Freitag, 20. Juli 2012

Rückblick: Die Spielzeit 2011/2012 des Badischen Staatsheaters

Eine Spielzeit bei der die Intendanz wechselt bedeutet einen Einschnitt und einen Aufbruch. Was bleibt in Karlsruhe vom ersten Jahr unter Peter Spuhler übrig? Begann 2011 ein Intermezzo oder eine Ära? Und wer wird Spuren hinterlassen in der Erinnerung und den Herzen des Publikums?

Mittwoch, 18. Juli 2012

Orchesterfest der Badischen Staatskapelle, 21.07.2012

Wegen diverser Nachfragen anbei ein kurzer Überblick über das Programm anlässlich des Jubiläums 350 Jahre Badische Staatskapelle am Samstag, 21.07.2012

Der Eintritt ist den ganzen Tag frei! Bei schlechtem Wetter findet alles im Haus statt.


OPEN-AIR-BÜHNE
15 Uhr: Eröffnung
-Begrüßung durch den Generalintendanten und dem Orchestervorstand. Anschließend: Nachmittagskonzert "Geteilte Pulte": BADISCHE STAATSKAPELLE gemeinsam mit allen drei Schulorchestern des Helmholtz-Gymnasiums

18 Uhr: Bigband-Sound mit dem hauseigenen Blechbläserensemble BaSta Brass

19 Uhr: Klassik und Jazz mit dem Opera Swing Quartet

21 Uhr: Grußworte Staatssekretär Mentrup und Oberbürgermeister Fenrich
Abschlusskonzert mit Beethovens 9. Sinfonie (Heidi Melton, Ewa Wolak, Lance Ryan, Renatus Meszar, Justin Brown)


KLEINES HAUS
15.30 Uhr: Kinderkammerkonzert Vier Orchestermusiker auf Abwegen (ab 10 Jahren)

17 Uhr: Jazz mit dem Jazz-Quartett Reichel

18 Uhr Salut d'amour - Romantische Musik zwischen Konzertsaal und Salon

19 Uhr: Kammerkonzert mit der Kammersinfonie von Ermanno Wolf-Ferrari


STUDIO
16 Uhr: Kammerkonzert mit dem Streichquartett des Hofkapellmeisters Otto Dessoff

17 Uhr: Barockmusik auf historischen Instrumenten

18 Uhr: Kammerkonzert mit dem Streichquartett des Hofkapellmeisters Otto Dessoff

19 Uhr: Tango-Konzert mit Werken von Astor Piazzolla und José Bragato


UNTERES FOYER
16 Uhr: Rotes Sofa – Gespräche rund um die BADISCHE STAATSKAPELLE,

17 Uhr: Opern-Paraphrasen für Flöte / Oboe und Klavier

18 Uhr: Rotes Sofa

19 Uhr: Geigenduette


AUSSTELLUNG ZUR ORCHESTERGESCHICHTE
16.30 Uhr: Ausstellungsführung mit Dr. Joachim Draheim, Leiter der Ausstellung
17.30 Uhr: Ausstellungsführung mit Dr. Joachim Draheim, Leiter der Ausstellung
18.30 Uhr: Ausstellungsführung mit Dr. Joachim Draheim, Leiter der Ausstellung

TERRASSE / MITTLERES FOYER
16-18 Uhr: Instrumentenzoo mit Musikinstrumenten zum Anfassen und Ausprobieren
16 Uhr: Instrumentenvorstellung Harfe
16.30 Uhr: Instrumentenvorstellung und Kleinkonzert Blechbläser
17 Uhr: Instrumentenvorstellung und Kleinkonzert Streicher
17.30 Uhr: Instrumentenvorstellung und Kleinkonzert Holzbläser
18 Uhr: Tangos für Bassklarinette und Klavier

TERRASSE / *ERGOTTI
15-18 Uhr: Spiel- und Mal-Ecke des JUNGEN STAATSTHEATERS
15.30 Uhr: *Musikalisches Taschentheater 1 – 1. Workshop zu den Kinderkonzerten mit Pädagogen des JUNGEN STAATSTHEATERS (ohne Voranmeldung, 4+)
16-18 Uhr: Wir basteln Musikinstrumente – gemeinsam mit Orchestermusikern (4+)
16.30 Uhr: *Musikalisches Taschentheater 2 – 2. Workshop zu den Kinderkonzerten mit Pädagogen des JUNGEN STAATSTHEATERS (ohne Voranmeldung, 4+)

BÜHNENPFORTE MEIDINGERSTRASSE
16-19 Uhr: Halbstündlich Führungen durch den Orchesterbereich
Jeweils max. 25 Personen, mit Zählkarten, Ausgabe Infostand

UND AUSSERDEM
15-24 Uhr: Essen und Getränke im Außenbereich und im MITTLEREN FOYER
15-24 Uhr: Informationsstand mit Publikationen, CDs, Losverkauf und Kartenausgabe Führungen

Dienstag, 17. Juli 2012

8. Symphoniekonzert, 16.07.2012

Symphonien von  Avner Dorman und Ludwig van Beethoven - das letzte Konzert der Spielzeit stellte weitgehend Unbekanntes neben sehr Vertrautes und wurde kontrovers diskutiert.

