Mittwoch, 25. März 2015

Die zweifache Entmachtung des Verwaltungsdirektors?

Die Badischen Neusten Nachrichten gaben letzte Woche interessante Hinweise zur aktuellen Affäre am Badischen Staatstheater. Ministerin Theresia Bauer soll den Verwaltungsrat Herrn Obermeier eine Aufgabe in Stuttgart übertragen haben, die für ihn fachlich nicht passt und aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen eventuell auch nicht zumutbar ist. Da Obermeier in drei Jahren pensioniert wird, stellt sich unweigerlich die Frage, wieso man ihn so kurz vor der Rente um jeden Preis von seinen Aufgaben abziehen will.     

In einem Brief an die Ministerin Theresia Bauer haben sich verschiedene Gremien des Badischen Staatstheaters für Herrn Obermeier ausgesprochen und seine fachliche Kompetenz und Genauigkeit ebenso hervorgehoben wie seine soziale Kompetenz, mit der er die Belange der Mitarbeiter vertritt.
Allerdings steht Generalintendant Peter Spuhler nicht hinter den Bemühungen seiner Angestellten. Laut Gerüchten wünscht er einen eigenen Gefolgsmann auf diesem wichtigen Posten. Die Badischen Neusten Nachrichten vermuteten am letzten Mittwoch, daß Obermeier für Spuhler zu unbequem sein könnte. Die BNN bezeichneten Spuhler als "Nutznießer" und "treibende Kraft" der Affäre.

Verwaltungsreform?
oder
Absolutintendant statt Generalintendant?

Am 27.03 tagt nun der Verwaltungsrat und diskutiert diesen unabgestimmten Schritt der Ministerin. Bei der Verwaltungsratssitzung wird auch eine Verwaltungsreform diskutiert, die dem Karlsruher Generalintendanten eine im deutschen Staatstheaterbetrieb anscheinend ungewöhnlich große (vielleicht sogar einmalige?) Machtfülle zuspricht. Es wird eine Strukturänderung diskutiert, bei der der Generalintendant zum alleinigen Verantwortlichen des Hauses wird und der Verwaltungsdirektor nur eine untergeordnete Position besetzt. Angeblich soll es zukünftig einen Verwaltungsdirektor und einen Kaufmännischen Direktor geben, die beide dem Generalintendanten (man könnte ihn dann auch umbennenen in Absolutintendanten) unterstellt sind. Aus der bisherigen Organisation scheint eine Alleinherrschaft zu werden.

Der falsche Weg!  
Damit würde man in Karlsruhe einen komplett anderen Weg einschlagen als in Stuttgart oder Mannheim, bei denen es einen Geschäftsführenden Intendant und drei Spartenintendanten für Oper, Ballett und Schauspiel gibt. In Karlsruhe würden Verantwortung und Zuständigkeiten nicht aufgeteilt und flexibilisiert, sondern alles in die Hand des Absolutintendanten gelegt. Ein Schritt gegen alle modernen Erkenntnisse der Transparenz und Kontrolle, bei dem man eine unzeitgemäße Machtkonzentration in einer Hand zu fürchten hat. Der Fisch stinkt vom Kopf! Statt derer vier, bei denen ein Problem flexibel handhabbar ist, will man also anscheinend in Karlsruhe auf altmodische und unzeitgemäße Ein-Mann-Spitzenhierarchie setzen.

Einige Fragen werden voraussichtlich mindestens bis nach der Verwaltungsratssitzung am 27.03 offen bleiben. Politiker und Mitglieder des Verwaltungsrats sowie die Presse haben u.a. zu beantworten:
  • Ist dies also nur ein Coup, um einen dem Intendanten genehmen Verwaltungsdirektor zu bekommen? Ein Machtkampf mit ministerialer Hilfestellung, um einen für den Intendanten kritischen und unbequemen Verwaltungsdirektor loszuwerden? Oder ist mit dem bisherigen Verwaltungsdirektor eine solche Machtverschiebung auch gar nicht möglich?
     
  • Welche Gründe hatte Ministerin Theresia Bauer dafür, unabgestimmt Tatsachen zu schaffen und den Verwaltungsdirektor ohne Einbeziehung des erforderlichen Verwaltungsrats überstürzt abzuberufen und die nun folgende öffentliche Auseinandersetzung mit diversen Ansehensverlusten zu riskieren? Wenig vorteilhaft erscheint leider in diesem Zusammenhang, daß Spuhler und Bauer anscheinend sich seit vielen Jahren sehr gut kennen und sich miteinander abstimmen. Ist die kritische Distanz der Ministerin als Vorgesetzte zum Intendanten als Mitarbeiter noch gewahrt?
     
