Der Fisch stinkt vom Kopf
Wie man es auch wendet, die Ursache für die toxische Arbeitsatmosphäre und die Schieflage des Badischen Staatstheaters liegt in der Person des Generalintendanten. Wenn die Politik konstruktiv die Mißstände aufarbeiten wollte, sollte man das Verhalten des Intendanten und seine Methode des Mikromanagements (arbeits-)psychologisch durchleuchten und die Ursachen dafür analysieren. Die Symptome seiner Methode sind verheerend. Mikromanagement ist einerseits bekanntermaßen ein Motivationszerstörer und
Arbeitsmoralvernichter, ein Ausbremser von Talent und Potential und Ursache von innerer oder tatsächlicher
Kündigung, Depressionen und eines erhöhten Krankenstand, anderseits hat es Spuhlers Methode des Mißtrauens, des an allem beteiligt zu sein, alles zu überwachen und alles zu entscheiden, nicht verhindert, daß es offensichtlich übergriffiges Verhalten seines direkten Untergebenem im Kinder-/Jugendtheater gab, das durch ein Instagram-Konto (https://www.instagram.com/bustedupstaatstheater/) aufgedeckt wurde.
Die SWR2-Journalistin Marie-Dominique Wetzel (mehr hier) hat mit belästigten jungen Leuten gesprochen und den erschütternden Befund formuliert: "Sie haben mir gesagt, daß sie
das Gefühl hatten, das sei am Theater anscheinend normal und man müsse
wohl oder übel damit leben, wenn man dort arbeiten wolle." Wie kann der Mikromanagement-Intendant Peter Spuhler davon nichts gewußt haben? Oder hat er genau deshalb nicht davon gewußt, weil er sich (und damit andere) in sinnlos unproduktive Kleinarbeit verzettelt hat und sich offensichtlich nicht für die Menschen am Theater interessierte? So oder so sollte der Intendant zu den Vorgängen während seiner Intendanz stehen und die einzig mögliche Konsequenz ziehen, die der Anstand gebietet: seinen Posten zur Verfügung zu stellen.
Achim Sieben, der frühere Referent des Intendanten, machte es sich viel zu leicht, als er im VAN Magazin (mehr hier) Peter Spuhlers "hohen Qualitätsanspruch" als Ursache identifizierte und damit das Verhalten des Intendanten auf Minimalbasis relativieren wollte. Doch ist Mikromanagement nicht ein Ablenkungsverhalten? Weil man mit den eigentlichen Aufgaben überfordert ist, lenkt man dadurch ab, daß man an anderen mäkelt und 'umgeben von Dilettanten so nicht arbeiten kann' ? Psychologisch steckt mehr dahinter und wie übersteigerte Selbstdarstellung, Angst vor Vertrauensmißbrauch, Verschwörungsängste, Überforderung und chronischer Streß als Alleinentscheider zu Mißtrauen gegenüber Mitarbeitern, autokratischem Verhalten, Überwachungszwang und uninspiriertem Theater führten, kann sich die Lokal- und Landespolitik durch ein arbeitspsychologisches Gutachten des Intendanten erklären lassen. Doch wollen Ministerin Bauer und OB Mentrup das überhaupt? Spielen sie auf Zeit und hoffen, daß sich die Situation beruhigt oder legen sie die Scheuklappen ab und geben endlich zu, was ist? Der Ball liegt im Spielfeld der Politiker, es tut sich bisher aber noch nichts Erkennbares und die Unruhe und Unzufriedenheit auf Seiten von Theatermitarbeitern und Theaterfans bleiben bestehen.
Die Schieflage des Badischen Staatstheaters liegt nicht nur in der Verantwortung von Peter Spuhler, sondern auch in der Ignoranz der Politik. Angesichts der eskalierten Situation muß man die Sinnhaftigkeit des Verbleibs von Peter Spuhler auf seinem Posten solange in Frage stellen, bis die Politik eine Lösung präsentiert oder Peter Spuhler ein Einsehen hat und das Badische Staatstheater, seine Mitarbeiter und Zuschauer von der Qual seiner Intendanz erlöst. Das Experiment einer homöopathische Verdünnung eines Gifts zur Heilsubstanz wird nicht
funktionieren, nur durch Entzug der toxischen Ursache kann die Gesundung eintreten und die Motivation
eines Neubeginns kann als Gegengift wirken.
Nachtrag 27.08.2020:
Die BNN geben hier eine Übersicht zu den staatsanwaltlichen Ermittlungen.
Der SWR berichtet hier.
Nachtrag 31.08.2020
Der SWR gibt hier eine weitere kurze Übersicht
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.