Avner Dorman komponierte 25-jährig zum Jahrtausendwechsel seine Millenium Symphonie. Die drei ersten der vier ineinanderfließenden Sätze handeln von Krieg, Angst und Trauer und basieren auf drei Gedichten jüdischer Autoren über Kriegserlebnisse; der letzte Satz ist abgeklärt optimistisch: eine leere Leinwand, die es noch zu füllen gilt. Das Stück kam beim Publikum sehr gut an: es ist geprägt durch eine abwechslungsreiche Klangvielfalt, dabei melodiös und bekömmlich, mit gemäßigt-modernem Gestus und doch: etwas stimmte nicht damit. Der Musik fehlte der doppelte Boden. Sie wirkte wie eine Bewerbungskomposition für Hollywood und erinnerte an intelligente, originelle und gekonnt komponierte Filmmusik. Doch damit schienen die Erwartungen der Zuhörer erfüllt: der anwesende Komponist erhielt herzlichen Applaus. Im Februar 2013 steht eine weitere Komposition Dormans auf dem Programm der Symphoniekonzerte, bei der er hoffentlich mehr Tiefgang zeigen kann.

Beethovens 9. Symphonie ist ein symphonisches Schwerstgewicht  und Justin Brown dirigierte diesen Blauwal der Konzertliteratur für viele überraschend schwerfällig und in eher mittleren bis teilweise langsamen Tempi.
Es heißt ja, daß der technikbesessene Herbert von Karajan, der sehr gute Beziehungen zu Sony und Philips hatte, die beiden Konzerne in der Einführungszeit der CD so lange bedrängte, bis die CD-Kapazität auf 74 Minuten festgelegt wurde, damit Beethovens Neunte auf eine Scheibe passte. Dabei dachte man an die langsamste bekannte Version von Furtwängler.  Der Zeitgeschmack hat sich geändert - heute benötigen viele Dirigenten deutlich weniger Zeit. Es gibt CD Einspielungen, die unter 60 Minuten liegen. Justin Brown war gestern mit knapp über 66 Minuten Gesamtdauer schneller als das einige empfanden und doch langsamer als viele wünschten. Besonders im 3. Satz, bei dem die Gefahr bei zu schnellem Spiel darin besteht, daß der wehmütige Charakter trostvoll klingt, zelebrierte Brown Otto Klemperer'sche Dimensionen, allerdings ohne dessen Intensität zu erreichen.
Es gab einige Unkonzentriertheiten bei den Instrumenten - musikalisch war der Abend nicht CD-reif. Und auch das Gesangsquartett bot Stoff zur Kontroverse. Stimmfarben und Stimmkombinationen sind auch immer Geschmackssache: die vier Sänger (Heidi Melton, Ewa Wolak, John Treleaven und Tobias Schabel) passten sehr gut zueinander. Ausgerechnet Melton patzte - und zwar bei beiden Konzerten. Schon viele Soprane scheiterten an dem nahezu unmenschlich-hohen Schlußton. Doch es ist nur  etwas weniger als sechs Jahre her, daß Beethovens Neunte zuletzt in Karlsruhe aufgeführt wurde, und damals meisterte Barbara Dobrzanska souverän und klangschön diese Hürde. Es ist unverständlich, wieso das Badische Staatstheater Melton nicht durch Dobrzanska ersetzte, als sich die Probleme abzeichneten. Der Chor hingegen war sehr gut vorbereitet.
Es war im Publikum ein in hohem Maß kontrovers empfundener Beethoven-Abend mit Höhen und Tiefen, bei dem noch lange diskutiert wurde und der zeigte, wie groß und unterschiedlich die Erwartungshaltungen bei dieser Symphonie sind. Jenseits aller Erwartungen gab es aber auch genug Zuschauer, die die Musik genießen konnten und sich an Beethovens bezwingender Komposition erfreuten.

Am Samstag ist das große Orchesterfest zum 350. Gründungsjubiläum der Badischen Staatskapelle mit freiem Eintritt zu allen Musikveranstaltungen und einer Open-Air Aufführung Beethovens. Dann singt Lance Ryan den Tenorpart!

