Sonntag, 1. Dezember 2019

Hübner/Nemitz - Frauensache, 30.11.2019

Mumpitztheater (14): Absturz zum Relotius-Theater 
Hetze ist aus Karlsruher Theatersicht für alle gut! Wer sich gerne gemein macht, um das Gemeine zu bekämpfen, der kann sich bei Frauensache auf tumbes und plumpes Agitprop-Theater freuen, bei der die Bühne nicht mehr Zweck, sondern Mittel zur linksideologischen Selbstbefriedigung, zur eitlen Selbstdarstellung und Selbstvergewisserung geworden ist. Theater von Spießern für Spießer. Linke Gutmenschen und gute Asylanten treffen in diesem Theaterstück auf nichtlinke Bösmenschen,
die völkischen Unsinn verzapfen. Eine Welt in Schwarzweiß, Grautöne gibt es nicht, die politische Mitte spielt keine Rolle, wer nicht links ist, ist ein Nazi oder ein Nazi-Sympathisant, und dazu zählen auch Christen und Konservative. Was nach Ende der beiden Diktaturen 1945/1989 überwunden schien, kehrt nun auf die Karlsruher Bühne zurück: das propagandistische Feindbildtheater, das es nicht nur mit den Fakten nicht genau nimmt, sondern ungeniert alternative Fakten präsentiert. Schlimmer noch: mal wieder hebt man den Zeigefinger und will entlarven und beschuldigen, doch vor allem entlarvt man das eigene bornierte Denken und zeigt, warum diverse Meinungsumfragen ein desaströses Bild liefern. Laut einer Allensbach-Umfrage vom Mai 2019 haben fast zwei Drittel der Deutschen den Eindruck, man müsse im öffentlichen Raum „sehr aufpassen“, was man sagt. Die Jugendstudie des Bundes im Herbst des Jahres bestätigte diese Aussage, auch unter den Jugendlichen bestätigen 68%, daß die Meinungsfreiheit in Deutschland eingeschränkt ist. Dem ist natürlich (noch) nicht so, aber daß die Bundesbürger durch alle Altersgruppen Tabus und Sprechverbote wahrnehmen, ist durch ein neues Spießertum und "Political Correctness" verursacht, die mit Unterstellungen und Moralisierungen attackieren, was ihnen schlicht nicht paßt. Die Neue Zürcher Zeitung  (für manche ist die NZZ so etwas wie damals Westfernsehen in der "DDR", ein kritischer deutschsprachiger und doch ausländischer Blick auf Deutschland, der die kritischen Fragen stellt, die die bundesdeutsche Presse gerne vermeidet) schrieb im Frühjahr, daß die Deutschen "nicht nur Weltmeister im Moralisieren, sondern auch im Heucheln" sind. Der Chefredakteur der NZZ  erklärte später an anderer Stelle: "Deutschland sieht sich als Moralweltmeister". Was für treffende Aussagen! Wer die heutige Bundesrepublik tiefenanalysieren wollte, könnte sein Vorhaben mit genau diesen beiden Begriffen -moralisieren und heucheln- beginnen und ihre Folgen von oben nach unten verfolgen, denn es handelt sich um eine Abwärtsbewegung der Erosion und Verwahrlosung, die sich in den letzten beiden Jahrzehnten durch Politik, Medien und Institutionen bis in die Gesellschaft in unterschiedlichster Ausprägung ausbreitet und zur Gefahr für die demokratische Kultur wird. Privates politisch zu instrumentalisieren, Ablaßhandel anzubieten, sich selber zum Opfer stilisieren und andere zu beschuldigen, ihnen pauschal böse Absichten zu unterstellen, um daraus politisches Kapital zu schlagen, ist bspw. ein weit verbreitetes Mittel in den politischen Ecken, dem die verwässerte Mitte zur Zeit nur viel zu zögerlich etwas entgegensetzt.
"Frauensache" wurde ursprünglich unter dem Titel "Neurechte Frauen" lanciert. Da es diese neurechten Frauen pauschal nicht gibt und sie gesellschaftlich keine Rolle spielen, man aber im Karlsruher Schauspiel ein opportunes Diffamierungsopfer benötigte, an dem man vor allem seine eigene korrekte Gesinnung beweisen kann, wurde Abtreibung als Vehikelthema gewählt. Für die gewählte Vorgehensweise gibt es unschöne Vorbilder wie bspw. das berüchtigte Framing-Manual der ARD: "Von der ARD lernen heißt, gehorchen lernen"  analysierte die FAZ und erklärte: "Als im Frühjahr publik wurde, daß die ARD ihre Mitarbeiter von der Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling anhand eines „Framing-Manuals“ beschulen läßt, das lehrt, wie man den eigenen Standpunkt moralisch überhöht und den von Andersdenkenden moralisch abwertet, war einer der Kritikpunkte, daß sich in diesem Papier ein totalitäres, diskussions- und demokratiefeindliches Denken ausdrücke". Dieses "totalitäre, diskussions- und demokratiefeindliche Denken" läßt sich auch bei dieser Produktion des Karlsruher Schauspiels aufspüren, denn wie hier unter dem Deckmantel eines fiktionalen Theaterdramas Gesinnung transportiert wird, erinnert an den Relotius-Skandal, bei der ein Journalist Lügen einsetzte, um in seinen Reportagen das Bild zeichnen zu können, das opportun und erwünscht war. Man kann diskutieren, ob Frauensache nun endgültig der Absturz zum Relotius-Theater darstellt, bei dem die Herstellung korrekter Gesinnung durch ideologische Propaganda der vorrangige Zweck ist, zu dessen Mittel die Bühne mißbraucht wird.

