Das Ende der Vielfalt
Die Marginalisierung des Opernbetriebs erreicht in der kommenden Spielzeit bekanntlich einen neuen Tiefpunkt: die Karlsruher Oper wird nur noch 15 Opern über die Spielzeit verteilt dem Publikum präsentieren können, vor 10 Jahren war man ungleich leistungsstärker: 23 Opern standen auf dem Jahresprogramm - eine Vielfalt, die Generalintendant Spuhler dem Karlsruher Publikum nicht zumuten will. Den Anschluß an Mannheim hat man verloren: in der kommenden Saison wird man dort für sein Publikum acht Premieren und 15 WIederaufnahmen auf die Beine stellen, Karlsruhe hat unter GI Spuhler freiwillig und ohne finanzielle Not auf sieben Premieren und acht Wiederaufnahmen gekürzt. Auch im Monatsspielplan macht sich das bemerkbar: im Juni 2016 kann man fünf verschiedene Opern hören, vor zehn Jahren waren es noch acht. Die Karlsruher Oper erreicht in der kommenden Spielzeit einen programmatischen Tiefpunkt, wenig Abwechslung, viel Monotonie - ob sich bis zum neuen Intendanten noch etwas positiv entwickeln kann, scheint mehr als fraglich.
Dabei hatte man in den letzten fünf Jahren bemerkenswerte Produktionen. Die Programmzusammenstellung seit 2011 machte allerdings vor allem die aufwändigen Werke zum Höhepunkt. Nächste Spielzeit würde ich gerne wieder die Trojaner hören, wieso Die Passagierin nicht öfters (und vor allem Schulklassen) gezeigt wurde, habe ich nicht verstanden, es gibt einige Opern, zu deren Wiederaufnahme ich nicht Nein sagen würde: Peter Grimes, Dr. Atomic, meinetwegen der Maskenball, gerne in einiger Zeit Prophet und Falstaff , aber sonst? Am erfolgreichsten war man mit Wagner: Tannhäuser, Meistersinger, Parsifal sowie Tristan und Isolde könnten noch länger im Lager bleiben und wieder aufgenommen werden. Vielleicht gelingt ja der neue Nibelungen-Ring. Dennoch - wer ein vielfältiges Opernprogramm sucht, muß nach Stuttgart oder Mannheim blicken und/oder Heidelberg und Pforzheim zur Ergänzung des Karlsruher Programms heranziehen. Die Karlsruher Oper befindet sich trotz einiger wirklicher Ausnahme-Produktionen in einer programmatischen Schwächephase.
Ausverkauftes Haus bei der gestrigen Carmen: das Publikum ist da, auch dienstags bei der x-ten Carmen im 14. Jahr nach der Premiere und war auch zufrieden: Katharine Tier ist eine starke, bühnenpräsente Hauptdarstellerin, der Mexikaner Rodrigo Porras Garulo ein sympathischer Don José, Armin Kolarczyk möchte man als Escamillo gerne noch länger zuhören, in der Summe eine ordentliche und gute Leistung aller Beteiligten. Dirigent Ainars Rubikis scheint ein Kandidat für die Nachfolge von Justin Brown zu sein, wer es nicht wußte, hat vielleicht einfach nur eine schöne Carmen gehört. Opernabende können manchmal so einfach sein und vielleicht braucht man einfach mehr beliebte Werke, die man über Jahre immer wieder aufnehmen kann. Mit Der Fledermaus, La Bohème und Macbeth hat man drei besonders mißlungene Produktionen gezeigt. Vielleicht sollte man die kommenden fünf Jahre daran messen, ob die populären Werke gelingen: in der kommenden Spielzeit Donizettis Liebestrank und Mozarts Tito. Und in den folgen vier Jahren? Kandidaten gibt es genug, bspw. aus dem italienischen Repertoire: Troubadour, Macht des Schicksals, Aida, Don Pasquale, Lucia di Lammermoor, Cavalleria Rusticana und Pagliacci, u.v.a.m.
Liebes Badisches Staatstheater: Oper ist Freude, Vielfalt und Reichtum, nicht Monotonie und Reduktion! Zweck der Oper sind Publikum, Sänger und Musiker, nicht Regisseur und Intendant.
PS: Rückblende, im Juni 2006 (und Fußball-WM im eigenen Land) gab es in der Karlsruher Oper eine Premiere -Puccinis Turandot- sowie Der fliegende Holländer, Mazeppa, Tosca, Idomeneo, Carmen, Pariser Leben und Der kleine Prinz zu hören. Die Zeit fliegt .....
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.