PS: Hallo liebes Staatstheater, könnt ihr nicht eine gelegentliche Hörgeräte-Beratung als Service ins Staatstheater holen? Zum wiederholten Mal in dieser Saison konzentrierten sich einige wenige gut hörende Besucher darauf, den Inhaber eines pfeifenden Hörgeräts in ihrer Umgebung aufzuspüren. Das Gerät pfeifte zum Glück nur dann, wenn das Orchester lauter wurde oder die Holzbläser größere Einsätze hatten. Der kontrastierende Ton war dennoch keine geeignete Reminiszenz an den schwerhörigen Beethoven ...

Donnerstag, 12. Juli 2012

Tüür - Wallenberg, 11.07.2012

Es gibt kein Ende der Geschichte und auch die knapp 400-jährige Operngeschichte geht weiter. Es ist die Aufgabe eines guten Opernhauses, gerade auch die eines Staatstheaters, sich mit allen Epochen auseinanderzusetzen und moderne Opern gehören wie Barockopern zu den festen Bestandteilen eines guten und ausgewogenen Spielplans. In den letzten Jahren gab es in Karlsruhe übrigens Opern wie Gottfried von Einems Dantons Tod (Uraufführung 1947), Bohuslav Martinůs Die griechische Passion (UA 1961), Sandor Szokolays Blutzhochzeit (UA 1964) und Benjamin Brittens Tod in Venedig (UA 1973) mit durchweg beachtlichem und großem Erfolg zu hören. Und auch Tüürs Wallenberg (UA 2001) sollte man sich als Opernliebhaber nicht entgehen lassen.

Sonntag, 8. Juli 2012

Festspielhaus Baden-Baden: Hans van Manen Gala, 07.07.2012

Viele Karlsruher Ballettfreunde konnte man gestern in Baden-Baden sichten bei einem Gala Abend für Hans van Manen, der dieser Tage seinen 80. Geburtstag feiert (*11.07.1932). Der niederländische Choreograph ist weltweit einer der wichtigsten Meister des neoklassizistischen Tanzes in der Nachfolge George Balanchines und war auch schon mehrfach in Karlsruhe zu Gast. Bereits bei ihrer ersten Premiere als Ballettdirektorin am Badischen Staatstheater im Oktober 2003 setzte Birgit Keil auf zwei seiner Choreographien (damals Andante und Bits and Bytes; 2006 folgten Concertante, Trois Gnossiens sowie Solo und 2010 Adagio: Hammerklavier).

Sonntag, 1. Juli 2012

Vorverkauf Theaterfest / Spielzeitcocktail des Badischen Staatstheaters

Falls es jemandem entgangen sein sollte: die Karten für den beliebten Spielzeitcocktail am Abend des Theaterfests am Samstag, 15.09.2012 sind bereits im freien Verkauf oder im Internet erhältlich!

http://www.staatstheater.karlsruhe.de/spielplan/september/
oder genauer hier:
http://www.staatstheater.karlsruhe.de/programm/info/1388/

Montag, 25. Juni 2012

Kammerkonzert Extra, 24.06.2012

Den Termin konnte man sich eigentlich nicht entgehen lassen: wenn GMD Justin Brown als Pianist zusammen mit den Konzertmeistern der Badischen Staatskapelle Janos Ecseghy (Violine) und  Thomas Gieron (Violoncello) ein Kammerkonzert mit Werken zweier Komponisten mit ausgesprochen starkem Idiom spielen, ist Virtuosität und Spannung garantiert. Dazu kam der unübliche Termin am Abend, der auch denen den Besuch des Konzerts erlaubte, die den traditionellen Karlsruher Kammerkonzert-Termin sonntags um 11 Uhr morgens aus familiären Gründen nicht wahrnehmen können oder denen sonntags um 11 Uhr morgens einfach zu früh ist.

Mit Janáček und Schostakowitsch stand an diesem Abend Musik aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf dem Programm, die einen unverwechselbaren, stark emotionalen und leidenschaftlich-expressiven Charakter besitzt. Und es wurde ein Kammermusik-Abend, bei dem sich die Spielfreude und der Spaß der Musiker auf das Publikum  übertrug und bei dem man  staunend die virtuose Musikalität und Leidenschaft der Künstler bewundern musste.