       
Worum geht es?
Das Thema Abtreibung ist in Deutschland aktuell kein gesellschaftlicher Streitpunkt, die existierende Regelung ist mehrheitlich akzeptiert und ein stabiler Kompromiß, das Bundesverfassungsgericht hat klare verfassungsrechtliche Grenzen vorgegeben, um der zentralen Forderung des Grundgesetzes genüge zu tun: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“, heißt es zu Beginn im Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, daß dieser Satz den Staat verpflichtet, menschliches Leben -auch ungeborenes- zu schützen. Die bestehende, stabile und akzeptierte gesetzliche Regelung der Bundesrepublik bietet einen Kompromiß, der Leben schützen soll und Frauen bis zur 12. Woche dennoch das Recht auf Schwangerschaftsabbruch einräumt. Sachlich und juristisch ist alles mehrheitstauglich geregelt, die Entscheidung für oder gegen ein Kind liegt in der Selbstbestimmung der Frau, die alleine die emotionale Last der Entscheidung trägt. In Frauensache geht es deshalb auch nur vordergründig um Abtreibungen, das Thema wird instrumentalisiert für ein fiktionales ideologisches Gesinnungsdrama über eingebildete Bedrohungen und politisches Schubladendenken. 
Schauen wir mal auf die Worte des Karlsruher Schauspiels: "Beate, eine Frauenärztin, will in den Ruhestand und sucht eine Nachfolgerin", und zwar eine, die Abtreibungen vornimmt, denn: "Sie weiß, daß wenn sie keine Nachfolge für ihre Praxis findet, die eine ähnliche Einstellung zu dem Thema hat, im Umkreis von mehreren hundert Kilometern niemand diesen medizinischen Eingriff durchführt". "Im Umkreis von mehreren hundert Kilometer"?, - spielt das Stück im dünn besiedelten australischen Hinterland? Nein, offensichtlich eine Relotius-Dramatisierung, denn wir befinden uns in der deutschen Provinz, der Weg in die nächste Stadt wird nun mal nicht übertriebene "mehrere hundert Kilometer" betragen, im Stück spricht man dann von 150km. "Doch dann meldet sich Hanna, eine junge Ärztin. Sie scheint genau das zu sein, was Beate gesucht hat: eine engagierte Feministin, freundlich, offen und voller Idealismus. Als während ihrer Gespräche zur Übernahme eine Frau wegen eines Schwangerschaftsabbruchs in die Sprechstunde kommt, wird deutlich, wie heftig der Machtkampf zwischen Beates von den 68ern geprägten Position und der ihrer potentiellen Nachfolgerin werden kann."  Es wird nicht mehr gestritten, unterschiedliche Meinungen werden nun zum "Machtkampf", ein zeitdiagnostisches Phänomen der wachsenden Intoleranz, die anderen Meinungen sofort böse Absichten unterstellen will und Kompromisse ablehnt. Das Badische Staatstheater läßt also kämpfen -das Stück beginnt und endet wie bei einem Boxkampf mit einem Gongschlag-, aber mit ungleichen Voraussetzungen: "Gutmensch" Beate soll ein linke 68erin sein, "Bösmensch" Hanna darf aber keine ebenbürtige Konkurrentin sein, das Autorenduo verwandelt sie in eine Rechtsextremistin mit kruden Ansichten, ihr Standpunkt "trägt in diesem Zusammenhang einen ethnisch reinen Zuchtgedanken in sich – Faschismus in Reinkultur", erklärt das Badische Staatstheater. Anhand des Vehikelthemas Abtreibung wird also etwas anderes verhandelt, der Zeigefinger erhoben und sich künstlich aufgeregt, denn es gibt keine extremistische Bedrohung in der Bundesrepublik, die Demokraten sind in der überwältigenden Mehrheit. Und selbst der Populismus ist ein Symptom, dessen Ursache im Vertrauensverlust der etablierten Parteien liegt. Es überrascht nicht, daß gerade im Osten der Republik, wo man noch die Gängelungen und Drangsalierungen der "DDR" gut in Erinnerung hat, besonders empfindlich auf das autoritärer werdende Meinungsklima von oben und von der Seite reagiert und der Rechtspopulismus als neue Bürgerrechtsbewegung Erfolge erzielt. Der  Schriftstellerund Dramatiker Botho Strauß hatte bereits 1993 im Spiegel in seinem Essay Anschwellender Bocksgesang prophetisch analysiert, woran die bundesrepublikanische Öffentlichkeit krankt: "Überhaupt ist pikant, wie gierig der Mainstream das rechtsradikale Rinnsal stetig zu vergrößern sucht, das Verpönte immer wieder und noch einmal verpönt, nur um offenbar immer neues Wasser in die Rinne zu leiten, denn man will's ja schwellen sehen, die Aufregung soll sich ja lohnen. Das vom Mainstream Mißbilligte wird von diesem großgezogen, aufgepäppelt, bisweilen sogar eingekauft und ausgehalten." Aufgepäppelt und ausgehalten beschreiben das Konstrukt dieses Theaterstücks zutreffend.

