Die neue Saison der Symphoniekonzerte startet mit einer sinnvollen Neuerung: die Konzerte beginnen nun nicht mehr um 20 Uhr, sondern um 19.30. Zuletzt begann gegen 22 Uhr oft bereits mitten im Konzert eine geringe, aber merkliche Abwanderung, da manche, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus dem Umland kommen, ansonsten aufgrund veränderter Fahrpläne bis zu einer Stunde länger warten müssen, wenn das Konzert kurz nach 22 Uhr endet. Auch sonst scheint es sinnvoll, die im Vergleich mit anderen Theatern späte Standard-Anfangszeit von 20 Uhr zukünftig einheitlich auf 19.30 oder sogar 19 Uhr zu verfrühen.
Reger, Schumann und Mozart und eine namhafte Solistin: GMD Georg Fritzsch eröffnete die Spielzeit mit einer klassischen, aber etwas drögen Programmauswahl mit Ouvertüre, Solistenkonzert und Symphonie
Das späte, 1853 komponierte Violinkonzert d-Moll, op. 129 von Robert Schumann (*1810 †1856) ist nicht gerade populär. Es gehört zu den letzten Werken, die Schumann vor seinem Zusammenbruch und seinem Tod im Jahr 1856 geschrieben hat und wurde von Ehefrau Clara zurückgehalten. Nach einer Probe in Leipzig kamen der für die Uraufführung gewählte Violinist Joseph Joachim und Clara Schumann zum Entschluß, das Konzert nicht aufzuführen. Erst 1937 erfolgte eine Umarbeitung (das überwiegend in den tiefen Lagen erklingende Konzert wurde dabei angeblich von Paul Hindemith oft höher transponiert) als Uraufführung durch den Geiger Georg Kulenkampff und das Philharmonische Orchester Berlin (eine Aufnahme findet man bspw. hier auf youtube). Das Konzert verdankt seine Wiederentdeckung einer unseligen Zeit, in der man das ungleich beliebtere Konzert des verfemten Mendelssohn nicht mehr spielen durfte.
Man rechtfertigt Schumanns letztes vollendetes Orchesterwerk oft, indem man es zum Schwanengesang stilisiert. Doch es fehlt dem Violinkonzert die konsistente Dichte und Stimmung, es ist weder dramatisch noch lyrisch, weder freudvoll noch seelenvoll oder qualvoll. Es wirkt schlicht und einfach wie ein Beispiel nachlassender Schaffenskraft. Baiba Skride ist eine durch CD-Aufnahmen bekannte Violinistin, die auch schon dieses Konzert eingespielt hat, und sich als richtige Wahl erwies, um es mit Leben zu füllen. Bei ihr erklang das Konzert mit schönem, behutsam tastenden Klang und fragiler Achtsamkeit. Im ersten Satz In kräftigem, nicht zu schnellem Tempo (nicht zu schnell) gelangen die Variationen und Wechsel zwischen Solistin und Orchester. Der langsame Satz klang bei Skride ganz introspektiv, melancholisch im Schatten singend in sehr behutsamer Resonanz. Schumann führt das im Schlußsatz Lebhaft, doch nicht zu schnell nicht überzeugend fort und kann die aufgebaute innere Stimmung nicht aufnehmen. Als eine stattliche Polonaise bezeichnete Joachim den darüber erfreuten Schumann gegenüber den würdevoll gemessen klingenden Schluß, und so klang es auch. Eine engagierte Interpretation der lettischen Violinistin, die man hoffentlich erneut und dann mit einem publikumswirksameren Konzert einladen sollte.
Nach der Pause dann Mozart mit der Symphonie Nr. 41 C-Dur KV 551. GMD Fritzsch überzeugte insbesondere mit den vorbildlich transparent musizierten Ecksätzen. Zu Beginn gelang dem Dirigenten das Miteinander des Vorwärtsdrängenden und des Sinnierenden, des Dramatischen und es Heiteren als hörbares Allegro vivace. Molto allegro ging es dann im Schlußsatz zu, überbordend, gut gelaunt, kristallklar musiziert. Die beiden Binnensätze waren verschwommener. Die Bezeichnung des großdimensionierten zweiten Satzes wurde weniger sinnfällig interpretiert: die Badische Staatskapelle musizierte ein Andante cantabile als etwas zu amorphem Gesangsstrom. Das kurze Menuett klang als höfischer Tanz dann ungewöhnlich schwerfällig und ohne ausreichende Vorwärtsbewegung. Dennoch zeigte sich beim Applaus wieder einmal, wie publikumswirksam Mozart ist. Eine Konzertsaison ohne Symphonien und Konzerte von Mozart ist möglich, aber mangelhaft. Im 8. Symphoniekonzert folgt Mozarts Klavierkonzert d-Moll KV 466!
Die Badische Staatskapelle musizierte in sehr guter Form und insbesondere die beiden Flötistinnen Tamar Romach und Carina Mißlinger verdienten sich gestern ein Extra-Bravo.
Leider ist der frühere Beginn bei vielen im Publikum nicht angekommen. Es gab massenweise Verspätungen und somit viele
AntwortenLöschenStörungen bereits zu Beginn des Konzerts.
Kommunizieren ist alles
AntwortenLöschenEs gab nicht nur wegen Zuspätkommer viel Unruhe (wobei man da härter durchgreifen kann: wer zu spät kommt, sollte erst nach dem ersten Stück zu seinen Plätzen dürfen), im Rang soll es Schulkinder gegeben haben, die sich selbst überlassen waren. Die Lehrer versteckte sich und das Personal des Badischen Staatstheaters scheint die Lehr"kraft" ersetzt zu haben. Während des Konzerts war reger Verkehr, man stand auf, ging raus, kam wieder rein, brachte Flaschen mit. Die frühpubertierenden Kinder wußten es wohl nicht besser, aber gegen die gleichgültigen Lehrer, die ihre Schüler ausgerechnet in ein so unspektakuläres Konzert schleppten, sollte man für den Rest der Spielzeit ein Hausverbot verhängen.
AntwortenLöschenDer laxe Späteinlass ist ein generelles Ärgernis am Staatstheater, zumal das Einlasspersonal auch noch gerne mit den Zuspätkommenden Gespräche führt, anstatt sie diskret zum Platz zu führen. Die Kombination aus Holzboden und Stöckelschuhe taten in den letzten besuchten Aufführungen ihr übriges, die nötige Konzentration zu erschweren.
AntwortenLöschenHallo Herr Kaspar, es ist nicht das Einlass-Personal, was Gespräche mit dem Publikum führt. Die zu spät kommenden Besucher haben sich an die Nach-Einlass-Regularien zu halten, was sie aber oftmals nicht tun und lieber lauthals Diskussionen führen, weil sie an ihre Plätze gebracht werden wollen. Das Einlass-Personal folgt übrigens meines Wissen den Weisungen des anwesenden Orchesterdirektors und wird viel zu oft von verspäteten Besuchern unfreundlich behandelt. Deshalb sollten Beschwerden diesbezüglich nicht auf dem Rücken des Einlass-Personals ausgetragen werden. An der New Yorker MET gibt es für verspätete Besucher einen Warteraum mit Audio-/Video-Übertragung der Bühne. Vielleicht hätte man bei der Sanierung ein entsprechendes Konzept umsetzen sollen.
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AntwortenLöschen"wurde dabei angeblich von Paul Hindemith". Glauben Sie es ruhig, es stimmt.
https://www.hindemith.info/en/life-work/catalogue-of-works/?tx_cagtables_pi2%5Bdetail%5D=347
Vielen Dank für den Hinweis!
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