Zu Beginn hörte man Dimitri Schostakowitschs Klaviertrio Nr. 1 C-Dur op. 8, das Jugendwerk eines 17jährigen und 1923 entstanden. Es schwankt zwischen verschiedenen emotionalen Polen, die der Komponist aber stets zu verbinden wusste. Schostakowitsch ist hier noch nicht unverwechselbar, aber zeigt bereits frühreife Souveränität. Danach Leoš Janáčeks Pohádka (Märchen) für Violoncello und Klavier und Janáčeks Sonate für Violine und Klavier. Letztere entstand 1921 hörbar zeitgleich zur Oper Katja Kabanova. Der Höhepunkt des starken und rundum überzeugenden Konzerts war zum Abschluß Schostakowitschs Klaviertrio Nr. 2 e-Moll op. 67 und dort besonders der vierte Satz (dort taucht das Motiv auf, das später auch im 8. Streichquartett und der daraus abgeleiteten Kammersinfonie für Streichorchester op. 110a verwendet wurde und das man im Karlsruher Ballett Momo aktuell beeindruckend getanzt sieht): die drei Musiker spielten mit soviel Leidenschaft und Feuer, daß man sich nicht hätte wundern dürfen, wenn ein Mitarbeiter des Brandschutzes sinnverwirrt auf die Bühne gestürzt wäre, um das akustische Feuerwerk zu löschen.
Das Publikum dankte mit Bravos und langem Applaus für einen wunderschönen und mitreißenden Kammermusik Abend.

PS: Im Publikum waren u.a. Heidi Melton, Renatus Meszar und John Parr. Auch Intendant Peter Spuhler wurde nach der Pause gesichtet.

Donnerstag, 14. Juni 2012

Rückblick (1): Das Unbehagen im Theater. Das Karlsruher Schauspiel in der Spielzeit 2011/2012

Es war für mich eine Spielzeit ohne positiven Erinnerungswert.
Es muß zuletzt in den 1990ern gewesen sein, daß mich das Theater so kalt ließ. 2011/12 war ich deutlich weniger im Schauspiel als in den Spielzeiten zuvor; nichts sah ich bisher ein zweites Mal, nur sehr wenige Inszenierungen konnte ich guten Gewissens empfehlen; einen Theaterabend mit Freunden oder Kollegen konnte ich guten Herzens nicht organisieren. Vieles fand ich einfach zu langweilig oder holprig buchstabiert. Fast keine Schauspiel-Aufführung hat mich überzeugt, geschweige denn begeistert. Im Gegenteil! Um auf eine frühere Diagnose zurückzugreifen: es bestand bei mir in dieser Spielzeit oft eine spürbare Distanz des innerlich Erlebten zum Geschehen auf der Bühne. Einiges, vor allem viele Studio-Produktionen, habe ich erst gar nicht gesehen. Deren Themen waren für mich zu unattraktiv oder –für mich ungewöhnlich– die Meinungen und Aussagen zu gewissen Stücken waren so desillusionierend, daß ich mich negativ beeindruckt zeigte und es lieber bleiben ließ. Wo ich fast ein Jahrzehnt nichts verpassen wollte, fühlte ich mich in dieser Spielzeit nicht mehr betroffen.

Mittwoch, 13. Juni 2012

Verdi - Rigoletto, 12.06.2012

Der wiederholte Besuch des Karlsruher Rigolettos könnte angesichts der sterilen und unattraktiven Inszenierung wie Masochismus wirken, ist aber aufgrund der durchweg sehr hohen musikalischen Qualität gerechtfertigt. So auch gestern: obwohl es die x-te und für diese Spielzeit letzte Aufführung war, parallel die Fußball-EM lief und es kühl-regnerisches Wetter gab: Ausreden zählen nicht für dieses Ensemble. Es gab also keine Abnutzungserscheinungen, im Gegenteil - es war eine wirklich sehr gute und intensive  Aufführung.

Montag, 11. Juni 2012

Vorschau: Symphoniekonzerte 2012/13 der Badischen Staatskapelle

Nachdem man im April die Spielzeitvorschau 2012/13 aufgrund eines Auslandsaufenthalts von GMD Justin Brown ohne die Konzerttermine veröffentlicht hat, wurden heute nun auch die Konzerte bekannt gegeben:

1.Symphoniekonzert
BRITTEN Sinfonia da Requiem
ADÈS ...but all shall be well
BRAHMS 1. Klavierkonzert (Solist Boris Berezovsky)
16./17.9.12

2.Symphoniekonzert
VON WEBER Oberon Ouvertüre
BEETHOVEN 5. Symphonie
WAGNER Karfreitagszauber
R.STRAUSS Tod und Verklärung
21./22.10.12

3.Symphoniekonzert
BARTOK Rhapsodie für Klavier und Orchester (Solist Benjamin Moser)
TSCHAIKOWSKY 6. Symphonie
25./26.11.12

