Nicht alles, was glänzt, ist Gold
Ein neuer Nibelungen-Ring beginnt in Karlsruhe und beginnt auch wieder
nicht, denn innere Zusammenhänge und Folgerichtigkeit kann man bei vier
Regisseuren nicht erwarten und schon gar nicht voraussetzen und sogar bei den vier Szenen des gestrigen Rheingolds kann man sie bereits vermissen. Jede Oper
wird für sich produziert, man ahmt das Stuttgarter Konzept des
damaligen Intendanten Klaus Zehelein von 1999 nach. Die vier Regisseure
in Karlsruhe nehmen keinen inhaltlichen Einfluß aufeinander, es soll
aber einige wenige szenische Bezüge geben, die vier Inszenierungen scheinen
sich nicht ganz hermetisch gegeneinander abzugrenzen.
Das neue Karlsruher Rheingold muß mit zweierlei Maß gemessen werden: die musikalisch ansprechende Premiere hatte doch eine zentrale Schwäche. Die Inszenierung ist kurzweilig und unterhaltsam, teilweise visuell augenfällig attraktiv mit vielen guten kleinen Einfällen und ist doch nur gutes Handwerk, dem etwas Entscheidendes fehlt - es ist ein Rheingold ohne Sinn und Tiefe und ohne Personenentwicklung. Zum Ansehen und Anhören, aber nicht zum Mitdenken. Der gestrige Auftakt geriet szenisch seltsam bedeutungslos, eine
Illustration ohne Folgen, Ideen ohne Aussage, ein unwesentliches
Rheingold, nett anzuschauen, doch ohne Triftigkeit und in gewisser Weise eine verpaßte Chance für den Regisseur und die Karlsruher Oper.
Was ist zu beachten?
Rheingold ist eine dramaturgisch eigenständig tragfähige Schöpfung, die durch ihre phantastische Szenerie für jeden Regisseur dankbar ist: es gibt viel Handlung, mehr Geschehen als im Rest des Rings, nur wenig Reflektion und durch den Kontrast mit der Figur des Loge, der das Geschehen ironisch kommentiert, erhält das Rheingold teilweise den Charakter einer Komödie zur Eröffnung des Götterdramas. Regisseur David Hermann interpretierte das Rheingold vorab als Thriller, ein Kampf um Macht und Einfluß, Machtspiele und Betrug, Intrigen und Verrat, der Ring ist das Symbol der Macht – eine Konstellation, die spannend klingt, aber in der Karlsruher Inszenierung nie spannend wird. Die Regie verzichtet auf die Bürde inhaltlicher Bedeutung und Aussage und verhält sich rein illustrativ, man sieht keine schlüssigen Konkretisierungen.
Worum geht es und wie ist es umgesetzt?
Es gibt zwei Erzählebenen - die Handlung der Oper und eine vom Regisseur hinzugefügte, die parallel erzählend den ganzen Ring zeigt. Wer als Zuschauer Handlung und wichtige Szenen des kompletten Rings
noch nicht kennt, wird einiges nicht verstehen oder nur erahnen können -
also einlesen und vorbereiten. Es ist kein Rheingold für
Einsteiger!