Bestandsaufnahme
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“, heißt es zu Beginn im Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, daß das Grundgesetz den Staat verpflichtet, menschliches Leben -auch ungeborenes- zu schützen. Auch ungeborenes menschlichen Leben besitzt bereits Menschenwürde und damit Lebensrecht, das nicht durch die Entscheidung der Mutter begründet wird. Der Staat ist folglich verpflichtet, ungeborene und geborene Kinder zu schützen, auch gegenüber der Mutter. Dieser Schutzpflicht kann der Staat nur durch das grundsätzliche Verbot des Schwangerschaftsabbruchs angemessen nachkommen, im §218 des StGBs ist dies geregelt. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Ausnahme genehmigt: "§ 218 des Strafgesetzbuches ... findet keine Anwendung, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle ... hat beraten lassen. Das grundsätzliche Verbot des Schwangerschaftsabbruchs bleibt auch in diesen Fällen unberührt."
Manchen ethisch anspruchsvollen oder religiösen Menschen erscheint das unzumutbar, manche Feministinnen hingegen wollen dem Fötus die Menschenwürde für einen längeren Zeitraum absprechen. Der erreichte Kompromiß ist stabil und ausgewogen, bereits ab dem 22. Tag beginnt das Herz zu schlagen, ab der 6. Woche ist der Herzschlag auch auf dem Ultraschall erkennbar, ab der 9. Woche sind die inneren Organe ausgebildet und der Embryo wird zum Fötus. Es werden in den letzten Jahren grob durchschnittlich jährlich knapp über 100.000 Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt.

Selbstbestimmung 2.0
oder
Der Anfang vom Ende von Behinderungen und Defekten
Wer sich heute noch über das fehlende Selbstbestimmungsrecht schwangerer Frauen aufregen will, blickt in der Regel nicht nach vorn, sondern will die Diskussionen von gestern führen. Die weibliche Selbstbestimmung wird sich zukünftig nicht um erweiterte Möglichkeiten des Schwangerschaftsabbruchs drehen, sondern um die diagnostischen Möglichkeiten, mit denen im Mutterleib Behinderungen und Defekte aufgespürt werden können: der Bluttest, um das Down-Syndrom zu erkennen, ist die bekannteste Möglichkeit; mongoloide Kinder werden größtenteils verschwinden; ungewollt und abgetrieben wird die Zahl minimiert. Und es werden noch weitere Möglichkeiten entstehen, um bspw. genetische Besonderheiten aufzudecken, Krankheiten, Defekte und anthropologische Mankos vorab zu diagnostizieren. Wer heute das Selbstbestimmungsrecht der schwangeren Frau fordert, muß ihnen das Recht geben, darüber zu entscheiden, ob sie ein Kind mit Defekt oder Manko haben will und dazu würde auch gehören, sie über statistische Tendenzen zu informieren. Bspw. sind auch sexuelle Präferenzen  genetisch bestimmt, mittels Big Data lassen sich die Genvarianten in den kommenden Jahren weiter eingrenzen und erkennen. Der übernächste Schritt zeichnet sich auch schon ab: mit dem CRISPR-Verfahren läßt sich Erbgut reparieren. "Was spricht gegen intelligente, kreative, heterosexuelle Nachkommen?" fragte bereits 2016 die Wochenzeitung DIE ZEIT und deutete an, was das in wenigen Jahrzehnten bedeuten könnte: der Anfang vom Ende sexueller Minderheiten wäre nur eine mögliche Folge weiblicher Selbstbestimmung, die sich durch neue medizinische bzw. gentechnische Verfahren abzeichnet.
     
