Fülle des Wohllauts
Ein hochklassiger Mozart-Abend zum Schwärmen, kurzweilig dargeboten und mit ansteckender Spielfreude aller Beteiligten präsentiert. Und nachdem 2015 bisher durch das Unverständnis und den Ärger am Badischen Staatstheater über das Verhalten des Generalintendanten Peter Spuhler geprägt ist, dominierten gestern endlich mal wieder die Bühnenkünstler das Geschehen und ließen die Sorgen und Nöte vergessen.
Als Fiordiligi demonstrierte Juliane Banse mit samtenen Ton ihre große Klasse und hoffentlich erinnert man sich in Karlsruhe an sie, wenn es mal wieder eine Arabella zu besetzen gibt. Dilara Baştar sang eine sinnlich-verführerische Dorabella und bei ihr darf man sich in der kommenden Spielzeit auf den Romeo in Bellinis Capuleti e Montecchi freuen. Stimmlich kultiviert und ausdrucksstark glänzte Jacques Imbrailo als Guglielmo, Eleazar Rodriguez sang den Ferrando mit tenoralem Schmelz und Glanz - schade, daß man ihn diese Spielzeit so selten hörte. Konstantin Gorny ist als Don Alfonso bereits ein im besten Sinne routinierter Conférencier und Tiny Peters zeigte vor allem verkleidet als Doktor und Notar (Despina) ihr Talent. Dirigent Christoph Gedschold ließ das Orchester mit leichter Hand, fließend und präzise aufspielen - eine rundum gelungene Interpretation. Der starke Applaus und die Bravos für alle waren verdient.
Die Inszenierung von Achim Thorwald mag konventionell und wenig aufregend erscheinen, doch gerade nach den Erfahrungen der letzten Zeit muß man ihr zugute halten, daß sie nichts behauptet, was nicht in Musik oder Text zu finden ist. Werkdienlich kann man das nennen, wenn sich der Regisseur nicht für wichtiger hält als Komponist und Bühnenkünstler und gerade hinsichtlich der aktuellen Intendanz fällt dabei auf, daß deren Strategie des Einfügens nicht-konventioneller Elemente und Ideen deswegen noch lange nicht als innovativ zu bezeichnen ist und eigentlich nur etwas vortäuschen möchte.
Quo vadis Karlsruher Oper?
Der Ärger über den unbeliebten Karlsruher Generalintendanten zeigt anscheinend erste Folgen. Spuhler soll mit manchen seiner Angestellten nicht mehr sprechen, geschweige denn sie grüßen. Er lässt andere kommunizieren und hat sich angeblich deutlich zurückgezogen. Dazu passt auch, daß kurz vor der gestrigen Aufführung an manche Abonnenten eine Nachricht mit der Ankündigung verschickt wurde, daß der bisher unauffällige neue Operndirektor und sein Stellvertreter sich an einem Infostand dem Publikum vorstellen und für Fragen und Anregungen zur Verfügung stehen. Kaum jemand dürfte die beiden Junioren in ihrem ersten Jahr beachtet haben, da Spuhler als alleiniger Generalintendant alle Entscheidungen treffen soll. Durch seine prekäre Situation ergibt sich nun für die Herren Fichtenholz und Sieben die Möglichkeit, sich etwas stärker zu profilieren. Ob sie in der Lage sind, sich aus dem Schatten Spuhlers zu befreien, muß sich erst noch zeigen. Aus Reihen des Badischen Staatstheater hört man, daß beide noch nicht die Erfahrung und das Know-how zu haben scheinen, die ein Staatstheater erfordert und beide an einem kleineren Stadttheater erst Berufspraxis sammeln sollten. Beide sind anscheinend keine Praktiker und werden sich nicht selber dem Karlsruher Publikum als Regisseure stellen.