4.Symphoniekonzert
HÄNDEL Concerto Grosso op6 Nr4
DORMAN Concerto Grosso
TELEMANN Ouvertüre-Suite "La Bourse"
HAYDN 104. Symphonie
24./25.02.13

5.Symphoniekonzert
GREENWOOD 48 Respones to Polymorphia
LUTOSLAWSKI Cellokonzert (Solist Maximilian Hornung)
BRAHMS 4. Symphonie
28./29.04.13

6.Symphoniekonzert
STAUD Tondo
MOZART Klarinettenkonzert (Solist Frank Nebl)
MARTINU 4. Symphonie
26./27.05.13

7.Symphoniekonzert
BRIDGE The Sea
BRITTEN Les Illuminations
MASON  Lighthouses
DEBUSSY La Mer
16./17.06.13

8.Symphoniekonzert
SCHNITTKE 4. Violinkonzert (Solist Gideon Kremer)
BRUCKNER 9. Symphonie
14./15.07.13

Sonderkonzert
SCHÖNBERG Gurrelieder
15./16.12.12

Donnerstag, 7. Juni 2012

Momo (Ballett), 06.06.2012

Nach der Premiere war das Publikum begeistert, und  auch der gestrige Besuch bestätigte den Eindruck der Uraufführung. Momo ist Siegfried im künstlerischen Ausdruck überlegen: ein zu Herzen gehendes poetisch-philosophisches Ballett; Siegfried ist hingegen Spektakel: handlungsreich und spannend und mit grandiosem Live-Orchester zur Unterstützung. Beide sind also sehr unterschiedlich und ergänzen sich durch ihre verschiedenen Ausdruckswelten. Beide konkurrieren Kopf an Kopf um die Krone der spartenübergreifend besten Inszenierung der Spielzeit.

Für Kinder oder Jugendliche ist diese Inszenierung von Momo allerdings weniger geeignet: im Mittelpunkt stehen die Symptome und Diagnose der durch die "Zeitkrankheit" ausgelösten Defizite, bei der die Menschen sinnlos Zeit sparen, anstatt sinnbewußt Zeit zu erleben. Das Ballett greift dabei nur sehr wenige Handlungsstränge auf. Der Gegensatz zwischen Momo und den grauen Herren (in diesem Fall auch graue Damen) ist der zentrale Spannungspunkt und Momos Rolle als Therapeutin und Erlöserin die zentrale Rolle. Blythe Newman gibt Momo im besten Sinne ein Gesicht; eine Hauptrolle, wie man sie als Tänzerin nicht oft bekommt. Newman passt ideal und überzeugt das Publikum durchgehend. Ein Glücksfall!

Die Choreographie von Tim Plegge öffnet Horizonte. Zu Beginn des Balletts wird erst die Lebensfreude der Protagonisten eingängig vermittelt. Für die grauen Herren und Damen fand Plegge eine Tanzsprache der Nervosität und Anspannung, die unmittelbar auf die Zuschauer wirkt. Höhepunkt ist im ersten Teil der Weg zum Ursprung der Zeit (Hier wird die Zeit zum Raum, sozusagen eine Umkehrung von Wagners Parsifal. Unterlegt mit Musik von Lepo Sumera) und dort der Aufenthalt beim Hora-Paar (Bruna Andrade und Admill Kuyler haben zwei starke Auftritte), musikalisch genial unterlegt mit dem langsamen Satz von Philip Glass' Klavierkonzert. Eine Szene, bei der man spürt, wie das Publikum staunt und begeistert wird, wie es in die Aufführung gezogen und fasziniert wird. Im zweiten Teil bleiben besonders Momos Tanz über die Tische in Erinnerung (unterlegt mit Ausschnitten aus Schostakowitschs Kammersinfonie für Streichorchester op. 110a) und die Schlußszene, bei der sich die grauen Tänzer in Luft auflösen und von der Bühne rollen.

Für die Karlsruher Ballett Compagnie ergeben sich viele dankbare Rollen und Szenen. Bewährte Künstler wie der erste Solist Flavio Salamanka (Beppo) zeigen die Stärke ihres Könnens und auch die kleineren Rollen sind sehr gut besetzt, z.B. Shiri Shai als Kassiopeia, Zhi Le Xu als Gigi und besonders der ausdrucksstarke Arman Aslizadyan als Agent BLW/553/c.

Im voll besetzten Badischen Staatstheater wurde gejubelt, lange applaudiert und man konnte den Gesichtern der Zuschauer die Freude ansehen. Momo ist -wie Siegfried- in jeder Hinsicht ein Glücksfall.  Birgit Keil und Vladimir Klos haben es spätestens diese Spielzeit geschafft, das Ballett zur unumstritten populärsten Sparte des Badischen Staatstheaters zu machen.

