Gestern war es wieder ziemlich leer in den Zuschauerrängen. Schade, daß
das Vertrauen des Publikums zu Intendanz und Programmzusammenstellung derart gesunken ist, denn sängerisch und
darstellerisch ist die Verlobung im Traum eine Freude: mit
Agnieszka Tomaszewska, Armin Kolarczyk, Dana Beth Miller, Katharine
Tier, Jaco Venter und
Christian Voigt ist man sehr gut besetzt und durch den
spielfreudigen Chor ideal ergänzt. Und auch musikalisch ist das
komponierter Zeitgeist: eine originelle Mischung aus verschiedenen
Stilen und Einflüssen tönt aus dem Orchestergraben. Die Inszenierung
nimmt die Entstehungszeit mit Charleston, Jazz und Revue anschaulich auf - eigentlich macht man alles richtig.
Trotz einer guten und problemlosen Umsetzung bekommen anscheinend sowohl Hans Krásas Verlobung im Traum (mehr zur Premiere findet sich hier) als auch der Doppelabend Ravel/Strawinsky kaum Publikumsresonanz und es wäre interessant zu wissen, für was durchschnittlich weniger Eintrittskarten verkauft wurden. So ambitioniert die Programmwahl der letzten drei Jahre mit vielen unbekannten Opern war, so wenig scheint sie honoriert worden zu sein. Und tatsächlich kann man nicht umhin, ein Gleichgewichtsproblem zu bemerken, das je nach Standpunkt mehr Leidenschaft und Beliebtes als Ausgleich benötigt.
Mit Puccinis La Bohème, Wagners Parsifal, Glucks Iphigenie auf Tauris und Verdis Falstaff folgen nun noch im restlichen Saison-Verlauf vielgespieltes Kernrepertoire und auch 2015/16 wird man keine Experimente eingehen. Unter den Stammzuschauern kursieren bereits die Pläne für die kommende Spielzeit, in der es fünf Opern des 19. Jahrhunderts (+ Händel, + Operette/Musical) geben soll. Die bereits zu Beginn der Intendanz in Aussicht gestellte Oper von Meyerbeer scheint nun dabei zu sein (und zwar Le Prophète (Regie: Tobias Kratzer), wie die Tageszeitung Die Welt hier bereits vermutet?) und auch sonst kursieren im Großen Haus nur bekannte Namen und auch eine Überraschung nach kurzer Frist ....
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.