Was ist zu sehen?
Lisa Schlegel ist eigentlich zu jung für die 63jährige "Embryonen- und Fötentöterin" Beate. Aus ideologischer Sicht soll die Abtreibungsärztin die sympathische Identifikationsfigur sein, verständig und vernünftig und vor allem heroisch aufrecht - eine Selbststilisierung, die im eitlen grün-linken Klienteltheater bestimmt sehr gut ankommt und schon so peinlich parteiisch ist, daß man sich an die "DDR" mit ihrer Unfehlbarkeitsdogmatik erinnert fühlt. Hanna ist eine "junge Ärztin, die sich nicht mehr in der gutbezahlten Privatklinik machohaften Chefs unterwerfen möchte, sondern lieber auf dem Land für ihre Vorstellung von familiären Werten eintritt". Swana Rode darf leider keine Konkurrentin zu Beate sein, dafür haben ihr die Autoren zu dümmliche Sätze gegeben, die Nazi-Braut mit politischer Karriere nimmt man ihr allerdings auch nicht ab, umso weiter das Stück fortschreitet, desto stereotyper und plumper wird ihre Figur. "Elke, eine junge Mutter, die sich nicht vorstellen kann, ein zweites Kind zu bekommen und vor der Frage steht, wie sie nun mit einer ungewollten Schwangerschaft umgehen soll". Marie-Joelle Blazejewski als alleinerziehende und erneut schwangere Mutter darf ein bißchen verzweifelt sein, doch um ihr privates Drama geht es nicht offiziell. Die "konservative Notarin Gudrun, der die „Abtreibungspraxis“ im Ort schon immer ein Dorn im Auge war" wird von Ute Baggeröhr entsprechend unsympathisch als Nazi-Symphatisantin gespielt. Angelika -"Bürgeramtsleiterin und Freundin von Beate" ist die uninteressanteste Figur des Stücks, Claudia Hübschmann hat wenig Profilierungschancen. Sarah Sandeh ist als Sprechstundenhilfe Mira "mit Wurzeln in Syrien, die vielleicht aus der eigenen Fluchterfahrung heraus die im Stück geschilderte Gefahr von Rechts klar erkennt". Uiuiuiuiuiuiui! Mit den Fakten nimmt es das Karlsruher Schauspiel nicht so genau, man präsentiert dem Publikum Gefühle als alternative Fakten, "Gefahr von Rechts" ist insbesondere ein Relotius-Konstruktion, die nicht belegbar ist. Minderheiten werden gerne überschätzt, soziologisch (mehr hier) ist weder die "Mär vom Rechtsruck" haltbar noch verschieben sich die "Grenzen des Sagbaren" und auch das radikale Potential ist konstant. Kein Grund zur Entwarnung, kein Grund zur Sorge, die Mitte hat es selber in der Hand. Wie Frauensache mal wieder zeigt, muß sich die bundesdeutsche Demokratie gegen diskussions- und demokratiefeindliches Denken an beiden politischen Rändern schützen.
   
Fazit (1): Seitdem Peter Spuhler Intendant des Badischen Staatstheaters geworden ist,  wird das Theater ideologisch instrumentalisiert und zum "Herstellungsort korrekter Gesinnung" gemacht. In der NZZ fand sich dazu ein passender Satz: "Der häßliche Deutsche trägt nicht mehr Stahlhelm und Wehrmachtsuniform. Er hält stattdessen in allen Lebenslagen eine gesinnungsethische Lektion bereit". Es ist ein lohnenswerter Perspektivwechsel, das ideologische Erbsenpüree der Theaterleitung auf diese Weise zu betrachten. Wer immer auch Spuhler lieber früher als später als Intendant nachfolgen wird, er wird hoffentlich in jeder Hinsicht höhere Anforderungen stellen. Es ist erschreckend genug, daß nach 1945 und 1989 erneut ein so offen plumpes und tumbes Propagandastück auf die Bühne kommen kann.
  