Zuerst zum Rheingold:
1.Szene: Der
ganze Nibelungen-Ring entspringt der erotischen Demütigung des Alberich
durch die Natur, die grausamen Rheintöchter (in der Karlsruher Inszenierung Naturwesen und
zuerst Bestandteil der natürlichen Ordnung und in zeitlos
dahinplätschernder Existenz, also mythische Figuren ohne gesellschaftspolitische Konkretisierung) verspotten sein Liebeswerben und
verursachen Aggressivität, Gewalt und Sexualisierung. Die Rheintöchter
sind musikalisch lieblich und als Wesen spielen sie mit Alberich wie die
Katze mit der Maus. Der unattraktive und musikalisch entsprechend plump
und reizlos geschilderte Alberich erkennt die Alternative - „Erzwäng ich nicht Liebe, doch listig erzwäng' ich mir Lust?" Wer
nicht geliebt wird, der kann sich zumindest hassen lassen, wer keine positiven Gefühle bekommt, kann sich negative erzwingen. Macht und
Gewalt als Ventil für erotische Zurückweisung, Bosheit für Spott, Haß
für Erniedrigung - ein Verständnisschlüssel, um das Defizit der Haß- und
Gewaltbefürworter zu ergründen, die mit ihrem Verhalten aus psychologischer Sicht Wirkung und nicht Ursache sind. Oder in den Worten des Königsberger Philosophen Immanuel Kant: "Der Mensch will Eintracht; aber die Natur weiß besser, was für seine Gattung gut ist: sie will Zwietracht.". Alberich wird in dieser Inszenierung nicht konkretisiert, seine Kleidung spezifiziert keinen besonderen Status, das an die Macht gekommene Ressentiment verwandelt sich nicht, auch im dritten Bild sieht man keinen Neureichen oder irgendwie veränderten Alberich - eine Figur ohne Tiefe und Entwicklung. 'Die Rheintöchter und Erda erscheinen nicht wie Menschen, sondern wie
Wesen anderer Art. Sie stehen als Figuren für die ewige, natürliche Zeit', erklärt der Regisseur im Beiheft. Also ein mythischer Ring-Auftakt? Nein, nur das visuell attraktive erste Bild hat etwas Mythisches und erscheint im Zusammenhang ohne Folgen. Im zweiten Bild wechselt der Ring komplett sein Ambiente. Der Regisseur erklärt: "In der 1. Szene wollte ich eine sehr textgetreue Inszenierung machen, wo tatsächlich stattfindet, was Wagner intendiert hat und eine gewisse Glaubhaftigkeit und Poesie bekommt, auch etwas Märchenhaftes, weil die Rheintöchter für mich zu einer anderen Ebene gehören." Dem Urkonflikt gibt der Regisseur wenig Bedeutung. Ein erstes Bild ohne Überraschungen und Perspektiven, aber optisch ansprechend und sehenswert.
2.Szene: Wer sind Nibelungen, Götter und Riesen? Der Regisseur erklärt: "Die Nibelungen sind Menschen, die mit ihren Händen arbeiten und Güter
herstellen, während die Götter eher Kapital verwalten, Verträge
abschließen und Macht durch Netzwerke aufbauen. Die Riesen stehen
zwischen diesen beiden. Sie besitzen einerseits ein Bauimperium, sind
andererseits aber auch Architekten. Sie sind den Göttern näher." Wer sind also Götter und Riesen? Gut situierte Alltagsfiguren ohne Machtinsignien (Wotans Speer ist lediglich als leeres Symbol vorhanden). Es gibt einen Stilbruch zum zweiten Bild, der Regisseur will nun auf einmal ein Kammerspiel mit "alltäglichen Bösartigkeiten" zeigen. Wotan scheint ein mittelständischer Bau-Unternehmer zu sein, man sieht Leitz-Ordner, ein Konferenzraum mit Kaffee-Ecke, Anzüge und Hemden, aber keine Krawatten, Fricka im Kleid könnte ins Büro gehen, Donner wirkt wie ein Yuppie, er trägt zu seinem farblich auffälligen Anzug ein Shirt und keine Socken, zusammen mit Froh wirken die beiden wie ungezogene, unterbelichtete jüngere Bruder Wotans. Freia, die Göttin der Jugend, trägt ein buntes Blumenkleid und ist in Fasolt verliebt, die Architekten Fasolt und Fafner haben identische Anzüge (ihr musikalisch wuchtiger Auftritt als Riesen hat keine Entsprechung auf der Bühne), Wotan unterscheidet sich nur farblich von ihnen. Loge hat einen knöchellangen Mantel und ungepflegte lange Haare. Irgendwie fehlt nur noch der Aktenkoffer als unerläßliches Wagner-Utensil des Regietheaters vergangener Jahrzehnte (und irgendwie erscheint mir dieses Rheingold wie aus Versatzstücken früherer Ästhetiken zusammengesetzt!?!). Also kein Hochglanz-Reichtum, auch keine Schaltzentrale der Macht, die Fallhöhe der "Götter" wird auf menschliches Maß gestutzt. Wohin will der Regisseur mit dem Publikum gehen? Nirgendwohin, es folgen Einzeleinfälle ohne Ziel. Die Ehekrise, musikalisch hörbar, wenn Fricka Wotan weckt, hat szenisch keine Nachwirkungen. Wotan
ist also kein Politiker, der Versprechen und Verträge nur ernst nimmt, wenn
sie ihm nützen und das Recht beugt, solange er am längeren Hebel sitzt, sondern ein durchschnittlicher Geschäftsmann. Wagner verglich Wotan bekanntlich mit Robespierre, also einem rücksichtslosen Machtpolitiker, der über Leichen ging - hier nützt diese Vorgabe nichts, seinen Immobilienerwerb kann er nicht bezahlen, der Pfand Freias erschloß sich mir ebensowenig wie die Idee zu Wotan, der als schwache Figur in jeder Hinsicht blaß bleibt. Und Loge? Auch er ist als Figur vorhanden, doch was ist er hier? Nichts scheint mir bei dieser Inszenierung einen guten Grund jenseits der Illustration zu haben.