Dienstag, 5. Juni 2012

7. Symphoniekonzert, 04.06.2012

Der niederländische Autor Maarten 't Hart schwärmte einst: "Wenn man einen Menschen für Mozart begeistern will, sollte man zu den Klavierkonzerten greifen." Gestern konnte man im 7.Symphoniekonzert der Badischen Staatskapelle Mozarts Klavierkonzert KV 488 in A-Dur aus dem Jahr 1786 hören, das den legendären Ruf besitzt, eines der schönsten, eines der vollkommenen Meisterwerke Mozarts zu sein. Er vereint unterschiedlichste Elemente: es ist virtuos und symphonisch, galant und intim, fröhlich und melancholisch und voller melodischer Fülle. Noch mal Maarten 't Hart: "Wenn es überhaupt einen Beweis für die Existenz einer besseren Welt, die Existenz einer Art von Himmel gibt, dann dieses Klavierkonzert von Mozart." Das mag hilflos pathetisch klingen, aber es trifft einen wahren Kern: jeder Klassikliebhaber sollte unter den Klavierkonzerten Mozarts ab KV456 sein Lieblingsmeisterwerk finden können, ob das KV 488 sei oder doch z.B. KV 459, 466, 467, 491 oder 503, bleibt dann eine individuelle Präferenz.

Gestern war GMD Justin Brown als Klaviervirtuose und Dirigent angetreten, um Vollkommenheit zu Gehör zu bringen. Nach dem erwartungsfrohen Satzbeginn folgte ein sehr flüssiges, fröhlich-beredsames Allegro voller Spielfreude. Der langsame zweite Satz wurde bei Brown zum Schwachpunkt: Wo Mozartsche Melancholie im Adagio einen veredelten grauen Regentag fordert, spielte Brown eher leichten Nieselregen bei auflockernder Bewölkung: zu rasch, zu unberührt, zu wenig die Feinheiten auskostend. Am Schluß dann ein gut gelaunter Finalsatz mit ausgelassener Freude. Ein von Orchester und Solopianisten schön, rasch und eloquent gespieltes Konzert mit einem großen Manko: Das zentrale Adagio kontrastierte zu wenig zu den eher schnell dirigierten Ecksätzen, deren Binnenstruktur ebenfalls zu kontrastarm war; das Konzert verlor dabei spürbar eine Dimension und wirkte einseitig. Brown dirigierte und spielte sich etwas zu schnell und sorglos durch das Konzert: Ein wesentlicher Teil des Inhalts ging dabei verloren.


Nach der Pause dann ein symphonisches Schwergewicht: Mahlers 5. Symphonie, entstanden in den Jahren 1901/1902. Ein besonderes Werk und vielleicht der Prototyp der Mahlerschen "Zerrissenheit". Eine Symphonie in 3 Teilen und 5 Sätzen, die nicht auf einen finalen Höhepunkt ausgerichtet ist, sondern deren emotionaler Höhepunkt zu Beginn im 1. Teil, den ersten beiden Sätzen erreicht wird.

I. Abteilung
1. Trauermarsch. In gemessenem Schritt. Streng. Wie ein Kondukt (cis-Moll)
2. Stürmisch bewegt. Mit größter Vehemenz (a-Moll)

Brown dirigierte den Trauermarsch packend und von Emotionen überwältigt, und dann immer wieder stockend und inne haltend und nur schwer voran kommend. Der anschließende zweite Satz war sich wehrend und doch wieder zusammenbrechend: eine Auflehnung ohne Erfolgsaussichten. Brown wählt zur Zeit immer das raschere Tempo und jagte hier das Orchester virtuos und beeindruckend durch die Partitur.

II. Abteilung
3. Scherzo. Kräftig, nicht zu schnell (D-Dur)


Das Zentrum des Werkes, ein über 800 Takte langes Scherzo, ist wechselhaft: Notenwert und Tempos variieren, Gegensätzlichkeit wird nicht ausgeglichen, sondern gesteigert. Brown  betonte die Labilität des Satzes und  die Kontraste. Besonders schön ließ er die einzelnen Instrumentengruppen und Musiker zu Gehör kommen. Ein rundum überzeugendes Scherzo.