Nachdem sich im Opernensemble einige atmosphärische Störungen verbreitet haben sollen, ist ein zu beachtender Aspekt in den kommenden Jahren, ob es Fichtenholz gelingt, sich als Stimmexperte zu profilieren, die Sänger wieder besser in Szene zu setzen, für ihre Belange zu kämpfen und die Stimmung zu heben. Es wird spannend zu beobachten, ob die beiden Anhängsel bleiben oder Profil entwickeln. Hat jemand gestern die Chance nutzen können und im Gespräch mit Fichtenholz oder Sieben etwas Substantielles erfahren?
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Hallo, wie ich zu hören bekam, soll Fichtenholz wohl etwas Praxis haben.
AntwortenLöschenHingegen Sieben aus dem Dunstkreis Spuhler kommen.
Gruß
Klaus
Vielen Dank! Auf der Homepage des BaSta kann man sich ein wenig über die beiden informieren. Allerdings muß man dennoch bei beiden kritisch hinterfragen, was sie ohne relevante Berufserfahrung als Operndirektoren qualifiziert. Ich lasse mich gerne positiv überraschen, wenn
Löschen- die neu engagierten Sänger mich begeistern
- die etablierten Hauptrollen-Sänger die richtigen Rollen bekommen
- die Gerüchte um Niedriglöhne und verschlechterte Vertragsbedingungen verstummen
- und der Spielplan variabler wird.
Bis dahin muß ich aus den Eindrücken der ersten Jahre befürchten, daß es auch ein Fall von Semi-Qualifikation sein könnte - Irgendwie passen sie halbwegs auf das Job-Profil, aber vielleicht sind sie doch nur Anweisungsempfänger mit Repräsentationsverpflichtung? Mal abwarten ...
Sehr geehrter Herr Honigsammler, hier schreibt Ihnen der Operndirektor Michael Fichtenholz. Ich bin überzeugt, dass weitere Spekulationen über meine (angeblich fehlende) Berufserfahrung nicht wirklich sinnvoll sind, ohne dass ich mich aktiv daran beteilige. Ich stehe gerne Jederzeit für Ihre kritische Hinterfragung zur Verfügung, Sie können mich immer unter michael.fichtenholz@staastheater.karlsruhe.de anschreiben, und direkt mit mir in Kontakt treten – natürlich nur, wenn Sie keinen Angst haben, Ihr Inkognito aufzugeben. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Michael Fichtenholz
AntwortenLöschenLieber Herr Fichtenholz,
Löschenvielen Dank für Ihren Kommentar! Es freut mich,daß Sie den Weg zu meinem Besucher-Tagebuch gefunden haben (ich vermute einfach mal, daß Sie es auch tatsächlich sind), meine Sorgen Ernst nehmen und mir die Möglichkeit geben, einiges klar zu stellen.
Wie Sie ja vielleicht ahnen, ergeben sich die Fragen zu Ihnen und der Karlsruher Oper durch die prekäre Situation des Generalintendaten Spuhler, der wahrscheinlich aktuell keinen Popularitätswettbewerb bei seinen Angestellten für sich entscheiden könnte. Die Berliner Philharmoniker wählen ihren Chef selber, wenn das Badische Staatstheater über den GI abstimmen dürfte, würde ich aktuell nicht auf ihn wetten wollen.
Dazu kommt, daß viele Stammbesucher Stimmungen aufnehmen - also die Kantinenbesucher oder die mit Freundschaften oder Bekanntschaften in das Haus. Und die filtern und geben Eindrücke weiter, bei mir kommt dann irgendwann aktuell viel Unzufriedenheit an.
Ihre Fähigkeiten als Operndirektor beweisen Sie für mich nicht durch Worte, sondern durch Taten. Ob beispielsweise ich mit Ihnen auf diesem Posten glücklich sein werde , ergibt sich für mich zu unterschiedlichen Zeitpunkten Ihrer Direktion:
1) 2016, wenn Sie Ihre Programmlinien für 2016-2021 bekannt geben (2015/16 ist wahrscheinlich noch von ihrem Vorgänger konzipiert) und in den Jahren darauf, wenn ich beurteilen kann, ob für die Sänger die optimalen Rollen gewählt und meine Lieblingssänger in Szene gesetzt werden.
