Was ist zu hören?
Ein "Mix aus zahlreichen Zitaten, schmissigen Musicalmelodien und Originalliedern aus Filmen und Sketchen der Gruppe. .... Die Musikstile reichen von Volksliedmelodien zu klassischen Swingnummern, von Balladen zu Gospel, von lateinamerikanischen Rhythmen zu Popsongs. Lieder, die der von der Oper entlehnten Dramaturgie des Rezitativs folgen erklingen neben untermalender Bühnenmusik oder für das amerikanische Musical typische Playoffs von Liedern, es gibt filmmusikalische Elemente und Zitate, Gregorianische und mittelalterliche Gesänge". Und sogar der berühmteste Monty Python-Song Always look on the bright side of live (aus dem Film Das Leben des Brian) ist dabei. Gesungen wird in Englisch mit Übertiteln. Die Rynkowski-Brüder, die u.a. bereits für Alice und den Sommernachtstraum musikalisch tätig waren, zeigen auch hier wieder ihr großes Können: ein vielfältiges Klangerlebnis (10 Musiker spielen 39 Instrumente) auf hohem musikalischen Niveau.
Was ist zu sehen?
- Eine Opernsängerin: Rebecca Raffel ist aufgrund ihrer starken Bühnenpräsenz erneut für die besonderen Auftritte besetzt. Als Fee aus dem See darf sie als Diva die großen emotionalen Elemente darstellen und singen. Für Raffell ein weiterer erinnerungswürdiger Auftritt am Staatstheater.
- Sieben Schauspieler: angeführt vom wunderbar komischen Gunnar Schmidt als König Artus zeigen fünf weitere Ensemblemitglieder und ein Gast, daß sehr gute Schauspieler manchmal auch gut singen und passabel tanzen können. Dennoch benötigt man hier eigentlich eher Musical-Darsteller als Schauspieler.
- Sieben Musicaldarstellerinnen: "sie bilden nicht nur das gesangliche und tänzerische Rückgrat der Produktion, sie übernehmen auch zahlreiche kleinere darstellerische Aufgaben. Dabei haben sie mit die meisten Kostüm- und Maskenwechsel zu bewältigen".
- viele bekannte Ideen, kombiniert oder in Reihe geschaltet. Ein Best-of einiger klassischer Sketche. Wer Monty Python kennt, wird hier keine Offenbarung erleben. Der Humor wird hier Musical-gerecht eher grobmotorisch umgesetzt. Große darstellerische Feinmechanik oder eine Neuinterpretation des typischen Python-Humors darf man nicht erwarten.
- und wie bereits erwähnt: viele Bühnenbildelemente und Kostüme in aufwändiger Präsentation.
Fazit (1): Eine Überwältigung durch schiere Masse und Tempo, professionell in Szene gesetzt, sehr gut von allen Beteiligten präsentiert. Bravo! Wer gerne sein Hirn ausschalten, sich zurücklehnen, schunkeln, rhythmisch klatschen und dabei unprätentiös sehr gut unterhalten lassen will, kommt auf seine Kosten.
