Donnerstag, 19. Februar 2015

Händel - Teseo (Generalprobe), 18.02.2015

Teseo Fazit (1):  
Musikalisch & sängerisch: hochwertig
Regie & Inszenierung: bieder und langweilig

Die gestrige öffentliche Generalprobe hinterließ sehr gemischte Gefühle. Obwohl es nur eine Probe war, überzeugten bereits die Sänger und lassen eine erfolgreiche Premiere erwarten.  

Die Seele der Karlsruher Händel Festspiele sind die Musiker der Deutschen Händel Solisten, also des aus Experten für Barockmusik zusammengesetzten Festspielorchesters, das Jahr um Jahr Händels Musik so wunderbar zum Leben erweckt. Viele Orchester wagen sich an diese Musik, viel Klein- und Kleinst-Ensemble stehen bereit, doch das Klang- und Ausdrucksspektrum der Händel Solisten ist exquisit und außergewöhnlich. Dirigent Michael Form und seine Musiker machten die gestrige Generalprobe bereits fast durchgängig zum Genuß, nur einige langsame Tempi verschleppten den Spielfluß.

Was hat man sich nur bei der Inszenierung gedacht?
Positiv könnte man sagen: sie stört kaum und lässt sich ignorieren. Wer nur zuhören will, wird nicht abgelenkt.
Die Intendanz Spuhler ist nun nicht gerade für künstlerische Substanz bekannt. Dennoch ist es auch für sie mutig, dem Publikum ein solches szenisches Nichts anzubieten. Man könnte von einer schwach und überwiegend lieblos bebilderten konzertanten Aufführung mit Spielelementen sprechen. Ein Aneinanderreihen von Versatzstücken, die so bereits vor 30 Jahren unaufregend gewesen wäre. Die Personenführung wirkt derart altmodisch, unbeholfen und einfallslos, daß man geneigt sein könnte, von einer Verlegenheitslösung zu sprechen. Und tatsächlich: angekündigt wurde vor einem Jahr das Inszenierungsteam Nico & The Navigators. Zu Beginn der Spielzeit wurde dann bekannt, daß ein junger Nachwuchsregisseur übernimmt. Leider hatte der nun gar keine Ideen. Es ist alles andere als ein Feuerwerk, was in Karlsruhe zu sehen ist - das Bühnengeschehen ist einfach zu schwach und ungenügend.
Mehr zu Musik, Sängern, Regie und Inszenierung dann nach der Premiere.
           
Besonderheiten
  • Das Libretto basiert auf einer französischen Textvorlage, die der Komponist Jean-Baptiste Lully in der Oper Thésée für den Sonnenkönig Louis XIV. vertonte und 1675 aufführte. Teseo hat dementsprechend die für die französische Theaterbühne üblichen fünf Akte statt drei und kürzere Arien. Händels Teseo ist mit ca. 155 Minuten Spieldauer eigentlich deutlich kürzer als viele andere seiner Opern. Gestern brachte es Dirigent Michael Form auf ca 180 Minuten Spieldauer. Mit Pause benötigte man 3,5 Stunden.
  • Teseo trägt als einzige Händel Oper die Gattungsbezeichnung Dramma tragico. Gestern war nur die langweilige Regie ein dramma, tragico wirkte das Unvermögen und die Phantasielosigkeit der Inszenierung.
  • Teseo (uraufgeführt 1713) gehört neben den benachbarten Opern Rinaldo (1711), Amadigi (1715) sowie der späten Alcina (1735) zum Typus der Zauberopern. Die Zauberin in Teseo ist dabei speziell, und zwar von der eifersüchtig-rachsüchtigen Sorte. Von Zauber war gestern nichts zu merken. Die Inszenierung hat nichts Packendes oder Zauberhaftes zu bieten.
          
Worum geht es?

König Egeo von Athen und seine Braut Medea (und zwar ist das die berüchtigte Medea der Argonautensage, die ihre Kinder tötete. In der Karlsruher Inszenierung ist die Erinnerung an sie gegenwärtig) wollen heiraten, doch begehren beide andere. Egeo will lieber Agilea heiraten, die verwaiste Tochter eines früheren Königs. Medea verlangt es nach Teseo (das ist Theseus der u.a. den Minotaurus tötete und Ariadne auf Naxos sitzen ließ, wo sie sich dann mit Dionysos verband), einem Helden ungekannter Herkunft, der das von einer namenlosen Macht bekriegte Athen verteidigt und rettet. Doch die beiden Begehrten Teseo und Agilea lieben einander und so beginnt die Eifersucht: Egeo beneidet Teseo und offenbart sich Agilea, Medea will Agilea zum Verzicht auf Teseo zwingen. Als Agilea aber nicht nachgibt, wird sie von der über Zauberkräfte verfügenden Medea entführt und gequält. Dabei erkennt diese die Tiefe, Integrität und Aufrichtigkeit der Gefühle zwischen Teseo und Agilea. Aus Rache schmiedet sie ein Mordkomplott: alle drei sollen sterben und Egeo soll Teseo töten. Doch es gibt eine unerwartete Wendung: Egeo erkennt, daß Teseo sein Sohn aus einer früheren Affäre ist. Mit göttlicher Unterstützung halten sie der wütenden Medea bis zum Happy-End stand.
Kontrastiert wird diese Viererbeziehung durch ein weiteres, komisch-eifersüchtiges Nebenpaar: Arcane und Clizia.

Beziehungsgeflecht