Freitag, 21. Juli 2023

Zuschauerzahlen 2022/23: Der große Publikumsschwund

Man kann Zuschauerzahlen  des Badischen Staatstheater ja nur begrenzt trauen, bei ca. 20.000 Freikarten/Saison in der Vergangenheit sind die offiziellen Zahlen verzerrt.  Dennoch ist ein Vergleich mit früheren Spielzeiten von Interesse, um die eklatante Schwäche nach über einem Jahrzehnt der Instrumentalisierung zu belegen:



Man kann nicht alles auf die vergangene Pandemie schieben, das Publikum wurde durch knapp drei Jahre Covid entwöhnt, aber es ist schon auffällig, daß die Publikumszahl der Konzerte und des Kindertheaters weitgehend über ein Jahrzehnt konstant sind. Im Kindertheater hat man Zwangsbesucher, doch in den Konzerten ein typisches Publikum, was auch durch vermeintliche Alterung und Pandemie nicht geschrumpft ist. 

Ca. 240.000 Besucher erreichte das Badische Staatstheater 2022/23. Ca. 40.000 Zuschauer fehlen, in den letzten beiden Jahrzehnten hatte man stets ca. 280.000 Zuschauer +/- 5%
Entsprechend ist auch die Auslastung gesunken, 2013/14 waren es ca. 85%, nun sollen es ca. 71% sein.
Es mag sich ein Fehler eingeschlichen haben, rechnet man die bekannten Zahlen für alle Sparten zusammen, kommt man auf ca. 225.000 Besucher, wo die übrigen abgeblieben sind (Jazz-Konzerte, Einführungsveranstaltungen) kann man nur spekulieren.

Eklatant der Einbruch im Schauspiel im letzten Jahrzehnt - man scheint sich mehr als halbiert zu haben; Anna Bergmann scheint ein Zuschauerschreck zu sein (was manche nicht überraschen wird). Man mag dennoch bezweifeln, ob die Zahlen stimmen können. Nur noch 40.000 Zuschauer?

Zur weiteren Analyse fehlen beim aktuellen Wissensstand auch die Anzahl der Aufführungen und deren Auslastung für die einzelnen Sparten. Wie überhaupt der Tiefpunkt im Rahmen der Schadensbegrenzung in dieser und der kommenden Spielzeit erreicht sein dürfte. Die Schadensbehebung wird die Herausforderung für Christian Firmbach, dem alle Theater-Fans  in und um Karlsruhe Erfolg wünschen werden. 

Nachtrag: Die Epidemie ist keine Ausrede, wie das Stuttgarter Staatstheater beweist. Dort gab es 2022/23 mehr Besucher als in der letzten Saison vor Covid (2018/19), wie die BNN (aktuell hier) berichten.
Das Badische Staatstheater erlebte einen Zuschauereinbruch von ca. 25%, für den insbesondere Nicole Braunger und Anna Bergmann die Verantwortung tragen - denn beide können sich nicht mehr hinter dem unseligen Einfluß des früheren Intendanten verstecken. Man kann nur hoffen, daß sich das Desinteresse des Publikums in deren letzter Spielzeit legt und angesichts des bevorstehenden Neustarts das Theater nicht noch mehr Zuschauer abschreckt. 

23 Kommentare:

  1. Wie erklären Sie denn den Einbruch der Zahlen im Ballett? Liegt es an weniger Aufführungen? Immer wenn ich im Ballett war, war es ausverkauft.

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    1. Die Datenlage ist zu mager, man kann nur spekulieren: weniger Vorstellungen, aufgrund von Covid noch ein eingeschränktes Repertoire, zu Weihnachten kein Nußknacker, .... Das Ballett habe ich ebenfalls immer als gut besucht wahrgenommen bzw. berichtet bekommen.

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  2. Der liebe Honigsammler zeigt die Besucherzahlen der zwei Spielzeiten 2018/19 und 2013/14 unter P. Spuhler im Vergleich als ob die (Theater-) Welt heute dieselbe wäre ...

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    1. Der Vergleich soll die Perspektive als Standortbestimmung zeigen. Die Ursachen für heutige Symptome finden sich im letzten Jahrzehnt.