Monty Python und die Normierung des Humors
Irgendwann wurde auch die Komikertruppe Monty Python kommerziell. Ihr Flying Circus hatte als Serie bei der BBC (1969-1974) mit einer Mischung aus Groteske und anarchischem Witz für ihre legendäre Berühmtheit gesorgt. Es folgten Kinofilme unterschiedlicher Qualität und 2004 vermarktete dann Eric Idle Die Ritter der Kokusnuß, kombiniert mit anderen Python'schen Elemenen als Musical. Am Broadway lief Spamalot von 2005 bis 2009 und heimste den Tony Award als Bestes Musical ein. Anscheinend nicht alle Mitglieder von Monty Python waren begeistert von Spamalot, nahmen dann aber doch die Chance an, damit viel Geld zu verdienen und traten gelegentlich darin auf. Spamalot ist kommerziell mit einem Hauch von Subversivität: es ist ein Musical als Parodie auf ein Musical. Doch sonst? Ein Abklatsch, eine Resteverwertung des Monty Python Humors, bei dem nichts mehr wirklich subversiv und überraschend wirkt. Was vor 45 Jahren als Befreiung und Neudefinition begann, wurde zum akzeptierten und normierten Maßstab und erlebt nun seine Resteverwertung im Musical. Was ist von den Flying Circus Zeiten geblieben? Der Humor der Pythons war in dem Sinn modern, in dem er die Albernheit, Absurdität und Lächerlichkeit des Alltags und vor allem der sozialen Konstrukte entdeckte, die gerade dann lächerliche oder inauthentische Positionen erzeugen, wenn sich Individuen daraus ein Identität bauen wollen. Der frühere Rektor der Karlsruher Hochschule für Gestaltung Peter Sloterdijk bemerkte einst, daß die Postmoderne hingegen ein Versuch sei, diese Lächerlichkeiten zu rehabilitieren. In dem Sinne steckt Spamalot im Niemandsland dazwischen, es ist nur noch Unterhaltung. Wenn es stimmt, daß die Modernen Pilgerreisende, die Postmodernen Touristen sind, dann ist Spamalot eine Geschichte über die Moderne, die für die Postmoderne inszeniert ist.
Zwischen Kommerz und Anspruch
Zuschauer-Anlockstücke wie Monty Pythons Spamalot sind für die Positionierung eines Staatstheaters als Brückenbauer wichtig, um den eigentlichen Auftrag Hochkultur (also all das, was jahre- und jahrzehntelanges Üben und höchste Anforderungen an das Vermögen der Ausführenden stellt sowie besonderen personellen Aufwand erfordert und deshalb nie rein kommerziell betrieben werden kann, es sein denn, man möchte Hochkultur refeudalisieren und nur den finanziell Bessergestellten zugänglich machen) einem breiteren Publikum schmackhaft zu machen und die Selbstverständlichkeit der Institution Staatstheater zu fördern. Aber man muß stets relativieren: Jugend- und Volkstheater, Boulevard und Musical sind untergeordnete Nebenschauplätze, die auch andere abdecken können: das Selbstverständnis und die Stärke eines Hauses sowie das Können ganzer Berufsklassen beweisen sich an anderer Stelle. Wenn man also als Staatstheater Musical macht, wildert man auf den Gebieten kommerzieller Anbieter, die Musical professionalisiert und industrialisiert haben. Kann man sich dennoch künstlerisch absetzen? Leider nicht, man verharrt in erwartbaren und überraschungsfreien Mustern. Spamalot ist sehr gut gemacht, opulent in Szene gesetzt, ausgezeichnet musiziert - einen Mehrwert gegenüber einer Musicalbühne konnte ich allerdings nicht entdecken.
Kommerz statt Anspruch?
oder
Hamlet muß größer werden als Spamalot
Interessant wäre eine Kostenanalyse. "Ungefähr 170 Kostüme, gut 50 Perücken und Haarteile, unzählige schnelle Umzüge hinter der Bühne - damit ist Monty Python's Spamalot die aufwändigste Produktion ... seit langem." Nach diesem opulenten Spamalot muß man die Meßlatte für Hamlet weit nach oben legen. Immerhin erkannte man bereits in der Schauspielleitung, daß der ab nächster Woche zu sehende Hamlet "eines der bedeutendsten Bühnenstücke der Weltliteratur" ist. Es wäre eine traurige Wahrheit, wenn die so oft ratlos und parolenlaut erscheinende Theaterleitung einseitig in Spamalot statt in Hamlet investiert hätte und damit endgültig inhaltlichen und künstlerischen Bankrott erklärte.
Fazit (2): Auch ein Musical wie Spamalot, das Musicals parodiert, bleibt ein Musical, immerhin aber ein albernes Musical ohne echte Sentimentalität. Wer Monty Python erleben will, ist mit der DVD Box des Flying Circus immer noch am besten aufgehoben.