Fazit (2):
Der große Lyriker Gottfried Benn hatte schon im letzten Jahrhundert darauf aufmerksam gemacht, daß das Gegenteil von Kunst mit "gut gemeint" treffend charakterisiert wird, mit Botho Strauß kann man für gut gemeintes Theater ergänzen:  "Heute ist das Gutgemeinte gemeiner als der offene Blödsinn".
 
PS: Auch der pauschalen Diffamierung streng religiöse Gruppen muß deutlich entgegen getreten werden. Es gibt  religiöse Menschen, die für die Menschenwürde kämpfen und deshalb Abtreibung als Tötung schutzlosen ungeborenen Lebens strikt ablehnen. Diese Lebensschützer stellen das Recht auf Leben über das Selbstbestimmungsrecht der Mutter. Eine legitime Ansicht. Der Glaube an Gott versetzt Berge, seit den Christenverfolgungen im alten Rom haben Christen ihr Leben gegeben, um in der Wahrheit Gottes zu leben. Es waren Zeugen Jehovas die sich im 3. Reich als Kriegsdienstverweigerer (mehr hier) hinrichten ließen ("Zu Kriegsbeginn hatte es zahlreiche Hinrichtungen wegen Kriegsdienstverweigerung gegeben. Von 117 Todesurteilen, die allein das Reichskriegsgericht im ersten Jahr fällte, betrafen 112 die Zeugen Jehovas. .... Bis zum Ende des Krieges führte das Reichskriegsgericht rund 80 Prozent aller derartigen Verfahren gegen Zeugen Jehovas"). Wer sich von göttlicher Moral durchdrungen fühlt, kann radikal sein. Solange diese Radikalität nicht politisch oder gewalttätig wird, muß sie toleriert werden. Die Gefahr für die persönliche Freiheit und die Meinungsfreiheit geht vielmehr von den Protestierenden aus, die bspw. Andersdenkenden den Zugang verwehren oder ihre Freiheit eingrenzen. Die falsch gelebte "Political Correctness" und das Gefühl der eingeschränkten Meinungsfreiheit sind in der Hinsicht aktuell die größere Bedrohung für die deutsche Demokratie.

Besetzung und Team:
Beate (63) Frauenärztin, im Gemeinderat der Stadt: Lisa Schlegel
Hanna (28) Frauenärztin: Swana Rode
Mira (28) Sprechstundenhilfe: Sarah Sandeh
Angelika (46) Amtsleiterin (Bürger- und Servicedienste): Claudia Hübschmann
Gudrun (34) Notarin, im Gemeinderat der Stadt: Ute Baggeröhr
Elke (24) Alleinerziehende Mutter: Marie-Joelle Blazejewski

Regie: Alexandra Liedtke
Bühne: Simeon Meier
Kostüme: Johanna Lackner

1 Kommentar:

  1. Vielen lieben Dank für die durchweg freundlichen und konstruktiven Nachrichten zu diesem plumpen Agitprop-Rückschlag im Karlsruher Schauspiel. Dieser Blog bespricht Theater, Politisches hingegen nur insoweit, wie es zum Verständnis des Theatergeschehens erforderlich ist. Da es in der Natur des propagandistischen Theaters liegt, einseitig und überzeichnet zu sein und schlichte Feindbilder zu schaffen, ist die Kritik des Theaterstücks auch die Kritik des politischen Ungeists, mit dem hier die Bühne instrumentalisiert und das Publikum belehrt wird, auch wenn dieser Ungeist sich wiederum gegen anderen Ungeist richtet. Irgendwie "gut gemeint" ist keine Entschuldigung für fehlende Qualität, sondern für ein Theater eine Bankrott-Erklärung. Deshalb mach ich mir stets die Mühe, mehr zu schreiben und Perspektivwechsel dann anzubieten, wenn das Theater seiner Aufgabe, Fragen zu stellen und Vordergründiges zu hinterfragen, nicht gerecht wird. Da sich bei diesem Stück Theatralisches und Politisches nur bei genauer Wortwahl trennen lassen, werde ich hier ausnahmsweise keine Kommentare veröffentlichen, da politische Diskussionen nicht hierher gehören und mir aktuell die Zeit und das Interesse fehlt, sie zu moderieren.

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