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  3. Ich vermisse das Studio.max 150 Plätze a 10 Euro,mit Preisnachlass für Studenten/Schüler max 750Euro/Vorstellung.Bei 5 angestellten und Darstellern kann das nur Minus bringen (und ausverkauft gibt es da gar nicht).
    Gruß
    P.S. die Zuschauerressonanz war zum Schluß der Saison positiver

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    1. Es geht nicht um Plus oder Minus beim Studio, das ist vielmehr eine Mischkalkulation, um dem Ensemble verschiedene und teilweise gleichzeitige Bühnen zu geben. Sonst dürfte ja nur bei vollem Großen Haus gespielt werden. Ich bin ein großer Fan der kleineren Bühne, an der man weniger aufwändig, aber dafür publikumsnäher spielt.

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    2. Sry,aber bei einer auslastung von ca 20-30% beim Studio würde mich schon interessieren,in welcher Sparte das dazugezählt wird,immerhin geht es ja grad um die Besucherzahlen und die sind beim Studio,auch wenn das Staatstheater den auftrag hat,für alle was zu produzieren,nicht hoch und verfälschen so die zugeordnete Sparte.Das ist für mich schon relevant.Gruß

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    3. Das Studio drückt die Auslastung des Schauspiels. Freude und Begeisterung hat Bergmanns vorletzte Saison nicht ausgelöst, gerade einige Studio-Termine wurden abgesagt, weil es kaum Zuschauer gab. "Hir" z.Bsp. hat einige Fast-Vorstellungen mit weniger als 20 verkauften Eintrittskarten, die wegen des Desinteresses des Publikums abgesagt wurden, um die Auslastung nicht noch weiter in den Keller zu bringen. I

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    4. Ok,thx für die Info,daß das Studio zum Schauspiel gerechnet wird.Die Info bekomme ich als Zugehöriger nicht.Ich gehöre zum großen Haus,bin gespannt,was beim Ballett passiert.Der Verbleib von Hr.Fritzsch finde ich super,ein toller Mensch,davon bräuchte es mehr!Dann würde auch mal was vorwärts gehen.Gruß

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  4. Vielleicht liegt es aber auch an der Unattraktivitaet des Hauses insgesamt, dem generell lustlosgewordenen Personal, dem nachlassendem Service, der vermissenden Sauberkeit, den unwegsamen Wegen, dem schlechten Raumklima, dem misserablen Fuehrungspersonal, dem geheuchelten Leitbild...

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    1. Es gibt viele Gründe und manches, was im Argen liegt. Das komplette Führungspersonal gehört meines Erachtens ausgetauscht, also auch der kaufmännische Leiter und die Betriebsdirektorin

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    2. Solange sich Mitglieder des Gemeinderats und Kulturauschuss' eintraechtig mit der geschaeftsfuehrenden Leitung, Betriebsdirektion, etc. in den sozialen Medien eintraechtig strahlend praesentieren und sich gegenseitig busseln und hofieren, tut sich in dieser Hinsicht leider gar nix. Die Privilegien werden von beiden Seiten auf dem Ruecken des Personals, der kuenstlerischen Leistung und des zahlenden Publikums ausgekostet.

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    3. Vielen Dank für Ihren Kommentar, und ja, die Kulturpolitiker erscheinen seit Jahren nicht als Kompetenzriesen. Die Presse schaut mal wieder weg. Damit man nicht über den Betrieb sprechen muß, wird die Situation zwischen kommenden Intendant und GMD kolportiert. Die internen Konflikte haben keine Lobby und keine Öffentlichkeit. Vielleicht sollte man von Seiten des Betriebsrats regelmäßige Umfragen starten, wie zufrieden man mit Führungskräften, Betriebsdirektorin und Geschäftsführer ist und diese auch öffentlich verbreiten. Ich befürchte, Firmbach wird sich entweder gegen Widerstände durchsetzen müssen oder sonst als Sündenbock für die Versäumnisse des übrigen Managements enden.

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  5. Das ist schon sehr bemerkenswert, insbesondere wenn man den Vergleich zum wesentlich kleineren Theater und Orchester Heidelberg zieht, wo in dieser Saison über 205.000 Zuschauer erreicht wurden und man besser dasteht als vor der Pandemie.

