Sonntag, 17. März 2013

Spörli - In den Winden im Nichts, 16.03.2013

Nach vielen Handlungsballetten gibt es am Badischen Staatstheater nun auch wieder eine handlungsfreie Choreographie zu sehen: «In den Winden im Nichts» ist ein kurzes, kurzweiliges und sublimes Ballett, musikalisch nur begleitet von einem Cello.

Heinz Spoerli: Tänzer, Choreograph, Ballettleiter
Der 1940 in Basel geborene Spoerli war nach seiner Karriere als Tänzer ein viel gerühmter und gelobter Ballettleiter, der große Erfolge mit den Kompagnien in Basel, Düsseldorf, Berlin und zuletzt 16 Jahre in Zürich erzielte. Er choreographierte klassische Ballette (z.B. Nußknacker, Schwanensee, Giselle, Coppelia, La fille mal gardée, ...) und abstrakte Ballette, bspw. zur Musik Johann Sebastian Bachs, aber auch Webern, Schönberg und Mahler.
Birgit Keil tanzte in mehreren seiner Ballette, zum ersten Mal schuf Spoerli 1978 ein Choreographie für Keil: die Mozart-Quintette bei den Ludwigsburger Festspielen. Später tanze Keil in Spoerli-Balletten zur Musik von Wagner (1979), Nono (1980), Brahms und Berg (1985)        
     
Vier mal choreographierte Spoerli Bachs Musik: die Goldberg Variationen (1993), «Wäre heute morgen und gestern jetzt« (2009) zu Musik aus Konzerten, Kantaten und Messen für Orchester und Sänger und die sechs Suiten für Cello: 1999 die Suiten Nr. 1,4, 5 unter dem Titel «… und mied den Wind», 2003 folgten die Suiten 2, 3 und 6 als «In den Winden im Nichts».  Bachs Partitur zu seinen sechs Cello Suiten besteht aus jeweils sechs einheitlich aufgebauten Sätzen: einem Prélude und 5 Tanzsätzen: 1. Prélude, 2. Allemande, 3. Courante, 4. Sarabande, 5. Menuett (Suiten 1 und 2), Bourrée (Suiten 3 und 4) oder Gavotte (Suite 5 und 6), 6. Gigue. Der Cellist Alexandre Vay betont mit vollem, warmen Klang das tänzerische Element der Suiten und bekam für sein tadelloses Spiel gestern viel Premierenapplaus.
   
In den Winden im Nichts
Es sind 3 Cello-Suiten zu 6 Sätzen, also 18 unterschiedliche Musiksätze zu hören, bei denen durch ständig sich wechselnde Besetzungen und Konstellationen und eine rasche Abfolge (die einzelnen Sätze dauern zwischen 2 und 7 Minuten) ein abwechslungsreicher und kurzweiliger Abend entsteht. Spoerlis Choreographie vereint Soli, Duette, Trios und Ensembles zu einer großen Vielfalt und zeigt unterschiedlichste Ausdruckswelten, bei denen es kaum möglich ist alle passenden Adjektive aufzuzählen, die bei diesem Abend das Bühnengeschehen zutreffend beschreiben: Momente von hoher ästhetischer Kraft und Wirkung, ein Auf-und-Ab voller Harmonie und Ausgewogenheit bei der die Musik durch einen choreographischen Mehrwert noch hinzugewinnt.
Die leere Bühne wird im Hintergrund dominiert von einem schwebenden Ring, der in wechselnden Farben leuchtet. Dazu wird die Bühne farbig ausgeleuchtet: in rot, grün und blau und ergänzt von farbigen Kostümen in rot, grün, blau und schwarz.
Spoerlis durchgestaltete fließende Bewegungen erfordern immer wieder Athletik, manche Bewegungen erinnern an Bodenturnen, andere in Gruppenszenen an Synchronschwimmen. «In den Winden im Nichts» ist eine konzentrierte Choreographien ohne Leerlauf (und ohne Pause: ca 65 Minuten) und ohne einfache Bewegungen, sondern durchgehend fordernd und anspruchsvoll. Die benötigten 28 Tänzer der Karlsruher Ballet Kompagnie lösten ihre Aufgabe mit großer Bravour und vielen bemerkenswerten Momenten: Bruna Andrade mit großer Ausdruckskraft, ebenso Rafaelle Queiroz, Pablo dos Santos sowie Zhi Le Xu mit beeindruckenden Sprüngen. Doch besonders ein Tänzer war gestern verdient im Mittelpunkt:

Hommage an Flavio Salamanka   
Das Karlsruher Ballett hat einige Tänzer, die nun schon im zehnten Jahr in Karlsruhe aktiv sind: z.B. die bildhübsche Jussara Fonseca, Sabrina Velloso oder die Solistinnen Barbara Blanche und Patricia Namba. Und Flavio Salamanka, der mit hoher Konstanz und Zuverlässigkeit seine Leistung bringt und das letzte Jahrzehnt wie kein anderer Tänzer geprägt hat: mit tadelloser Technik, mühelos eleganten und geschmeidigen Bewegungen, fließenden Linien und hoher Sprungsicherheit ist er zu Recht der dominierende Solist der Karlsruher Kompagnie und ein verlässlicher Partner für die Solistinnen. Gestern wurde er nach der Aufführung auf der Bühne von Intendant Peter Spuhler zum Kammertänzer ernannt - ein Titel, der in Karlsruhe zum ersten Mal vergeben wurde. Nach der eindrucksvollen Premiere war Salamankas Ernennung der emotionale Höhepunkt des Abends und all jene, die Birgit Keils nun fast zehnjährige Arbeit in Karlsruhe verfolgt haben, werden Salamanka die Ehrung von Herzen gegönnt haben: Glückwunsch und BRAVO!

PS: Eine schöne Überraschung im Zuschauersaal - der beliebte frühere erste Solist Diego de Paula war anwesend.

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