Weiterhin viel Spaß und sehr gute musikalische Eindrücke liefert der Karlsruher Falstaff. Gegenüber der Premiere im Juli gibt es nun auch alternative Besetzungen zu hören.
Jaco Venter (er wechselt sich mit Pietro Spagnoli als Titelfigur ab) interpretiert die Rolle sehr gut, noch etwas weniger ausgefeilt als Spagnoli, doch das wird zweifellos im Verlauf der Saison noch prägnanter. Stimmlich verbessert gegenüber der letzten Spielzeit erscheint aktuell die Baritonistin Lucia Lucas, die als Ford eine ordentliche Leistung zeigt und damit überrascht. In der Premiere konnte Seung-Gi Jung stimmlich stärkere Ausrufezeichen setzen, Lucas hat aber nach durchwachsenen Leistungen bei Puccini und Gluck nun einen guten Saisonstart.
Sehr gut präsentierten sich die drei neuen jungen Sänger. z.B. die des Liebespaars Nannetta und Fenton: Uliana Alexyuk glänzte bereits beim Theaterfest mit einer einfühlsamen Giulietta. Der australische Tenor James Edgar Knight ist ein Sänger von Statur und Stimme: groß (über 1,90m) und bereits mit volumenreichem Klang. Wenn er in den nächsten Jahren sein Potenzial noch konsequent weiter steigern kann, wird er Hauptrollen in populären Opern übernehmen. Für zwei Jahre hat er in Karlsruhe unterschrieben - seine Entwicklung könnte vielversprechende Perspektiven eröffnen. Neu in Karlsruhe ist auch der Sänger des Bardolfo: Cameron Becker sang sechs Jahre in Regensburg (hier ein interessantes kleines Interview) und verfügt über eine auffällige Stimme und anscheinend großes darstellerisches Talent. Für alle drei scheint Karlsruhe ein wichtiger Karriereschritt, um Repertoire und Selbstverständlichkeit zu steigern.
Ergänzt wurde der gestrige Falstaff bspw. durch eine markante Dana Beth Miller als Mrs. Quickly und eine heitere und entspannte Alice von Barbara Dobrzanska. Justin Brown hatte mit sängerfreundlichem Blick alles im Griff. Nur eins blieb unklar: Falstaff sollte als Oper mit Pause meines Erachtens nicht länger als 2,5 Stunden dauern. Wieso kam man gestern auf 165 statt 150 Minuten? War die Pause zu lang oder dirigierte Brown zu langsam?
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.