2) Ab der nächsten Spielzeit, wenn die von Ihnen engagierten neuen Sänger für Ensemble und die für die Opern-Galas sich profilieren können und beweisen, daß Sie ein Stimmen-Experte sind, der die Karlsruher Besucher mit seiner Auswahl begeistert.
3) Ihre Hauptaufgabe in der fast abgelaufenen Spielzeit bestand für mich unter anderem darin, daß sie den Stars der Oper (damit meine ich die Sänger!) den Rücken freihalten, für Ihre Belange kämpfen, Sie sich darum bemühen, sie optimal in Szene zu setzen und eine Stimmung schaffen, die Vertrauen fördert.
Bei mir hat sich im Verlauf der Spielzeit aber noch nicht der Eindruck ergeben, daß es atmosphärische Besserungen gibt. Ob die Sänger hinter Ihnen stehen und Sie hinter den Sängern, können andere und Sie selber besser beurteilen. Und ich bin mir sicher, daß es sich dann bald unter den Stammgästen herumspricht, daß Sie Ihre Arbeit gut machen und ich dann definitiv darüber in meinem Tagebuch schreibe.
Es geht bei diesem Cosi fan tutte Beitrag also vor allem darum, an welchen Maßstäben man als Stammgast und Opern-Fan beurteilen könnte, wie erfolgreich Sie in den nächsten Jahren sein werden. Ich wünsche Ihnen vor allem auch im eigenen Interesse von Herzen, daß Sie sehr erfolgreich sein werden und ich endlich mal wieder so begeistert, daß es Opern gibt, bei denen es mir um jede verpasste Aufführung leid tut.
Glauben Sie mir, ich freue mich darauf, ein begeistertes Loblied auf Sie zu schreiben!
Nochmals vielen herzlichen Dank für Ihr Entgegenkommen und Ihr Verständnis und von Herzen alles Gute für die kommenden Jahre!
PS:
Mein Inkognito hat einen einfachen Grund: dieser Blog ist privat, meine Ansichten sind weder maßgeblich noch repräsentativ, sondern persönlich, und zwar in dem Sinne, daß ich authentisch und wahrhaftig meine Eindrücke und Stimmungen wiedergebe und in diesem Tagebuch festhalte.
Nur weil Oper und Schauspiel in den vergangenen 4 Jahren meine Begeisterungsfähigkeit unterforderten, bedeutet das nicht, daß ich mir anmaße, Ihre Zeit zu vergeuden und mich als Person in den Vordergrund dränge. Weder kann ich Ihnen Ratschläge geben noch können sie meine Wahrnehmung beeinflussen. Deswegen ist meine anonyme Stellung als Nobody richtig.
Lieber Herr Fichtenholz,
Löschenich bin mir nicht sicher, ob ich Ihre Replik als naiv oder sehr gerissen für mich einschätze. Solange die Beiträge derart sachlich geäußert werden, spricht aus vielerlei Gründen nichts gegen eine Maske. Auch ich schätze sie bisweilen.
Ich denke, Sie haben Erfahrung, den Unterschied zwischen einer machtorientierten, zentralistischen Organisation und einem produktiven - auch bunten - Miteineinander zu kennen. Sollten Sie den wärmenden Mantel einer fürsorglichen, kooperativen, kollegialen Führung spüren, dann stehen Sie offensichtlich damit sehr alleine.
Tatsache bleibt, dass Sie Ihren Bereich verantworten müssen - da kann, muss aber nicht spekuliert werden, wie Sie das machen. Wo Sie da stehen und wie groß der Ihnen zugemessene Raum ist wissen Sie am besten. Beurteilt werden wird das, was dabei entsteht, sichtbar, spürbar, nachempfindbar.
Sich menschlich schätzen und fachlich um das Maximum ringen wäre mein Rezept, falls sich der/die Profil- und Machtmensch(en) nebst Marionetten dereinst zurückziehen (muss/müssen).
@ Honigsammler: Auch wenn ich nicht sämtliche Einschätzungen vorbehaltlos teile: Vielen Dank für Ihre Stimme!