Team und Besetzung
König Artus: Gunnar Schmidt
Sir Robin, Finnischer Bürgermeister, Mönch, Wache: Johannes Schumacher
Sir Lancelot, Finne, Mönch, Französischer Spötter, Fürst der Ritter vom Ni: Sven Daniel Bühler
Patsy: Jens Koch
Sir Galahad, Finne, Leichensammler, Schwarzer Ritter, Wache: Alexander Peutz
Sir Bedevere, Finne, Mrs. Galahad, Herberts Vater: Klaus Cofalka-Adami
Die Fee aus dem See: Rebecca Raffell
Historiker, Der noch-nicht-tote Fred, Französische Wache, Fahrender Sänger, Prinz Herbert: Jannek Petri
Die Stimme Gottes: Susanne Müller
Die Stimme Gottes: Susanne Müller
Ensemble (Finninnen, Mönche, Leichen, Laker Girls, u. a.): Anna Winter (Dance Captain), Amina Liedtke, Anthea Giuditta,
Alice Erk, Kathrin Yarizell Barth, Marie-Christine Korbl, Lea Kirn
Regie: Ingmar Otto
Regie: Ingmar Otto
Musikalische Leitung: Clemens Rynkowski
Bühne: Manuel Kolip
Kostüme: Andy Besuch
Choreographie:
Danny Costello
BAND:
Klavier, Akkordeon, Keyboard, Theremin, Gesang: Clemens Rynkowski
Keyboards, Perkussion, Gesang: David Rynkowski
E-Bass, Kontrabass, Hackbrett, Gesang: Florian Rynkowski
Violine: Rahel Zinsstag
Viola: Agata Zieba
Saxophone, Klarinetten, Quer- und Blockflöten: Sven Pudil
Trompete, Piccolotrompete, Flügelhorn: Marc König
Posaune, Tuba, Euphonium: Jochen Welsch
Schlagwerk, Waldhorn: Paul-Jakob Dinkelacker
Schlagzeug, Drum Pad: Stefan Günther-Martens
Mit dem allergrößten Vergnügen habe ich Ihre wohldurchdachten Wort- und Satz-Paraden gelesen. Dafür den Ritterschlag.
AntwortenLöschenDanke.
Gruß Klaus
Vielen Dank. Leiden und Unzufriedenheit kompensiere ich durch Schreiben. Leider muß ich über die aktuelle Intendanz viel schreiben.
LöschenWie kommt ein Kritik vor der Premiere, eigentlich? Sind Rezensionen von Proben und Vorführungen in Ordnung?
AntwortenLöschenNun ja, wenn ich mir eine Eintrittskarte kaufen kann, ist es eine offizielle Aufführung. Das BaSta mag das "Voraufführung" nennen, für mich ist die erste Vorführung vor zahlendem Publikum die Premiere. Ich persönlich halte nichts von Voraufführungen im Regelbetrieb, da sie die eigentliche Premiere und das Premierenabo entwerten.
LöschenWenn ich Rezensionen bzw. Kritiken schriebe, würde ich die offizielle Premiere als Grundlage nehmen, da ich aber unmittelbar nach der Aufführung meine Gedanken summiere, kann man die Texte dieses Blogs kaum als Rezension beschreiben. Sie sind Stimmungsbilder und Tagebucheintrag.
Lieber Honigsammler
AntwortenLöschenaus ihren Worten entnehme ich eine ganze Menge Herablassung gegenüber dem Genre Musical. Dabei ist das Musical für mich die zeitgemäße Form der Oper. Anders als das kopflastige Musiktheater unserer Tage, das im allerbesten Fall einen kleinen Teil des Publikums erreicht, versucht das Musical mit interessanten Stoffen und zu Herzen gehender Musik die Menschen zu erreichen. Dass dabei das Niveau zwischen belanglos und höchst anspruchsvoll schwanken kann, liegt in der Natur der Sache und verbindet das Musical wiederum mit der Oper der 17. bis 19. Jahrhunderts.