3.Szene: Der Weg ins Bergwerk der Nibelungen ist musikalisch seiner Zeit Jahrzehnte voraus, 1853 komponierte Ausbeutung, Schuften ohne Tarifvertrag und Mindestlohn - der Regisseur beläßt es bei Andeutungen. Ein Generator, ein Eingang zum Bergwerk - das reicht. Als Zuschauer verabschiedet man sich spätestens hier von der Vorstellung, nach dem Karlsruher Ring des Regisseurs Denis Krief im letzten Jahrzehnt, der das Motto "Zurück zum Mythos" hatte, könnte hier ein ambitionierterer Plan vorliegen. Der Regisseur will keine Geschichte erzählen, sondern Episoden bebildern, und das gelingt ihm gut, doch stets ohne Figurenentwicklung. Die Transformation des Alberich - aus dem unbeholfenen, marginalisierten Unterschichtler ist nun das an die Macht gekommene Mißtrauen geworden - findet nicht statt. Die Eitelkeit
und das Überlegenheitsgefühl des neureichen und zu unbedarften
Emporkömmlings, den die alten Eliten mit Leichtigkeit übertölpeln, findet -wie so vieles- keine Konkretisierung.
Die 4.Szene könnte als Triumph enden. Wenn das Rheingold als Einzeloper betrachtet würde, dann ziehen die Götter (wenn es denn welche gäbe oder sie irgendwie charakterisiert wären - das Manko dieser Inszenierung ist die Personenzeichnung und -entwicklung) triumphal in Walhall ein, begleitet von Unkenrufen einiger Neider. Ohne die Vorschau auf Walküre, Siegfried und Götterdämmerung könnte man das Rheingold als Apotheose der gewissenlosen Macht und des Zynismus bebildern. Könnte man, passiert aber nicht, denn obwohl man einen 4-Regisseure-Ring hat, will Regisseur David Hermann den ganzen Ring im Rheingold zeigen und läßt die Oper als Götterdämmerung mit dem Untergang enden. Szenisch endet das Rheingold wie es begann und täuscht das Zyklische nur vor. Was ist der Keim zu Wotans Untergang? Hier wurde es mir nicht klar. Der Gott wird durch Freiheit sein
Einschüchterungs- und Risiko-Potential verlieren, der Gott
des selbstverständlich anmutenden Feudalismus wird zum Gott des
aggressiven Kapitalismus bevor er überflüssig ist und eine neue Epoche
beginnt. Ob es eine bessere, eine andere oder eine Variation sein wird,
entscheidet der Regisseur der Götterdämmerung, die in 17 Monaten zu
sehen ist. Der Regisseur läßt es sich leider nicht nehmen, den Untergang vorwegzunehmen. Und damit ist die zweite Erzählebene erreicht: Die Besonderheit dieser Inszenierung ist die Vorwegnahme und Parallelisierung des ganzen Rings im Rheingold durch stumme Darsteller.
"Wahrnehmungsexperiment"
oder
Was ist zusätzlich zu sehen?
