Sonntag, 28. Februar 2021

Die Affäre Spuhler als die Affäre Bauer

Vom "Treiben eines bösen alten weißen Mannes" und der "Überforderung mit der Führungsverantwortung"
Man mag es bedauern, daß Kulturpolitik wenig öffentliche Aufmerksamkeit genießt, man kann es beklagen, daß auch andere mißglückte Affären um Ministerin Theresia Bauer ihr politisch bisher nichts anhaben konnten, manch einer mag den unguten und beunruhigenden Verdacht hegen, daß Presse und Medien die Affäre um Generalintendant Spuhler dann empört skandalisiert hätten, wenn das Ministerium von einem männlichen Minister von CDU oder FDP statt von einer Grünen geführt wäre, und manch einer mag mit einer gewissen Empörung darauf reagieren, daß viel verschwiegen, geschwiegen und geheuchelt wird und eine Aufarbeitung wohl erst nach Abgang der sich politisch noch im Amt befindlichen Politiker möglich sein wird. Klüngelpolitik und politisches Versagen beklagte im Januar schon die Stuttgarter Zeitung (mehr hier), nun hat auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine kurze Zusammenfassung zur "Affäre Spuhler" veröffentlicht, die auch eine Affäre Bauer ist.

Das politische Versagen in dieser Affäre lag zum einen darin, daß Spuhlers ideologisch geprägtes Moralprediger- und Oberlehrer-Theater eine "identitätspolitische Oberfläche" bot, die all jenen Politikern gefiel, die sich eine autoritärer agierende Erziehungsberechtigen-Kultur von oben wünschen. Zum anderen weist auch die FAZ darauf hin, daß Bauer wohl auch deshalb vieles laufen ließ, weil die politische Nähe durch gute, langjährige persönliche Beziehungen unterstützt wurde. Beim "Treiben eines bösen alten weißen Mannes" schaute man weg und ignorierte die Verwerfungen. Daß auch andere Parteien -teils aus Desinteresse, teils aus Konfliktscheue- nichts unternahmen, fehlt in der kurzen Zusammenfassung. Der Artikel der FAZ befindet sich aktuell hier

Die BNN haben Nicole Braunger interviewt (eingeschränkt ist dieser Artikel hier zu lesen), die zur Person Spuhler keine charakterlichen Defizite anmerkt, sondern von einer "Überforderung mit der Führungsverantwortung" spricht. "Ich bin überzeugt, daß er wirklich versucht hat, mir entgegenzukommen, aber er hat es nicht geschafft." Nach einem Jahrzehnt des Zeigefinger- und Scheuklappen-Theaters kann man als  Zuschauer diesen Versuch des Entgegenkommens nicht gelten lassen. Das Schlechte überwog das Gute, das Unterdurchschnittliche,  Mittelmäßige und Unbemerkenswerte dominierten ein Jahrzehnt, das man schnell vergessen und hinter sich lassen will.

8 Kommentare:

  1. Affäre? Welche Affäre(n)? Es ist (zu) still geworden vor der Landtagswahl. Wo früher Parteien Fehltritte nutzten,sehen wir hier Gentlewomenagreement. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Ergo "Im Verwaltungsrat nichts neues".

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    1. Vielen Dank. Jetzt warten wir mal ab, Corona-bedingt gibt es andere Themen in der Politik und auch ein Interimsintedant muß erst mal ankommen. Vor Herbst scheint mir nichts mehr wirklich zu passieren, intern muß man schauen, was passiert.

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  2. Was aber auffällig ist, mit Peter Spuhler scheint auch die Kreativität gegangen zu sein. Ich suche regelmäßig nach Insperationen aus dem Staatstheater. Sehr dünn. Da sind andere (kleinere) Häuser besser aufgestellt. Etwas peinlich berührt war ich von dem letzten Adventskalender. Da scheint noch etwas Überforderung im Haus zu sein.

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    1. Inspiration aus einem Haus, in dem ca. 80-90% der Belegschaft in Kurzarbeit sind ?
      Das ist keine Überforderung, sondern einfach Abwesenheit. Wo niemand ist, kann auch nichts entstehen. Das hat überhaupt nichts mit Hr. Spuhler zu tun. Der übrigens auch durch Abwesenheit glänzt, trotz fürstlicher Weiterbezahlung.

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    2. Mit Peter Spuhler ist definitiv nicht die Kreativität gegangen, sondern nur der Alleinentscheider. Aus finanziellen Gründen konnte das Theater nicht streamen, Entscheidungswege müssen neu etabliert werden. Das ist ein Theater im Umbruch und ich erwarte als Zuschauer aktuell nur, daß sich Verbesserungen für die Mitarbeiter ergeben.

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    3. @anonym: Es kommentieren hier Laien, Fans und Mitarbeiter und man kann die Chance nutzen, Dinge gerade zu rücken. Sie haben recht, Peter Spuhler wird bestimmt nicht wegen seiner Kreativität in Erinnerung bleiben, dazu ist zu viel Negatives passiert. Es gibt keine fehlende Inspiration, sondern nur fehlende Gelegenheit. Der obige Kommentar vom 06.03. 14.10 verkennt die Situation und deshalb ist es gut, daß er hier geäußert wurde, um klarzustellen, was tatsächlich ist. In einem Verdacht ist oft auch ein Körnchen Wahrheit: als Zuschauer erwarte ich tatsächlich mehr Vielfalt und bessere Inszenierungen, nun wo Spuhler nichts mehr zu bestimmen hat. Von Oper und Schauspiel erwarte ich Steigerungen, bei Anna Bergmann bin ich skeptischer als bei Nicole Braunger. Wenn ich an die Nuller-Jahre denke, an Knut Webers Downton-Projekte und an manche Komödien und Inszenierungen, dann muß Bergmann eaniges unternehmen, um an die damalige Freude und Neugier Anschluß zu finden.

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  3. Bitte denkt daran, daß nur Herr Spuhler gehen wird, die Mitläufer und Nutznießer bleiben da. Frau Braunger bleibt für lange Zeit von Hyänen umgeben und muss jetzt erst einmal herausfinden, wer zu ihr loyal ist.

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    1. Vielen Dank für den Hinweis. Braunger scheint starke Unterstützung aus dem Haus zu haben und ich denke, die Spuhler-Gefolgschaft ist kleiner und unter besonderer Beobachtung. Wer auch immer als Interimsintendant kommt, benötigt insbesondere Kommunikations- und Moderationskompetenz. Mach dem Oberbefehlshaber ist wieder ein Ermöglicher und Türöffner gefragt, der kollegial agiert, Wandel und Kreativität fördert und keine Selbstdarstellungsshow leitet.

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