III. Abteilung
4. Adagietto. Sehr langsam (F-Dur)
5. Rondo-Finale. Allegro - Allegro giocoso. Frisch (D-Dur)

Das berühmte Adagietto kontrastiert die anderen Sätze durch seine Kontrastlosigkeit. Je nach Vorgabe des Dirigenten dauert der Satz zwischen 8 und 15 Minuten und wirkt daher in einer Bandbreite von zärtlich, sentimental, melancholisch bis morbid. Justin Brown entschied sich für die Liebeserklärung: nur die Streicher und Harfe singen beseelt vom Glück. Der Satz benötigte bei ihm knapp 9,5 Minuten.

Der Schlußsatz: ein Rondo-Finale. Ein vor-Beethovensches Ende, das man oft bei Haydn findet. Es versucht die Balance zu halten und nicht, die Gegensätze zu vereinen. So hörte man auch bei Brown ein vordergründiges Happy End: der Vorhang fällt  schnell und es könnte wie ein gutes Ende wirken, doch dem Satz fehlt die innere Glaubwürdigkeit. Es ist ein Schlußsatz unter Vorbehalt. Die Maske des  Optimismus ist nur aufgesetzt.

Was vorab als Höhepunkt der Konzertsaison gehandelt wurde, erfüllte nicht ganz die Erwartungen: Mozart war zu wenig Mozart, Mahler war hingegen ein beeindruckendes Erlebnis. Es war kein orchestral perfekter oder CD-reifer Abend -wenige Wackler und Unsauberkeiten waren zu hören-, aber eine in hohem Maße spannende Interpretation der Symphonie, bei der man einige Musiker und Instrumentengruppen hervorheben und loben kann. Orchester und GMD bekamen sehr langen und kräftigen Applaus .

PS: Justin Brown wird erneut als Pianist in Erscheinung treten. Aufgrund der mangelnden Werbung fast noch unbemerkt von der Öffentlichkeit gibt es am Sonntag, 24.06. im Kleinen Haus beim Kammerkonzert Extra ein sehr spannendes Programm. Zusammen mit dem ersten Violinisten Janos Ecseghy und Konzertmeister Thomas Gieron am Violoncello werden folgende Stücke musiziert:
Schostakowitsch Klaviertrios Nr. 1 op. 8 und Nr. 2 op. 67
Janáčeks Pohádka (Märchen) für Violoncello und Klavier sowie Janáčeks Violinsonate

Donnerstag, 31. Mai 2012

Vorschau: Operetten-Änderung 2012/13

Statt wie ursprünglich angekündigt Die drei Musketiere von Ralph Benatzky, wird in der kommenden Saison Der Vetter aus Dingsda von Eduard Künneke als Operette in Karlsruhe zu hören sein.

Am 13.06. wird das Programm für die Symphoniekonzerte verkündigt, danach sollten auch die gedruckten Vorschauen bald erhältlich sein. Mal schauen, ob es dann noch mehr Änderungen zur im April veröffentlichten Spielzeit Planung 2012/13 gibt.

Dienstag, 29. Mai 2012

Festspielhaus Baden-Baden: Donizetti - Der Liebestrank, 28.05.2012

Rolando Villazón kann man nur mögen! Medial vermittelt er das Bild eines sympathischen und authentischen Künstlers mit überbordendem Temperament und Engagement, der seine ganze Persönlichkeit in seine Arbeit steckt. Als Sänger zeichnet ihn seine großartige und  unverwechselbare Stimme aus, doch leider wurde er durch gesundheitliche Probleme immer wieder zurückgeworfen und musste sogar eine Operation an den Stimmbändern über sich ergehen lassen. Heute wird oft kolportiert, daß er nicht mehr wie früher klingt - aber wer ihn gestern bei der Premiere von Donizettis Liebestrank hörte, der wird bestätigen können, daß er ein Ausnahmetenor ist, der mit seiner Stimme die Zeit stehen lässt und das Publikum in seinen Bann zieht. Letztes Jahr begeisterte er in Baden-Baden als Don Ottavio in Mozarts Don Giovanni, am Pfingstmontag wurde er in seiner Paraderolle als Nemorino und als Regisseur gefeiert.

Freitag, 25. Mai 2012

Erpulat / Hillje - Verrücktes Blut, 24.05.2012

Das Magazin Der Spiegel nannte Verrücktes Blut im Herbst 2010 den "Hit der Saison" , bei dem sich die Zuschauer "bogen vor Lachen und vor Grauen". Gestern hatte Verrücktes Blut nun auch Premiere in Karlsruhe und unterhielt sein Publikum bestens. Aber es ist ein perfides Spiel, das sich der  Regisseur Dominik Günther mit seinen Zuschauern erlaubt, denn er hält ihnen einen Spiegel vor: Sage mir, an welchen Stellen du lachst, und ich sage dir, welche Vorurteile dir gefallen!