Laut Regisseur hat Wotan Vorahnungen und sieht in die Zukunft, auf einer zweiten Ebene werden Episoden des ganzen Rings gespielt, es gibt laut Regisseur "die zukünftige Zeit, die die Konsequenzen von Wotans Handeln widerspiegelt, das unentrinnbare Schicksal. Diese Ebene habe ich in das Stück eingefügt." Man sieht Parallelen zwischen Vorspiel und den Folgen: "Wenn
Wotan Alberich den Ring entreißt, tut er das mit der gleichen Vehemenz,
mit der in der Götterdämmerung sein Enkel Siegfried Brünhilde den Ring
entreißt. Wenn Fafner im Rheingold seinen Bruder Fasolt erschlägt, um
den Ring zu behalten, wiederholt sich die Szene in der Götterdämmerung zwischen Hagen und seinem Halbbruder Gunther." Solche Analogien werden in Parallelszenen sichtbar.
Der Regisseur frägt sich, "wie viel Ring im Rheingold steckt? Wie wäre es, wenn Wotan die Folgen seines Tuns schon zu Beginn der Tetralogie sieht?" Wieso sollte er dann noch so handeln, wie er es tut? Wieso sollte Wotan im Rheingold bereits um das Scheitern seines Plans
wissen? Einen Mehrwert hat diese Entscheidung nicht. Leitmotivisch
erblickt Wotan erst am Ende die Zukunft, das Schwertmotiv verkündet den
Geistesblitz, um den Ring von Fafner zurückzugewinnen. Wer den Ring kennt, dem erscheint dieses (in den Worten des Regisseurs) "Wahrnehmungsexperiment" bestenfalls als leere Geste: ein netter Einfall ohne Folgen. Sogar Justin Brown widerspricht interessanterweise im Programmheft: Wotan begreift in der Walküre, daß er nicht gewinnen kann. Das ist .... der Schlüssel zu Wotan und vielleicht zum ganzen Ring."
Fazit (1): Befreit von der Last, den ganzen Ring schlüssig
erzählen zu müssen, läßt sich der Regisseur doch von einer freiwillig
auf sich genommenen Überlast der Gesamterzählung erdrücken - er wählt
den Weg der Mimikry: Eine polyphone Erzählästhetik, die weder
psychologisch, politisch oder
wirtschaftlich diagnostiziert, die weder analysiert noch konkretisiert und sich auch dem Mythos nicht konsequent öffnet, oder anders ausgedrückt: die vier Szenen
des Rheingolds nehmen in der Ziellosigkeit die vier Ring-Oper der
unterschiedlichen Regisseure vorweg.
Was ist zu hören?
Nach 2008 und Ring-Zyklen 2011 und 2013 ist es nun erneut die Chance für den Karlsruher Musikdirektor, seine starke Affinität zur Musik Richard Wagners unter Beweis zu stellen. Justin Brown nutzte die Gelegenheit nicht ganz, er hielt die Spannung nicht immer hoch und der Handlungsfluß lahmte etwas im 2. Bild, die Bläser verwackelten gelegentlich und trübten etwas den guten Gesamteindruck, der sich vom genialen Durchbrechen der Stille durch die brummenden Kontrabässe zu Beginn bis zum Walhall-Einzugsmarsch spannt.
Die meisten Bravo-Rufe erhielten die beiden Sänger, die in ihren Rollen sowohl stimmlich als darstellerisch überzeugten: Jaco Venter als Alberich und Matthias Wohlbrecht, der erneut seine Paraderolle als zwielichtiger Loge bot. Es war nicht der Abend von Renatus Meszar, der vom Regisseur als schwacher Wotan kaum charakterisiert wurde und stimmlich ebenfalls der Rolle keinen Stempel aufdrücken konnte - ein durch und durch blasser Wotan. Für Fricka hatte man als Gast Roswitha Christina Müller, die stimmlich einen sehr guten, aber zu neutralen Eindruck hinterließ. Schade, daß auch sie szenisch unauffällig blieb, die Ehekrise mit Wotan fand nicht statt, Fricka ist unauffällige Hilfskraft im Büro ihres Manns.