  • Hat Peter Spuhler überhaupt noch ausreichend Vertrauen im Badischen Staatstheater? Wie ist die Stimmung im Haus? Welche Auswirkungen hat das für die Mitarbeiter, wenn es keine zweite Instanz mehr geben würde, sondern der Verwaltungsdirektor unmittelbar an den Absolutintendanten berichten muß?

8 Kommentare:

  1. @Klaus: jetzt ist erst mal die Verwaltungsratsitzung und man kann davon ausgehen, daß die Mitglieder einiges zu diskutieren haben, auch wie sie selber Ihren Einfluß und Kontrollmöglichkeiten behalten können. Ich hoffe doch, daß die Damen und Herren nicht ganz gleichgültig und ministeriumstreu sind, sondern kritisch genug, um zu erkennen, welche Form von Verwaltungsreform notwendig ist. Bisher geht es meines Wissens eigentlich nur darum, mit dem Kaufmännischen Direktor einen erfahrenen Controller ins Haus zu bekommen, der neue Planungserkenntnisse und mehr Sachverstand für solche Fragestellungen einbringt. Wieso deshalb der Verwaltungsdirektor dem GI berichten muß, ist mir unklar und erscheint überflüssig.

    AntwortenLöschen
  2. @anonym
    Vielen Dank! Zu Ihrer Frage "Wo sitzen die Profiteure??!"
    Das ist der treffende Punkt: das ist eine Reform, die aktuell nur auf das Ein-Mann-Projekt Spuhler zugeschnitten ist. Eine Gefälligkeit der Ministerin unter Freunden, so könnte es scheinen. Wieso man keine einheitlichen und vergleichbaren Strukturen aufbaut und die größten Landestheater nach vergleichbaren Strukturen agieren lässt, ist eine für Außenstehende eine seltsame Vorgehensweise.

    AntwortenLöschen
  3. Laut SWR wurden am Theater bereits 250 Unterschriften für Verbleib von Herrn Obermeier abgegeben. Hier zusätzlich der Link.

    http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/karlsruhe/nach-abberufung-des-verwaltungsdirektors-weiter-querelen-am-badischen-staatstheater/-/id=1572/did=15278478/nid=1572/8u12pm/index.html

    Besuche das Staatstheater seit über 35 Jahren, aber so einen Intendanten habe ich bislang got sei Dank noch nicht erlebt. Vielen Dank für Ihre Interessanten Beiträge, die mir sehr oft aus dem Herzen sprechen

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Vielen Dank für den Hinweis.

      Den letzten Satz des SWR bekomme ich über verschiedene Kanäle auch immer wieder übermittelt:
      "Die Stimmung in der Belegschaft des Badischen Staatstheaters ist zur Zeit äußerst angespannt."

      Mal schauen, wie GI Spuhler sein Image und die Stimmung am Haus aufbessern will.

      Löschen
  4. @Zarah Leander
    Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß nicht alle Mitarbeiter am BaSta es wagen können, die Unterschriftenliste zu signieren oder ein "Je suis Obermeier" Button oder T-Shirt zu tragen. Aber die BNN hat ja gestern sehr gut darüber berichtet, ein Foto gezeigt und bestimmt auch einige interessierte Zuschauer auf den Fall aufmerksam gemacht. Die Öffentlichkeit ist jetzt dafür vorhanden, mal sehen, was der Verwaltungsrat daraus macht.

    AntwortenLöschen
  5. http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.turbulenzen-am-staatstheater-karlsruhe-parole-je-suis-obermeier.4c9920dd-87ec-4172-8d9a-589ecc2fb771.html

    Ein sehr interessanter Artikel der Stuttgarter Zeitung

    AntwortenLöschen
  6. Vielen Dank für den Hinweis! Zu kurz kommt bei der Stuttgarter Zeitung, daß es keinen Grund gibt, dem Intendanten mehr Machtfülle zuzusprechen. Und selbst wenn Obermeier ein Bremser wäre, er kann sich nicht gegen die Beschlüsse stemmen, sondern ist verpflichtet sie umzusetzen. Als Beamter wird er seiner Pflicht nachkommen. Versäumnisse von Herrn Obermeier liegen m.W. aber nicht vor. Also kein Grund für eine so extreme Maßnahme.

    AntwortenLöschen
  7. Badisches Staatstheater steht hinter M.Obermeier-
    401 Unterschriften wurden am Fr abgegeben!!

    AntwortenLöschen