Mittwoch, 23. Mai 2012

Momo: Ballett-Ausschnitte bei Youtube

Nach der Premiere erschien mir Momo spontan als der spartenübergreifende Höhepunkt dieser Spielzeit.

Das Staatstheater zeigt Ausschnitte zum Einstimmen, unterlegt von Philip Glass' Klavierkonzert, das innerhalb des Balletts ein szenischer Höhepunkt ist:

http://www.youtube.com/watch?v=tWjrh5ZUPfE&feature=share

Freitag, 18. Mai 2012

R.I.P. Dietrich Fischer-Dieskau (*1925 †2012)

Im Gedenken an einen der seelenvollsten und ausdrucksstärksten Sänger: Dietrich Fischer-Dieskau starb 10 Tage vor seinem 87. Geburtstag.
Mit dieser unübertroffenen Interpretation werde ich ihn immer verbinden:

https://www.youtube.com/watch?v=VSTDibqXuGo&nohtml5=False

Samstag, 12. Mai 2012

Siegfried (Ballett), 11.05.2012

Auch fast sechs Monate nach der Premiere überzeugt Siegfried als einer der Höhepunkte der Spielzeit. Nicht nur ist es ein vom Ballettcorps wunderbar präsentiertes (wenn auch gestern teilweise in den Gruppenszenen etwas zu unsynchrones), spannendes und kurzweiliges Ballett, es ist auch eines der schönsten Symphoniekonzerte dieser Saison. Es ist einfach großartig, wie die Badische Staatskapelle diese groß besetzte Musik spielt und Christoph Gedschold dirigiert sie fesselnd und spannend: immer wieder weiß man nicht, ob man  zusehen oder zuhören soll; Tänzer und Musiker konkurrieren um die Aufmerksamkeit des Zuschauers. Darin liegt der Erfolg dieses Balletts: es überwältigt in seinen besten Momenten durch die gelungene Synthese von Handlung, Ausdruck und Musik. Auch gestern jubelten die Zuschauer und klatschten rhythmisch.

Freitag, 11. Mai 2012

Vorschau: Heidi Melton in Berlin

Heidi Melton -in Karlsruhe gerade nach ihren sensationellen Auftritten als Didon in Berlioz' Trojanern und Elsa in Lohengrin die große Entdeckung der Spielzeit- wird im Dezember 2012 an der Deutschen Oper in Berlin als Fata Morgana in Sergej Prokofievs Oper Die Liebe zu den drei Orangen  auftreten.

Hier mehr dazu:
http://saison12-13.deutscheoperberlin.de/de_DE/repertoire/831165

Die Liebe zu den drei Orangen wurde auch in Karlsruhe schon sehr lange nicht mehr gespielt ...

Donnerstag, 10. Mai 2012

Mozart - Don Giovanni, 09.05.2012

Wer hätte das bei der Premiere 2007 gedacht, daß gerade Robert Tannenbaums (zugegeben abwechslungsreiche und kurzweilige) Inszenierung des Don Giovanni auch nach fünf Jahren noch gespielt wird und bei der Wiederaufnahme sowie auch gestern bei der 25. Aufführung ausverkauft sein würde?

Mittwoch, 9. Mai 2012

Rückblick: Don Giovanni in Baden-Baden im Juli 2011

Wenige Stunden vor dem Besuch des Karlsruher Don Giovannis ein Rückblick auf die wirklich fabelhafte konzertante Aufführung im letzten Jahr in Baden-Baden, die hoffentlich bald auf CD erscheinen wird. Hier der damalige Eindruck:

Montag, 30. April 2012

Festspielhaus Baden-Baden: Netrebko / Schrott Konzert, 29.04.2012

Anna Netrebko kommt schon seit vielen Jahren gerne und regelmäßig nach Baden-Baden und hat hier bereits in hohem Maße erinnerungswürdige Auftritte vorzuweisen. Gestern sang zum ersten Mal ihr Lebensgefährte im Festspielhaus; der Bassbariton Erwin Schrott begleitete Netrebko zu einem Konzert. Beide wurden mit starkem Applaus begrüßt und Anna Netrebko fühlte sich sichtbar wohl und winkte im Verlauf des Abends regelmäßig huldvoll ins Publikum. Netrebko/Schrott sind Publikumsmagneten und wer sich gestern aufmerksam umsah, konnte im restlos ausverkauften Festspielhaus auch mal wieder viele Karlsruher Opernfreunde entdecken, die einem sehr guten, aber auch oft nur auf hohem Niveau routinierten Konzert beiwohnten, bei dem der Funke nur bei wenigen Nummern übersprang.