Das Programm des 1. Symphoniekonzerts bewegte sich in der Zeit zurück: Schostakowitsch, Prokofjew und Beethoven.
Die Kammersymphonie op.110a beruht auf dem 1960 uraufgeführten 8. Streichquartett op.110 von Dmitri Schostakowitsch, das vom befreundeten Dirigenten Rudolf Barschai für dessen Kammerorchester bearbeitet wurde, von der Kammermusik damit zur großen Konzertbühne wechseln konnte und vom Komponisten in sein Werkverzeichnis übernommen wurde. In beiden Versionen gehört es zu den populären Werken des Russen. Nach einem nachdenklichen Beginn kommt Hektik und Getriebenheit auf, ein herbe Stimmung, gefolgt vom Rückzug und zyklischem Anklang des Ausklangs an den Anfang, nur daß die Nachdenklichkeit nun konsternierter Frustration gewichen ist. Es war ein Werk des Pessimismus, das gestern zum Auftakt der Symphoniekonzertsaison erklang.
Das 2. Violinkonzert g-Moll op.63 von Sergej Prokofiev erklang zum ersten Mal 1935. Zu Beginn im Allegro moderato erklingt eine Mischung aus lyrischer Empfindlichkeit und Aktivität, auch das folgende Andante assai besitzt beide Komponenten: lyrisch verträumt und unruhig - ein Kontrast, der nicht recht zueinander passen will. Der Geiger Julian Rachlin stellte die Stimmungen nicht schroff gegeneinander, sondern schlug Bögen und auch Justin Brown glättete die Bruchstellen. Das abschließende Allegro ben marcato überwindet die bis dahin dominierende Konfrontation des lyrischen Ichs mit Störfaktoren durch eine etwas schief klingende, aber amüsant wirkende Aufregung. Justin Brown versetzte die ersten beiden Sätze in eine Stimmung, die aus dem großen ersten Pas de deux aus Prokofievs Ballett Romeo und Julia zu stammen scheint und tatsächlich ungefähr zur gleichen Zeit entstand. Harmonisch, schön, glücklich und herzöffnend - so klang dieses 2. Violinkonzert. Julian Rachlins virtuoses und immer präsentes Geigenspiel hatte etwas Atemberaubendes, seine Stradivari ertönte mit warmen Klang. Ein starker Auftritt und jubelnder Applaus vom Publikum.
Nach der Pause folgte die Pastorale, die 6. Symphonie von Ludwig van Beethoven. Das Erwachen heiterer Empfindungen gelang Justin Brown herausragend gut, die ganze Symphonie erklang wie aus einem Guß. Hier wurde kein Spätaufsteher wach, der sich behäbig aus dem Bett quält, manche Dirigenten präsentieren eine Apotheose der Schläfrigkeit, doch nicht Brown, der gestern einen idealen Beethoven dirigierte, voller Freude, hier hörte man wirklich das Lustige Zusammensein und Frohe und dankbare Gefühle. Die Badische Staatskapelle spielte mit hoher Klangkultur und gewinnenden Holzbläsern. Was für ein Bild malt Beethovens Musik in der gestrigen Interpretation? Bei Justin Brown war es keine gedachte Landschaft wie bei Caspar David Friedrich, es war auch kein Lovis Corinth mit gedeckten Farben und einem expressiv werdenden Impressionismus, es erklang vielmehr ein komponierter englischer Landschaftsgarten mit Einflüssen von John Constable und dessen perfekt abgestimmten Farben. Brown hatte sichtlich Freude am Dirigieren und das übertrug sich auch aufs Publikum - man sah lauter glückliche Gesichter nach Ende des Konzerts. BRAVO!, was für ein schöner Saisonbeginn.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Hallo,
AntwortenLöschenfür diese Info ist hier nicht der richtige Platz..
Robert Besta ist jetzt im 2. Jahr fest in Pforzheim.
Ab November gibt er den MACHEATH in der Dreigroschenoper.
Gruß Klaus
Danke für den Hinweis!
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