Es wäre schön, wenn das Feuilleton einmal an Kompositionen Wolfgang Rihms oder Helmut Lachenmanns die gleichen strengen Maßstäbe anlegen würde, wie bei Andrew Lloyd Webber oder Frank Wildhorn. Zudem: Ein guter Musicalsänger vollbringt eine mindestens ebenso anspruchsvolle Leistung wie ein guter Opernsänger.
Und warum soll sich ein Staatstheater nicht dem Musical widmen, besonders wenn es auf einem solch hohen Niveau geschieht wie beim aktuellen „Spamalot”? Für mich gibt es kaum einen Unterschied zwischen „Spamalot” und beispielsweise Rossinis „Il Barbiere di Siviglia”, beide verarbeiten eine Vorlage, beide verharmlosen und kommerzialisieren diese, veredeln sie aber durch gute Musik.
Unfair scheint mir dieses Musical gegen „Hamlet” auszuspielen. Die Bühnenästhetik für ein Schauspiel ist heute eine ganz andere wie für ein Musical. Was ich übrigens durchaus für falsch halte. Ich würde gerne wieder einmal ein Schauspiel erleben mit aufwendigen, realistischen Bühnenbildern und vielfältigen, zeitgemäßen Kostümen. Doch deutschlandweit sieht man im Schauspiel ausschließlich Kostüme à la C&A und bis auf wenige Versatzstücke leere Bühnen. Doch dies spricht zwar gegen die derzeitige Schauspielregie, nicht aber gegen die Sparte Musical.
Zudem beschäftigt sich die kommerzielle Musicalindustrie allenfalls mit zwei Dutzend Werken, der große Rest der Musicalgeschichte findet nur noch auf öffentlichen Bühnen statt.
Mit freundlichen Grüßen
Falko Steiner
Lieber Herr Steiner,
Löschenvielen Dank für Ihren Kommentar. Ich glaube sie projizieren eine mißverständliche Position auf mich. Wenn Sie meine Einstellung gegenüber Musicals wissen wollen: es ist bisher Desinteresse. Musicals scheinen mir ein schöner Zeitvertreib, aber sie faszinieren mich nicht, es gibt meines Erachtens keine Einspielungs- und Aufführungs-Tradition, die sich entwickelt, man vergleicht meines Wissens nicht Dirigenten und Sänger, man ringt nicht um die zeitgemäße Einspielung, um die Neuinterpretation, die Inszenierungen haben (noch) keinen doppelten Boden …. Ich erkenne darin leider nichts. Irgendwann werden Musicals vielleicht wie Operetten behandelt und im Repertoire landen, vielleicht erlebe ich noch, daß sich ein außergewöhnlicher Regisseur mit einer Vision der Gattung annimmt ….., aber bis dahin sind sie für mich ein netter Zeitvertreib ohne Nachwirkungen.
Ich halte sehr viel von Musical-Darstellern. Tatsächlich vermisse ich sie hier auch teilweise. Gunnar Schmidt ist aufgrund seines komödiantischen Könnens ein eindeutiger Pluspunkt als König Artus, in anderen Rollen hätte ich –obwohl Spamalot eine Parodie auf ein Musical ist– Musicaldarsteller bevorzugt. Aber das ist nur eine Nebenbaustelle.
Wie ich oben schreibe: Musicals gehören ins Repertoire als Anlockwercke fürs Publikum. Aber für mich ist die Hamlet-Premiere weit wichtiger, denn ich halte es für eines der spannendsten und faszinierendsten Stücke im Schauspiel. Daß man finanziell mehr in Spamalot investiert, ist für mich o.k., aber womit kann ein Schauspiel leichter und nachhaltiger Publikum gewinnen, begeistern und von sich überzeugen als mit einem fesselnden Hamlet? In der Hinsicht ist Hamlet wichtiger als Spamalot. Und die Mühe, die in Spamalot investiert wurde, muß ich im Schauspiel in irgendeiner Form für Hamlet wiedererkennen.
