Dienstag, 19. April 2016

Vorschau (1) auf die Spielzeit 2016/2017 des Badischen Staatstheaters

Die Premieren der Spielzeit 2016/17 für Oper, Schauspiel und Ballett sind veröffentlicht worden. Das Spielzeitmotto Von Wahn und Wirklichkeit könnte man als Überschrift für eine Kritik der so unzufriedenstellenden und diskutablen ersten Intendanzjahre von Peter Spuhler und Jan Linders betrachten. Im Einzelnen gibt es die folgenden Premieren:

OPER

Zu sehen und hören gibt es epochale Ausgewogenheit:
18. Jahrhundert: Händel und Mozart
19. Jahrhundert: Donizetti und Wagner
20. Jahrhundert: Cilea
21. Jahrhundert: eine Uraufführung von Avner Dorman
Für die kommende Spielzeit werden die noch nicht veröffentlichen Wiederaufnahmen wichtig. Schafft man es endlich wieder, einen abwechslungsreichen Spielplan auf die Beine zu stellen? Die Antwort folgt in ca. 10 Tagen.
Die Premieren-Infos:

DER LIEBESTRANK – L’ELISIR D’AMORE
von Gaetano Donizetti
Dirigent:Daniele Squeo
Regie: Jacopo Spirei
Bühne: Nikolaus Webern
Kostüme: Sarah Rolke
15.10.2016

DIE WALKÜRE
von Richard Wagner
Dirigent: Justin Brown
Regie: Yuval Sharon
Bühne: Sebastian Hannak
Kostüme:Sarah Rolke
11.12.2016

WAHNFRIED
von Avner Dorman (UA)
Libretto von Lutz Hübner & Sarah Nemitz
Dirigent: Justin Brown
Regie: Keith Warner
Bühne: Thilo Steffens
Kostüme: Julia Müer
28.01.2017

SEMELE
Oratorium in drei Akten von Georg Friedrich Händel
Dirigent: Christopher Moulds
Regie: Floris Visser
Bühne und Kostüme: Gideon Davey
17.02.2017

ADRIANA LECOUVREUR
von Francesco Cilea
Dirigent: Johannes Willig
Regie: Katharina Thoma
Bühne: Dirk Becker
Kostüme: Irina Barthels
01.04.2017

SIEGFRIED
von Richard Wagner
Dirigent: Justin Brown
Regie: Thorleifur Örn Arnarsson
Bühne: Vytautas Narbutas
Kostüme: Sunneva Ása Weisshappel
10.06.17

LA CLEMENZA DI TITO
von Wolfgang Amadeus Mozart            
Regie & Kostüme: Patrick Kinmonth
Bühne: Darko Petrovic
08.07.17


SCHAUSPIEL

Das Premierenabo muß wohl verkleinert werden; im Kleinen Haus gibt es nur noch fünf statt der bisher üblichen sechs (oder mehr) Premieren. Das Problem der mangelnden Leistungsfähigkeit scheint weiterhin akut.  
Das neue Programm hat deutliche Konturen. Ist Angst das vorherrschende Lebensgefühl? Der neue Schauspieldirektor Axel Preuß wählt einen klaren Schwerpunkt in seiner ersten und anscheinend sehr ernsten Spielzeit 2016/17: Terrorismus, Unsicherheit, Bedrohung und die Einschränkung von Freiheitsrechten. Am Ende der kommenden Spiezeit wird man wissen, ob es Mut zur Ausführlichkeit oder thematische Einseitigkeit ist, die diese Zusammenstellung prägte. Neue Regisseure stellen sich vor, die Preuß aus Braunschweig mitbringt.
Im Einzelnen: Der bekannte Bestsellerautor und Strafverteidiger Ferdinand von Schirach hat mit "Terror" ein Gerichtsdrama über Terrorismus geschrieben, bei dem die Zuschauer das Urteil fällen. "Ich rufe meine Brüder" von Jonas Hassen Khemiri handelt von einem halbafrikanisch stämmigen Europäer, der sich nach einer Autobombenexplosion aufgrund seines Aussehens beobachtet und unter Generalverdacht gestellt fühlt. "Möglicherweise gab es einen Zwischenfall" von Chris Thorpe handelt von der Wahrnehmung von extremen Ereignissen, geprägt durch Gewalt und Terror, bei denen Menschen durch ihre Taten und Entscheidungen zu oder auch nicht zu Helden wurden. "Angriff auf die Freiheit" beruht auf einem Aufruf der Autoren Juli Zeh und Ilija Trojanow und warnt vor dem Überwachungsstaat und der Beschränkung von Bürgerrechten, die u.a. in Zeiten der Terrorismusbekämpfung zu beobachten sind. Eine Bühnenfassung von Aldous Huxleys "Schöne neue Welt" beendet als Dystopie über Unterdrückung und Unmündigkeit die Saison.
Weiterhin gibt es etwas über Sterbehilfe, zwei Klassiker über Kriege (Schillers "Jungfrau von Orléans" und Sophokles Antigone), eine Komödie ("Der Krüppel von Inishmaan" von Martin McDonagh) versteckt sich auch im Programm und die Uraufführung eines Musicals nach Taboris Goldberg-Veraiationen könnte ebenfalls heiter werden. Eine Wende hin zu mehr komödiantischer Rasanz läßt sich noch nicht erkennen.