Ein Versprechen für die Zukunft ist der Baß von Yang Xu, der frisch vom Opernstudio ins feste Ensemble gewechselt ist und Fasolt sang - er könnte Nachfolger von Mika Kares werden, wenn er noch mehr stimmliche Emotionalität einbringt. Weiterhin in guter Form: Agnieszka Tomaszewska als etwas zu beiläufige Freia, Avtandil Kaspeli als düsterer, aber etwas zu zurückhaltender und unbedrohlicher Fafner, der spielfreudige James Edgar Knight als Froh und ein stimmgewaltiger Seung-Gi Jung als Donner. Woglinde (Uliana Alexyuk), Wellgunde (Stefanie Schaefer) und Floßhilde (Katharine Tier) ergänzten sich stimmlich gut. Viel Applaus gab es für Klaus Schneider, der als gequälter Mime fast schon eine Luxus-Besetzung ist (tatsächlich wird er auch noch als alternative Besetzung des Loge zu hören sein). Als Erda konnte Ariana Lucas nicht ganz an die Abgründigkeit ihrer Vorgängerinnen in dieser Rolle anknüpfen.
Fazit (2): Viel Applaus und Bravo-Rufe sowie einige Buhs für ein unterhaltsames Rheingold mit einigen musikalischen und optischen Qualitäten. Es ist kein politischer oder wirtschaftspolitischer Ansatz, keine mythische Deutung - ja, was ist denn das nun für ein Ring-Auftakt? Einfach nur Illustration ohne bestimmtes Ziel. Man kann sich ordentlich unterhalten, doch gerade bei einem neuen Ring nach so kurzer Zeit hätte man in Karlsruhe mehr erwarten dürfen - nämlich Triftigkeit. Der Regisseur nützt die Gelegenheit nicht, ganz losgelöst nur das Rheingold zu inszenieren und zu interpretieren und verpaßt die Chance zur unabhängigen Erzählung.
PS: Das Prestigeprojekt des Intendanten
Es war erst vor drei
Jahren, daß das Badische Staatstheater Wagners Ring zuletzt zyklisch
zeigte. Wieso gibt es schon wieder eine neue Produktion, obwohl die
Wartefrist für das Publikum noch lange nicht ausgereizt ist und für das
Publikum und das Repertoire durchaus andere Prioritäten bestehen? Der
neue Nibelungen-Ring ist das Prestigeprojekt von Intendant Peter
Spuhler, er scheint den Ring für seinen weiteren Karriereweg stemmen zu
wollen. Wer die offiziellen Fotos und Texte des Staatstheater sichtet,
wird Operndirektor Fichtenholz kaum finden: in den Texten wird der
Intendant zitiert, auf den Fotos sieht man ihn in den
Konzeptionsgesprächen mit dem Inszenierungsteam - Bild und Text sprechen
eine klare Sprache: es ist Spuhlers Ring. Da es anscheinend keine
überzeugende Gesamtidee gab, kopierte Spuhler das Stuttgarter Konzept,
nahm vier durchaus starke Regisseure und hofft, daß das Publikum und
die handzahme Presse auf sein Ringkonzept der Einfallslosigkeit und
Improvisation (der Euphemismus dafür ist im manipulierenden Sprachgebrauch
"Vielfalt") mit Nachsicht reagiert.
Team und Besetzung
Woglinde: Uliana Alexyuk
Wellgunde: Stefanie Schaefer
Floßhilde: Katharine Tier
Alberich: Jaco Venter
Fricka: Roswitha Christina Müller
Freia: Agnieszka Tomaszewska
Wotan: Renatus Meszar
Loge: Matthias Wohlbrecht
Mime: Klaus Schneider
Fasolt: Yang Xu
Fafner: Avtandil Kaspeli
Froh: James Edgar Knight
Donner: Seung-Gi Jung
Erda: Ariana Lucas
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Lieber Honigsammler,
AntwortenLöschenSie fragen "Wieso sollte er (Wotan) dann noch so handeln, wie er es tut", wenn der die Folgen seiner Taten - in unserer Inszenierung übrigens meist erst nachher - sieht? Meine Antwort wäre mit Richard Wagner: Weil er im selben tragischen Verblendungszusammenhang befangen ist, wie Ödipus. Das ist die berühmte "tragische Ironie". Beide versuchen das vorhergesagte Unheil abzuwenden und verursachen es dadurch erst. Wotan sagt das gleich in seinen ersten Worten.