Lieber Honigsammler,
AntwortenLöschendass Musicals Sie bisher nicht sonderlich begeistert haben, kann ich nachvollziehen obgleich ich in meiner Jugend sehr musical-affin war und immer wieder gerne mal ins Musical gehe. Was mich an dem diesjährigen Karlsruher Spielplan stört, ist dass gleich zwei Gute-Laune-Stücke (Spamalot/My fair Lady) gezeigt werden. Mich stört hier zweierlei:
1.
Musicals werden als Kunstform nicht ernst genommen (was man schon an der Schauspieler-lastigen Besetzung bei Spamalot sehen kann) und sind von Anfang an nur Mittel zum Zweck, das Haus voll zu bekommen und Geld einzuspielen.
2.
Es gibt viele intelligente Musicals, die "politisch relevant" sind. Beautiful Game (Nordirlandkonflikt), Miss Saigon (Vietnamkrieg), Rent (AIDS), Chicago (Medien und Justiz), Kuss der Spinnenfrau (Folter in südamerikanischen Gefängnissen), Hedwig and the Angry Inch (Transsexualität), Assassins und viele mehr. Sicher sind viele Musicals heutzutage sehr marktkonform konzipiert - und genau hier läge die Chance und auch Pflicht, jüngere oder unbekanntere Autoren zu fördern. Stephen Sondheim ist so ein Beispiel: der Mann hat ein Dutzend Musicals geschrieben, die meisten durchaus anspruchsvoll - weswegen sie in Deutschland nur bei Liebhabern bekannt sind.
Kurzum: wenn eine Kunstform derart offensichtlich von Kunstmachern einseitig missbraucht wird, ist die logische Folge, dass dieser Kunstform eben ständig das Odium der "Popularkultur" anhängen wird. (Als ob Mozart, Rossini, Donizetti, Händel keine populäreren Komponisten gewesen wären....)
Ein Problem der großen Werke besteht sicher in ihrer Lizenzierung. Man könnte bei so vielen Musicals mehr interpretatorisch rausholen, müsste man sich nicht sklavisch an die Vorgaben der Rechteinhaber klammern. Die haben wiederum Angst, dass aus "ihrem" Stück etwas wird wie die letztjährige "Boheme". Ein Teufelskreis...
Noch zum Thema Hamlet/Spamalot: Ich habe Spamalot in London gesehen und bin vor Lachen fast vom Stuhl gefallen. Mal schauen, ob Karlsruhe da mithalten kann. Erst letzte Woche konnte ich an selber Stelle den aktuellen Hamlet mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle sehen. Das war schon ein Ereignis. Wahrscheinlich warte ich eine ganze Weile, ehe ich in Karlsruhe reingehe....
(Florian Kaspar)
Vielen Dank Herr Kaspar,
Löschendaß Sie mich dazu animieren, meine Bildungslücken bei Musicals zu schließen. Der Name Stephen Sondheim sagte mir bis eben nichts, jetzt weiß ich, daß er die Texte zu Bernstein West Side Story geschrieben hat und für seine Werke einen Oscar, mehrerer Tony Awards, mehrerer Grammy Awards, den Pulitzer-Preises u.a. gewonnen hat bzw. die BBC ihm zum 80. Geburtstag ein hochrangig besetztes Proms-Konzert gewidmet hat. Sein Musical „Sunday in the Park with George“ interessiert mich nach dem Überfliegen unmittelbar. Super, danke für den kompetenten Hinweis, da werde ich mal auf Entdeckungsreise gehen.