TERROR
von Ferdinand von Schirach
Regie: Martin Schulze
Bühne und Kostüme: Pia Maria Mackert
29.09.16 KLEINES HAUS

ICH RUFE MEINE BRÜDER
von Jonas Hassan Khemiri
Regie: Marie Bues
Bühne & Kostüme: Indra Nauck
01.10.16 STUDIO

DIE GOLDBERG VARIATIONEN
Musical von Stanley Walden nach dem Stück von George Tabori (Uraufführung)
Regie: Christian Brey
Musikalische Leitung: Clemens Rynkowski
Bühne und Kostüme: Anette Hachmann
26.11.16 KLEINES HAUS

STERBEN HELFEN
von Konstantin Küspert (Uraufführung)
Regie: Marlene Anna Schäfer
15.12.16 STUDIO

MÖGLICHERWEISE GAB ES EINEN ZWISCHENFALL
von Chris Thorpe
Regie: Anna Sina Fries
Februar 2017 STUDIO

DER KRÜPPEL VON INISHMAAN
Stück in neun Szenen von Martin McDonagh
Regie: Nicolai Sykosch
Bühne:
Stefan Prattes
09.02.17 KLEINES HAUS

ANTIGONE
Tragödie von Sophokles
Regie: Anna Bergmann
Bühne: Katharina Faltner
Kostüme: Claudia González Espíndola
         
08.04.2017 KLEINES HAUS

ANGRIFF AUF DIE FREIHEIT
nach Juli Zeh und Ilja Trojanow
Regie: Patrick Wengenroth
Bühne & Kostüme: Mascha Mazur
URAUFFÜHRUNG
April 2017 STUDIO

DIE JUNGFRAU VON ORLEANS
Eine romantische Tragödie von Friedrich Schiller
Regie: Juliane Kann
Bühne: Vinzenz Gertler
K0stüme: Josephin Thomas

01.06.17 KLEINES HAUS

SCHÖNE NEUE WELT
nach dem Roman von Aldous Huxley
Regie: Julia Hölscher  
Bühne und Kostüme: Paul Zoller
Juni 2017 STUDIO

sowie auf den Nebenbaustellen Dokumentarisches und Projekte im Rahmen des Klienteltheaters.

BALLETT

Die große Novemberpremiere zeigt einen Klassiker, das neben Giselle vielleicht bekannteste romantische Ballett La Sylphide (nicht zu verwechseln mit Michel Fokines Ballet Les Sylphides zu Musik von Chopin!). Im Frühling folgt mit Rusalka ein Ballett für Kinder.

LA SYLPHIDE
Musik von Herman S. Løvenskjold
Inszenierung und Choreographie: Peter Schaufuss (nach August Bournonville)
Bühne Und Kostüme: David Walker
19.11.2016


RUSALKA
Musik von Antonín Dvořák
Uraufführung der Choreographie von Jirí Bubenícek
Bühne Otto Bubeníček
29.04.2017

KONZERTE

Die Konzerte werden wie zuletzt üblich später veröffentlicht.

2 Kommentare:

  1. Guten Morgen,
    die Vorschau haut mich nicht aus dem Sessel.

    Mumenschanz im Rheingold:
    sämtliche im Ringe auftretenden Figuren werden im Rheingold von Statisten gedoubelt.
    Jetzt fängt man mit der Suche nach diesen an......

    Viel Sonnenschein

    Gruß
    Klaus

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    1. Na ja, in der Oper gibt man Programmlinien wieder auf (keine französische Oper, keine "politische" Oper) und setzt nicht mehr auf Außergewöhnliches, sondern auf Akzeptables. Man will keinen Preis mehr für das ungewöhnliche Programm gewinnen, sondern setzt mit Mozart, Donizetti und Cilea klar auf Sänger und Stimmen im Haus - keine schlechte Strategie. Und doch befürchte ich, daß das Opernprogramm wieder zu einseitig wird. 5 Jahre sind vorbei und man hat keine verwertbare Repertoirepolitik, das wird sich wahrscheinlich bei der Veröffentlichung der Wiederaufnahmen zeigen (ich lasse mich gerne vom Gegenteil überraschen). Der neue Nibelungenring ist eine reine Prestigefrage, über eine Uraufführung freue ich mich immer, das gab es lange nicht.

      Im Schauspiel muß man dem neuen Leiter eine Chance geben. Wie mir ein "Insider" heute morgen schrieb, soll die Verkleinerung des Schauspielabos eine einmalige Angelegenheit sein, 2017/2018 soll es wieder 6 Premieren im Kleinen Haus geben. Dennoch fehlt etwas, wenn ich an Downtown-Projekte und die frühere Insel denke, da gab es im letzten Jahrzehnt viel mehr Kreativität, Überraschung und Experiment. Das Angebot ist kleiner und enger geworden, zu viel Klienteltheater und Absichtstheater anstelle von Phantasie und Spiellust. Die Spuhler'sche Intendanz ist meines Erachtens defizitär, mehr gewollt als gekonnt.

      Daß irgendetwas nicht stimmt, merkt man auch am Kalender: man hat immer noch genau so viele Sänger und Schauspieler wie früher, dennoch gibt es in der kommenden Spielzeit zwei Monate ohne Premieren (März und Mai). Irgendwie ist Leistungsfähigkeit verloren gegangen.

      Wenn der komplette Plan veröffentlicht ist, schau ich mir das noch mal genauer an.

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