Vielen Dank für Ihren Kommentar und die Klarstellung, daß es beim Thema Kompetenz darum geht, was sowohl auf als auch hinter der Bühne entsteht!
LöschenIhr Rezept:"Sich menschlich schätzen und fachlich um das Maximum ringen" möchte ich gerne ebenfalls von Herzen an Herr Fichtenholz und über ihn an die ganze Intendanz weiterempfehlen.
Hallo.
AntwortenLöschenverschlechtetere Vertragsbedingungen?
Warum klagt denn der Personalrat ständig?
Jedes kleine Recht wird mit Füßen getreten,aber-
Gesetz ist Gesetz und die Theaterführung verliert einen
Prozeß nach dem anderen...
Eine ständige Fluktuation von Personen ist kein gutes Zeichen
eines gut geführten Betriebes,oder?
Warum wohl hat die Firma die Ausschreibung für den Neubau des
Schauspielhauses gewonnen,die auch Heidelberg gemacht hat?Warum kommt
Frau T.Bauer aus Heidelberg?Wo war Hr.Spuhler vorher?
Basel war schlau genug und der erarbeitete Ruf von Hr.Spuhler
scheint mittlerweile Landesgrenzen zu überschreiten.
Ich befürchte - er wird seine Zeit wohl absitzen (müssen).
Wenn man als Führungskraft Mitarbeiter nicht grüßt,Abteilungen vor anderen beschimpft (was ist das denn für eine sch.... xy?),wenn man in der HP und GP Bühnenbildnern reinredet (vor anderen),und wenn man Regisseure (vor anderen) belehrt,was soll das für ein Chef sein?Für mich ist da Chef der inakzeptable
Ausdruck.Übrigens sind einige froh,daß er nicht grüßt,so müssen sie nicht grüßen....
P.S.:am Mi 01.07. sollte Bekanntgabe des Gewinners des Neubau von Schauspielhaus für das ganze Haus stattfinden-wurde abgesagt,da eine Firma Einspruch gegen das Verfahren (Fehler in der Ausschreibung oder Bewertung und Vergabe des Siegers weiß ich noch nicht,mach mich schlau und reiche nach) eingelegt hat und so eventuell je nach Gerichtsbeschluß alles neu aufgerollt wird,d.h. der Neubau wird sich definitiv verschieben.....
Eine eingespielte Truppe die auch noch zusammenhält ist durch nichts zu ersetzen und ich danke allen Zuschauern,die mit uns durchhalten!!
Es werden uns Steine und Stöcke in den Weg gelegt,dennoch versuchen wir den zahlenden Zuschauer zu geben,was er bezahlt hat.
Vielen Dank für Ihre Mitteilung, die mich nach obiger positiv gestimmter Antwort an Herrn Fichtenholz wieder an das erinnert, was nicht gut läuft und wo dringend Handlungsbedarf besteht.
LöschenLieber Herr Fichtenholz, Sie sehen, wo für Sie weitere Herausforderungen als kompetenter Operndirektor liegen!
@anonym
AntwortenLöschenich vermute mal, am BaSta ist tendenziell bekannt, welche Kollegen vertraglich TVL oder NV Bühne haben. Bei NV Bühne ist man abhängig und sollte sich besser im Hintergrund halten. Von den Leuten kann man keine Heldentaten wider besseren Wissen und schlechten Gewissen erwarten. Die Zeitarbeitskräfte können es nicht richten.
für Honigsammler zur Info
AntwortenLöschenhttp://kurier.at/kultur/musik/bayreuther-chaos-berliner-coup/139.123.857
Paralellen u KA sind vorhanden :-)
Gruß Klaus
Danke!
LöschenNur zur Info
AntwortenLöschenhttp://www.der-neue-merker.eu/baden-baden-festspielhaus-pique-dame-als-gastspiel-mariinski-theater-den-wahnsinn-in-packende-bilder-gefasst
Gruß Klaus
@anonm. Vielen Dank für die Info - die Kostenseite ist ein interessanter Aspekt dieser Vorgänge!
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