Der Karlsruher Spielplan gerade in der Oper schwankt von einer Ecke in die andere: erst wagte man viel, brachte Unbekanntes, teilweise Sperriges und Modernes und vergaß dabei, die Ausgewogenheit, was auch daran lag, daß Thorwald hauptsächlich sein eigenes Werk im Repertoire beließ, jetzt schwenkt man komplett um, bloß kein Risiko und My Fair Lady und Spamalot werden vielleicht die Investitions-Höhepunkte der Saison. Und wieder fehlt mir die Ausgewogenheit. Aber da muß man der neuen Operndirektion auch noch eine Chance geben. Erst in einem Jahr zeigt sich, wohin die Reise geht.
Ich kenne viel Monty Python, alle Filme mehrfach und den originalen Flying Circus auf DVD. Ich war von Spamalot sehr amüsiert, lachend vom Stuhl gefallen, bin ich nicht ansatzweise. (Das passierte mir zuletzt bei Knut Weber). Das habe ich allerdings meiner Python-lastigen Vorgeschichte zugerechnet. Ich kannte die Pointen schon, ein „mehr“ hab ich nicht wahrgenommen. Ich bin auf ihren Vergleich mit London gespannt.
Sie haben Cumberbatch in London als Hamlet gesehen? Wow! Irgendwann müssen Sie mir mal erzählen, wie sie an Karten gekommen sind. Die Vorstellungen waren anscheinend heiß begehrt und ausverkauft … Übrigens: am Mittwoch ist die Generalprobe als Premiere bei freier Sitzplatzwahl geöffnet.
Zur Spamalot - Premiere 27.09.2015
AntwortenLöschen(im Schauspielpremierenabonnement)
Nun ja, dieses Musical scheint dem Karlsruher Premierenpublikum gefallen zu haben, wenn man die beachtlichen Schlussovationen bedenkt. Während der Vorstellung waren die Lacher eher zurückhaltender. Die Dramaturgin Frau Ostermann gibt im „Magazin 16“ einen begrenzten Überblick über britischen Humor und deutsche Humoristen. Frauen kommen nicht vor (die haben wohl keinen Humor, der Frau Ostermann gefällt), ‚Little Britain’, die wirklichen „Monty Python“-Nachfolger, auch nicht.
Wenn das Musical als Gattung nicht nur die Operette der Gegenwart oder der Film zur Musik („Mama Mia“, empfehlenswert indes „Jersey Boys“) sein will, sollte es schon Qualitäten wie „Billy Elliot“ (London) aufweisen. Weitere wirklich sehenswerte Musicals nennt ein Leser des Blogs; „Cabaret“ darf nicht vergessen werden. Auch ein Musical sollte den Betrachter nicht dazu verleiten, „das Hirn auszuschalten“. Vergleichen Sie die Produktionen des Berliner Grips-Theaters oder Brechts "Dreigroschenoper".
Die fetzige Musik, die altbekannten Melodien sorgen für Stimmung und gute Laune; aus der Distanz betrachtet begleiten diese gewohnten (gewöhnlichen) Melodien eine Ansammlung längst abgestandener und grau gewordener Uraltwitzchen. Warum nur, frage ich mich, hat dies solchen Erfolg. Ich dachte, über das Niveau von „Charleys Tante“ und „Ein Käfig voller Narren“ ist man seit Jahrzehnten hinweg.
Die Regieleistung von I. Otto muss nicht überbewertet werden. Bei Youtube kann man einen Mitschnitt einer Broadway-Aufführung sehen und die Übereinstimmungen feststellen. Aber eines fällt im Vergleich auf: Die Broadway-Choreografie ist präziser.
An Silvester wird übrigens „My fair Lady“ gegeben!
Vielen Dank für Ihre gute und klare Analyse. Wenn Spamlot Publikum ins Haus bringt, von dem vielleicht nur ein kleiner Teil mehr Neugierde für die Bühne entwickelt, dann hat es sich gelohnt. Auf die Entdeckung des anspruchsvollen Musicals in deutschen Theatern muß man wohl noch geraume Zeit warten.
Löschen