jahre zurück, dann war es vielleicht die goldene Zeit des Karlsruher Schauspiels:
Unterschiedliche Typen, aber alle Charismatiker mit ungewöhnlich hoher Bühnenausstrahlung. Und man muß es ehrlich zugeben: keiner von den seit 2011 gekommenen Schauspielern hätte sich gegen diese Gruppe durchsetzen können. Jan Andreesen, Simon Bauer, Matthias Halle und Matthias Lamp wären wirklich gute Ergänzungen, sind aber kein Ersatz.
 
PS: Sebastian Kreutz wird diesen Sommer bei den Schlossfestspielen Ettlingen die Hauptrolle in der Komödie “Der Diener zweier Herrn” von Carlo Goldoni übernehmen. Liebes Badisches Staatstheater, holt ihn doch wieder zurück. Ihr benötigt dringend Hauptrollen-Schauspieler!

NACHTRAG:
Über Facebook hatte ich dem Badischen Staatstheater folgende Frage gestellt:
 "Verstehe ich das (**) richtig: Cornelia Gröschel, Timo Tank, Georg Krause und Jonas Riemer verlassen im Verlauf der nächsten Spielzeit das Schauspiel-Ensemble???"
   
Freundlicherweise hat Jan Linders folgende Antwort geschickt
"... Die von Ihnen genannten Schauspieler werden 2013/14 mit Teilspielzeitverträgen am Staatstheater zu sehen sein.
Cornelia Gröschel spielt die Agnes,
Timo Tank spielt in Dantons Tod, Der Einsame Weg und Prinz von Homburg.
Georg Krause spielt in Der Einsame Weg, Alice und neu in Gas.
Jonas Riemer spielt seine Hauptrolle in Der Vorname.
Neu engagiert haben wir Florentine Krafft von der Zürcher Hochschule.
Neu auf den Bühnen des Staatstheaters werden u. a. Tim Grobe aus dem Ensemble des Schauspielhauses Hamburg sowie Andrej Kaminsky aus dem Ensemble des Centraltheaters Leipzig zu sehen sein.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Linders
Schauspieldirektor
"

12 Kommentare:

  1. Karlsruher Theaterfrust23 Mai, 2013 11:03

    Was für ein Desaster! Krause und Tank verlassen das sinkende Schiff. Das bedeutet endgültig den Absturz in die Provinzialität. Was war das argument, die Schauspielpremieren vom Samstag auf Donnerstag zu legen? Damit überregionale Kritiker nach Karlsruhe kommen? Die können nur noch feststellen, das man sich beim Badischen Staatstheater freiwillig aus dem Schauspiel zurückzieht und zum Schüler-/Musicaltheater geworden ist. Vor einiger Zeit gab es auf Grund finanzieller Probleme das Gerücht die Sparte Schauspiel zu schließen. Der Plan wird heimlich umgesetzt. Jan Linders ist engagiert um dem Abschiedsschmerz zu lindern.

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    1. Vielen Dank für den Kommentar. Wie Sie oben im Nachtrag erkennen, sind 3 Nachfolger schon bekannt.

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  2. Benjamin Berger hat das Ensemble auch verlassen. Das haben sie hier vergessen, auch er spielte sehr gut.

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  3. Vielen Dank für den Hinweis. Das war mir entgangen; unbewußt hatte ich Benjamin Berger schon als Stan Kowalski in Endstation Sehnsucht eingeplant

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  4. Ja, und die Nachfolger kennt man eben nicht. Vielleicht sind sie ja besser als die Gehenden? Ich glaube es nicht, aber ich bitte doch ein wenig um Augenmaß, auch wenn ich Ihre Enttäuschung verstehe (es geht mir ja genauso). Außerdem gebe ich zu bedenken, dass auch früher schon hervorragende Schauspieler in Karlsruhe waren, ich denke an Peter Kollek, Urs Affolter und Stephan Schad unter Huller, Thomas Gerber und Anja Lechle bei Hathazy... Es gab auch immer ziemliche Pfeifen, aber die sehe ich heute auch in der "goldenen Zeit", und zwar nicht zu knapp.

    Dass Frau Gröschel und Herr Riemer gehen, halte ich nicht für einen besonderen Verlust...

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    1. Ein wenig Schock und Enttäuschung spüre ich immer noch, da es sich bei den gegangenen/gehenden Schauspieler um die handelt, denen ich besondere Momente und bleibende Erinnerungen verdanke.
      Neue Schauspieler benötigen meines Erachtens ein bis zwei Jahre, um sich durch verschiedene Rollen zu profilieren. Die letzten zwei Jahre waren diesbezüglich keine Anlaß zur Hoffnung auf kommende große Rolleninterpretationen.
      In der Hinsicht freue ich mich über jeden neuen Schauspieler im Ensemble und damit auf Tim Grobe und Andrej Kaminsky, die wohl dann in einem Jahr fest zum Ensemble gehören.

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  5. Keine Frage, Kreutz, Viering, Tank und Krause waren überragende Schauspieler. Deren Präsenz muss man auch erst mal haben. Wobei Krause auch nicht immer gut war.

    Was ich gänzlich vermisse, sind die guten Schauspielerinnen. Abgesehen von Frau Grossenbacher sehe ich da niemanden, die auch nur ansatzweise etwas Außergewöhnliches bietet. Wie formulierte mal Billy Wilder in einer Filmkritik seinen Verriss: "Sie sah gut aus."

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    1. Ich bin zwar nicht Billy Wilder; aber trotzdem stelle ich fest: "Dessen ausdrucksloses Gesicht sieht nicht einmal gut aus" :-)

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  6. Ich kenne nur eine Schauspielerin, die etwas Außergewöhnliches leistet: Constanze Becker, derzeit in Frankfurt.
    Aber es muß doch gar nicht immer das Außergewöhnliche oder Einmalige sein. Jeder Schauspieler hat seine Stärken und Schwächen und jede neue Rolle ist auch ein Experiment mit unklarem Ausgang. Ich kann zum Glück über die Schwächen problemlos hinwegsehen, wenn mich die Stärken überzeugen. Wenn ich mal überzeugt bin, dann werde ich gerne vom Zuschauer zum "Fan" mit höherer Toleranzhaltung und sehe eher die Stärken.
    Das fehlte mir wahrscheinlich in den letzten zwei Jahren: gerade zu Beginn sollte man meinen, daß man den Schauspielern die Rollen aussucht, in denen sie glänzen können und Selbstsicherheit gewinnen. Ich fand, daß das nicht geschah.

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  7. @anonym
    Vielen Dank für den Hinweis!

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  8. @Pe(t)er
    Ja, das hört sich wirklich sehr grenzwertig an, was Sie aus Hof berichten. Danke für den Hinweis, ich werde mal im Netz recherchieren

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  9. @Klaus: Danke für den Link.
    Bzgl. Treleaven: das Thema interessiert mich zu wenig, um darüber zu spekulieren. Mag er am 02.06. Tristan singen: ok. Der Tannhäuser musste dank Ersatzmann nicht abgesagt werden.

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