Herzlichen Dank Herr Dr. Kehrmann für Ihre Klarstellung. Wenn ich mir das Rheingold erneut anhöre/-sehe, werde ich den tragischen Verblendungszusammenhang im Kopf behalten.
LöschenIch habe nach der Premiere das von Ihnen erneut hochinformativ geschriebene Programmheft mit viel Interesse gelesen und will mich hier noch bei Ihnen für die sorgfältig zusammengetragenen Hintergrundinformationen bedanken, die für mich einiges Neues beinhalteten.
http://der-neue-merker.eu/karlsruhe-das-rheingold-ring-menue-in-vier-gaengen-premiere
AntwortenLöschengruß Klaus
Vielen Dank! Wie mir heute erzählt wurde, kriegt man am Badischen Staatstheater auch gute Kritiken für die Inszenierung als Mitleidsbonus wegen den Sparandrohungen. Der neue Merker gehört in der Hinsicht offensichtlich zu den redlichen Seiten.
LöschenLieber Honigsammler,
AntwortenLöschenes ist gut zu lesen, dass auch der Merker und Sie die Angelegenheit prinzipiell ähnlich sehen. Manchmal frage ich mich, wie es sein kann, dass ich bei einer derartigen künstlerischen Leistung anscheinend der Einzige bin, der das Gezeigte schwach fand oder ob der Rest am Des-Kaisers-neue-Kleider-Syndrom leidet. Wenn man sich die Presseberichte durchliest, fällt einem auf, wie nonchalant die meisten Kritiker über die sängerischen Leistungen hinwegsehen und das Regiekonzept bestenfalls beschreiben, aber nicht bewerten. Ist das wirklich der "Mitleidsbonus" ?
Beste Grüße,
Florian Kaspar
Hallo Herr Kaspar,
Löschenes freut mich übrigens, daß sich Ihr Blog Opernschnipsel so gut etabliert hat. Ich persönliche nehme sehr gerne lesend teil an Ihren Besuchen!
Ich habe mich auch gewundert mit welcher leichtfertigen Arglosigkeit manche Zeitungen über Sänger und Inszenierung geschrieben haben. Nun kenn ich das Phänomen selber, oft formuliere ich bei Künstlern freundlicher als ich es empfunden habe, denn es gibt Tagesformen, Unpässlichkeiten und Mißgeschicke, die außerhalb meiner Berücksichtigung liegen können. Regisseure haben genug Zeit der Vorbereitung zur Gedankentiefe und gerade bei einem Ring sollte der Anspruch an die Regie höher angesetzt werden als bei einer Barock-Oper. Daß die fehlenden Zusammenhänge und roten Fäden im Rheingold von vielen Pressevertretern konsequent zugunsten von vielen kleinen und teilweise guten Einfällen auf Nebenbaustellen übersehen werden, erscheint mit nur dann erklärlich, wenn es sich um Ignoranten und/oder um Schönwetterschreiber handelt. Der "Mitleidsbonus" erscheint mir da im zweiten Fall noch am plausibelsten, gerade auch deswegen, weil die sängerische Durchschnittlichkeit mancher Rollen nun wirklich kaum zu überhören waren.
Alternativ kann man sonst noch vermuten, daß die Zeitungskrise und die daraus resultierenden Finanzprobleme dazu führen, daß viele den Job des Journalisten nicht ergreifen, weil es zu wenig Geld dafür gibt. Die Posten sind deshalb in der Hand weniger ambitionierter Schreiber ....
Tatsächlich kam mir das Rheingold wie eine gute Alibi-Regie vor, die konsequent am Kern vorbei inszeniert aber dafür das Drumherum gut in Szene setzt. Bei der Walküre im Dezember erwarte ich deutlich mehr.
Hallo,
AntwortenLöschenMelton singt in Bayreuth die Siglinde.
In Karlsruhe die 3 Brünnhilden
Gruß Klaus
Danke für den Hinweis. Ich freue mich für Melton und hoffe, daß die Walküre-Vorstellungen für sie unter einem guten Stern stehen.
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