Sonntag, 6. Juni 2021

Symphoniekonzert als Livestream, 06.06.2021

Erneut streamt die Badische Staatskapelle ein bemerkenswert schönes Konzert. Werke des Rokoko und des Neobarock standen im Mittelpunkt und Dirigent Johannes Willig führte in den Pausen kenntnisreich durch die Entstehungsgeschichte.

Igor Strawinskys Konzert für Kammerorchester „Dumbarton Oaks“ Es-Dur aus dem Jahr 1938 soll von Bachs 3. Brandenburgischem Konzert beeinflußt sein. Die Spielfreude und das schöne Miteinander von vielen solistischen Momenten und dem Orchester machten das Stück zum passenden Einstieg.

Mozarts oft sogenannte "Gelegenheitswerke" mögen Nebenbaustellen darstellen, schnell komponierte Auftragswerke für den konkreten Gebrauch, unter Zeitnot auch schon mal mit Anleihen aus früheren Kompositionen, doch Mozarts Meisterschaft zeigt sich darin, daß er Gelegenheiten zu nutzen wußte. Das Konzert Nr. 1 für Flöte und Orchester KV 313 ist typisch Mozart, wer beim Anhören kein Lächeln in Augen, Mund und Herzen bekommt, dem kann gerade kaum aus seiner Stumpfheit geholfen werden. "Solche Werke sind Spiegel; wenn ein Affe hinein guckt, kann kein Apostel heraus sehen", um es mit einem Aphorismus Georg Christoph Lichtenbergs zu umschreiben, der für alle Hochkultur gilt. Tamar Romach an der Flöte gelang die Beseelung der Musik, ob durch Spielfreude im Allegro maestoso, im tiefengefühlvollen Adagio non troppo und dem gut gelaunten Rondo. Tempo di Menuetto. Romach bekommt hoffentlich die Gelegenheit, dies Konzert auch noch live für das Karlsruher Publikum zu musizieren.

Die Toccata e due Canzoni H 311 für Kammerorchester und Klavier ist wie zuvor bei Strawinsky  neobarockisierendes Concerto grosso. Das am 21. Januar 1947 in Basel uraufgeführte Werk von Bohuslav Martinů ist originell, abwechslungsreich und eine schöne Entdeckung. Die Toccata. Allegro moderato zu Beginn klingt teilweise wie eine Übertragung einer Orgel-Toccata auf ein Orchester, verwoben und beharrlich im Charakter, aber mit erhöhter Geschwindigkeit durch ein oft antreibend verwendetes Klavier. Die beiden nachfolgenden Canzone (Andante moderato sowie Allegro (poco)) sind emotional geprägt, erst getragen und empfindsam im ersten und  melancholisch düster im zweiten, und weniger singbare oder liedartige Kanzone.

Erneut hat man den Klang sehr gut eingefangen, das Zuhören machte Freude. Die Inzidenzwerte sind niedrig, fast die Hälfte der Bevölkerung hat die erste Impfung, ab morgen fällt die Impfpriorisierung, in den kommenden 3 Monaten bis zum Spielzeitbeginn 2021/22 wird sich fast jeder impfen lassen können, der dies will. Der Hoffnungsstreif am Horizont ist merklich breit, erste Vorstellungen mit Zuschauer könnten noch in nächster Zeit möglich werden. Das gelungene Streaming-Angebot des Badischen Staatstheaters hat zweifellos manchen über die Zeit geholfen und wird dennoch hoffentlich bald live ersetzt.

2 Kommentare:

  1. Tatsächlich gibt es inzwischen aus vielen Theatern im Südwesten wieder Spielplanangebote in allen Sparten: Mainz, Kaiserslautern, Mannheim, Heidelberg, Freiburg,Darmstadt, Wiesbaden, Frankfurt- z.T. als konzertante Version, als Querschnitt oder Kurzvorstellung eines Werkes (Mannheim Onegin, Butterfly, Barbier u.a.) oder auch komplette Opern (Mainz Fledermaus u.a. Wiesbaden Tryptichon)
    Vor diesem Hintergrund kann man schon irritiert sein, dass in Karlsruhe noch keinerlei Infos oder Pläne zu Präsenzvorstellungen zu existieren scheinen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das ist doch bestimmt landesweit über eine Verordnung geregelt. Die Inzidenz in Karlsruhe ist jetzt wieder so gering wie zuletzt Anfang Oktober als man gespielt hat, als man schloß war sie auf über einhundert gestiegen. Nach so langer Zeit kommt es jetzt auf ein paar Tage mehr oder weniger auch nicht an, man wartet, daß sich wie letzten Sommer die niedrigen Zahlen stabilisieren und dann macht man wahrscheinlich wieder noch mal kurz auf, bevor die Saison zu Ende ist. Ich persönlich rechne für mich erst im September wieder mit einer Rückkehr.

      Löschen