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    1. Die Heidelberger, Mannheimer und Freiburger Zahlen sind zur Einschätzung von Interesse, aber die Analyse der Mißerfolgs wird insbesondere den kommenden Intendanten interessieren, dessen Programm zu Beginn weitgehend schon stehen sollte und der nun die Lehren aus dem Debakel des letzten Jahrzehnts zu ziehen hat.

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    2. Die Guten und Kreativen gehen, andere sind erstarrt und hocken ihre Zeit andere fruststrierend bis zur Rente ab anstatt sich zu bewegen, neues Fuehrungspersonal ohne Ahnung von Mitarbeiterführung, ohne Herz für's Haus, für die Kuenste und für die Menschen - ob Besucher oder Beschaeftigte - werden eingestellt - es fehlt die Begeisterung, Empathie, Authentizität - und das merken auch die Besucher/innen.

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    3. Vielen Dank. Ich habe es schon weiter oben geschrieben: Die internen Konflikte haben keine Lobby und keine Öffentlichkeit. Dazu müssen intern Kompromisse gefunden werden. Firmbach steht vor der Aufgabe, das Publikum wieder ins Theater zu bringen. Keine leichte Aufgabe nach dem letzten Jahrzehnt. Ich kenne einige Personen, die sich kein Abo mehr holen werden und sich vom Alltagstheater verabschiedet haben. Diese gehen inzwischen lieber nach Baden-Baden und Strasbourg und andere Spielstätten im Umland und suchen das Besondere.

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  6. Dann alle in die Schauburg! Große Opern. Amerika! Popelig wie seit deren Entstehung.

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    1. Oper ist eine Live-Kunst, als Konserve oder medial vermittelt wirkt das meines Erachtens nur begrenzt. Oper in den USA hat Vor- und Nachteile, pauschal abwerten kann ich es nicht.

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  7. Das Haus ist sehr unattraktiv geworden. Die Spuhler-Krise ist eine Staatstheater-Krise geworden, die nicht einfach mit ihm gegangen ist. Die Sängerbesetzungen sind seit Frau Braunger so mittelmäßig geworden, dass man in Stadttheatern um Längen besseres sieht. Bei Frau Bergmanns Schauspielen erkennt man das Engagement und die Ambitionen. Immerhin. Richtig Freude machen einzig Konzert und Ballett! Leider geht Bridget Breiner, das ist ein großer Verlust! Schauen wir wer folgt, die Messlatte liegt sehr hoch! Dazu kamen ihre authentische Art und der scheinbar gute Zugang zum Ensemble. Diesen Geist spürt man bei jeder Vorstellung. Zum Glück bleibt GMD Fritzsch erhalten, das ist momentan der einzige Lichtblick.

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    1. Ja, es ist schade, daß das Ballett mit Bridget Breiner durch die Pandemie so ausgebremst wurde. Ich bin gespannt, wer ihr Nachfolger wird. Manche spekulieren, daß es Kevin O'Day werden könnte, der ja bereits Gastchoreograph ist

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    2. Kevin O'Day wäre großartig! Hoffen wir auf kluge Entscheidungen. Die Kompagnie ist toll und sie haben sicherlich auch Vorstellungen mit wem sie gerne arbeiten würden. Vielleicht sollte man sie in die Suche einbeziehen. Das wäre gelebte Mitbeteiligung und wäre ein starkes Zeichen, das über die Grenzen von Karlsruhe hinaus strahlen würde. Das könnte dem Image des Hauses gut tun.

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    3. Mal schauen, Kevin O'Days zwei Jahre als "Artist in Residence" in Karlsruhe klingen wie eine Überbrückungszeit. Wenn ein renommierter Choreograph und Ballettleiter das Haus schon kennen gelernt hat, kann er ggf. einfacher übernehmen. Aber das ist Spekulation. Bisher habe ich noch von keinem bevorstehenden Abschied eines Ballett- oder Schauspieldirektors gehört, der nach Karlsruhe geht. Firmbach wird Leute aus Oldenburg mitbringen, viele Sänger scheinen darunter zu sein.

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